AUSGESTOSSEN

Carol Reeds AUSGESTOSSEN (ODD MAN OUT) erschien zwar in Kochs „Film Noir Collection“ auf DVD, aber man kann sich darüber streiten, ob es in England zu dieser Zeit überhaupt echte Vertreter dieses in den 40er Jahren in den USA entstandenen Genres geben konnte.

Laut Definition gehört AUSGESTOSSEN wahrscheinlich nicht dazu, dafür dürfte er durch Inhalt und visuelle Umsetzung mehr Noir sein als viele andere unter diesem Begriff zusammengefasste Filme.

Die andere Frage ist, warum AUSGESTOSSEN nie denselben Status besaß wie DER DRITTE MANN, Reeds expressiv gefilmter Kriminalthriller. Denn es fällt gar nicht so leicht, sich zwischen dem Belfaster Todesmarsch von James Mason in AUSGESTOSSEN und Orson Welles’ Flucht durch die Wiener Kanalisation zu entscheiden.

Beide gleichermaßen sehenswerte Meisterwerke in Reeds Schaffen, nur dass AUSGESTOSSEN wesentlich weniger bekannt zu sein scheint, wenn er nicht sogar gänzlich in Vergessenheit geraten ist.

Definitiv schade, denn ähnlich wie in DER DRITTE MANN hat Kameramann Robert Krasker dem düsteren, tiefgründigen Schwarz-Weiß-Film einen beeindruckend expressionistischen Look verpasst, ohne dass er dadurch weniger realistisch wirken würde.

Denn Reed war sehr bemüht, in AUSGESTOSSEN durch die Darsteller und Schauplätze ein möglichst authentisches irisches Feeling zu bewerkstelligen. Vor der winterlichen Kulisse des winterlichen Belfast schleppt sich darin der von Mason gespielte, nach einem Banküberfall schwer verwundete, halbtote Anführer einer namenlosen irischen Untergrundorganisation (natürlich handelt es sich um die IRA) durch die Straßen der Stadt Belfast, ein bizarrer Kreuzweg voll religiöser Symbolik, an dessen Ende ein extremer Akt der Selbstaufopferung steht, vergleichbar mit dem ergreifenden Schluss von Martin Ritts DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM.