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BEN X

Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Regisseur auch mal mit dem Innenleben eines Gamers auseinandersetzt, wobei sich das Debüt von Nic Balthazar, der hier seinen 2002 veröffentlichten Roman „Niets was alles wat hij zei“ adaptiert hat, gleich dreier Themen annimmt: Schulmobbing, Autismus und der Einfluss von Computerspielen auf Teenager.

Das ist auch das Problem des an sich sehr durchdachten und subtil inszenierten Dramas, denn dem Zuschauer ist von Anfang an klar, dass die Hauptfigur Ben eben kein normaler Teenager ist, sondern ein sozialer Außenseiter mit psychischen Problemen, aber durchaus intelligent.

Für den stellen die Fantasiewelten eines Computerspiels dankbare Paralleluniversen dar, wo quasi alles möglich ist, um sich vom Ballast des Alltags zu befreien. Eine Realitätsflucht, die durchaus einhergehen kann mit kompletter Abnabelung von der Umwelt.

Die Geschichte als solche ist eigentlich nicht sonderlich überraschend: Ben ist dem Terror einiger seiner Mitschüler hilflos ausgeliefert, niemand setzt sich wirklich für ihn ein, er fühlt sich allein ausgestoßen und flüchtet in seine Computerspielwelt, wo er Held sein kann und akzeptiert wird, sogar von einem Mädchen.

Aber irgendwann erreichen die alltäglichen Demütigungen einen Grad, der Bens mühsam aufrecht gehaltenes, psychisches Gleichgewicht wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzen lässt. Allerdings führt das nicht etwa zum vielleicht erwarteten Amoklauf, sondern mündet in einem versöhnlicheren Ende mit moralischem Zeigefinger, getreu dem Motto: Schaut her, das hätte alles passieren können! Nicht jedem wird diese Wendung in BEN X gleichermaßen gefallen, denn der Film verspielt dadurch eine Menge seiner vorher aufgebauten Empathie für das Schicksal des Jungen.

Bis dahin versteht es Balthazar allerdings geschickt, Bens Hadern mit seiner Umwelt darzustellen, und aufzuzeigen, wie sich dabei Computerspielwelten und tatsächliche Realität miteinander vermischen.

Ein rundum gelungenes Meisterwerk ist BEN X sicher nicht geworden, dafür wirken viele Schlussfolgerungen von Balthazar zu unglaubwürdig, aber auf jeden Fall ein sehenswerter, nachdenklich stimmender und irgendwie bewegender Film, der auch viel über das allgemeine gesellschaftliche Miteinander zu sagen hat.

Vielleicht sogar mehr als über die wie auch immer gearteten Einflüsse von Videospielen, wobei seine Geschichte ohne dieses Thema auch weitaus unorigineller wäre. Außerdem gibt es hier noch mit „Include me out“ und „Svefn-G-Englar“ zwei sehr schöne, effektiv eingesetzte Songs von dEUS und Sigur Rós zu hören.