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AUSZEIT

Einige Jahre vor DIE KLASSE hatte Laurent Cantet mit L’EMPLOI DU TEMPS einen hochinteressanten Psychothriller gedreht, wenn man das Ganze denn so nennen will, der jetzt hierzulande auf DVD erschienen ist, wobei er im Mai diesen Jahres auch bereits im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Cantet schildert darin in recht anschaulicher und bedrückender Weise den dramatischen Selbstbetrug eines Mannes und der daraus resultierenden Folgen für dessen soziales Umfeld. Denn Geschäftsmann Vincent, der gerade seinen Job verloren hat, konstruiert fast schon lustvoll ein nahezu perfektes Lügenkonstrukt, um diese Schmähung nicht zugeben zu müssen.

Deshalb erfindet er einen angeblichen neuen Job in der Schweiz, was alles noch recht harmlos beginnt, aber als er Geldprobleme bekommt, fängt er an, alte Freunde mit dubiosen Anlagegeschäften zu ködern, um an ihr Geld zu kommen.

Eine unaufhaltsame Abwärtsspirale, die in der Kriminalität endet und natürlich irgendwann auffliegen muss, und wo Cantet mehr Mitgefühl für seine tragische Figur aufbringt, als man anfänglich vermutet hätte.

Denn dessen arroganter Umgang mit der eigenen Schwäche und dem angekratzten Ego wirkt alles andere als sympathisch, allerdings immer nachvollziehbar. Weshalb AUSZEIT auch ähnlich wie ein guter Thriller einen unheimlichen Sog entwickelt, man kann über zwei Stunden einfach nicht wegsehen, obwohl es manchmal fast schon schmerzhaft ist zu beobachten, wie ein Mensch jegliche Würde verliert.

Und ob er diese am Ende tatsächlich wiederbekommt, ist trotz eines versöhnlichen Ausgangs fraglich beziehungsweise muss das jeder selbst beurteilen. Ein exzellenter, provokanter Film, der mit minimalen Mitteln ein Höchstmaß an Intensität erzeugt.

Sicherlich auch bedingt durch Hauptdarsteller Aurélien Recoing, der leider in der deutschen Synchronfassung von Tobias Meister gesprochen wird, der Stimme von Brad Pitt und Kiefer Sutherland, was überhaupt nicht zu seiner Originalstimme passt und mehr irritiert als wirklich hilfreich ist.

Die französische Originaltonspur wird dem naturalistischen Ton von AUSZEIT da wesentlich besser gerecht.