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AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN

Die jüdische Publizistin Hannah Arendt prägte 1963 in ihren Essays über den Eichmann-Prozess den Begriff der „Banalität des Bösen“ bei ihrer Bewertung der Taten eines der Organisatoren der Judenvernichtung. Dieser wird auch aktuell angeführt, wenn es um Jonathan Glazers oscarprämierten Film „The Zone Of Interest“ geht, in dem der Alltag von Rudolf Höß nachgestellt wurde, der von 1940 bis 1943 Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz war und mit Frau und Kindern neben dem Vernichtungslager in einem hübschen Haus mit Garten lebte, während auf der anderen Seite der Mauer die Gaskammern und Krematorien auf Hochtouren liefen. Davon bekommt man in Glazers Film allerdings nicht viel mit, der sich darauf beschränkt, das barbarische Treiben im Lager über Geräusche zu vermitteln. Allerdings bleiben Höß und seine Ehefrau als Charaktere dabei vollkommen konturlos, was dazu führt, dass „The Zone Of Interest“ diesem konfliktbeladenen Thema durch die reine Darstellung der Lebenssituation von Höß nicht gerecht wird. Wesentlich spannender und sehenswerter ist dagegen Theodor Kotullas schon vor einer Weile auf Blu-ray veröffentlichter Film „Aus einem deutschen Leben“ von 1977, basierend auf Robert Merles Roman „Der Tod ist mein Beruf“. Genau wie in Merles 1952 erschienenem Buch trägt die von Götz George gespielte Hauptfigur den Namen Franz Lang, den Höß annahm, um nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unterzutauchen – wer hier als Vorbild diente, ist also eindeutig. In 14 Einzelepisoden zeichnet Kotullas beklemmender Film den Lebensweg der gewissenhaften wie gewissenlosen, 1900 geborenen Hauptfigur nach, die durch ihre blinde Obrigkeitshörigkeit und ihr unbedingtes Pflichtbewusstsein wie gemacht war für totalitären Machtmissbrauch und ohne moralische Skrupel die Judenvernichtung effizient vorantrieb.