Seltsam: Im normalen Leben empfindet man seltenst Sympathie mit Polizei, Geheimdienst und sonstigen Behörden. Kaum schaltet man aber die Glotze ein, ist das anders – was vielleicht viel aussagt über den Realitätsgehalt, den man Film- und TV-Produktionen instinktiv beimisst.
Stattdessen sind die Cops und Agenten da meistens gute, nette, idealistische Menschen, die Täter und Opfer klar gezeichnet, und die Bösen seitens der Ordnungskräfte sind in der Führungsetage und der Politik zu suchen.
Weniger in deutschen Krimis als vielmehr in skandinavischen Produktionen wird diese Grenze seit Jahren zunehmend verwischt, da geraten die Fronten durcheinander, und das „Gute“ siegt eben nicht immer – sicher mit ein Grund, warum Stieg Larssons Bücher und deren Verfilmung so erfolgreich wurden.
Der letzte Quotenerfolg in dieser Hinsicht war die vom ZDF koproduzierte zweite Staffel von „Protectors“, einer dänischen TV-Serie des Autorenteams Mai Brostrøm und Peter Thorsboe. Hauptpersonen der Reihe sind Rasmus, Jonas und Jasmina, Mitglieder einer Personenschützer-Spezialeinheit mit Ermittlerkompetenzen, die in Spezialmissionen von Kopenhagen bis Kabul gegen Organisierte Kriminalität, Terrorismus und sonstiges Übel aktiv werden und dabei nicht nur mit den „Bösen“ an sich, sondern auch überforderten Vorgesetzten, opportunistisch agierenden Politikern und eigenen Traumata zu kämpfen haben.
Angesichts der kaum realitätskonformen „Wir machen alles“-Konstruktion dieser Spezialeinheit verdrehen echte Kriminalisten wohl die Augen, doch den spannenden, oft auf reale Ereignisse (Anschläge in Kabul, Klimagipfel in Kopenhagen, etc.) Stories ist das zuträglich.
Deshalb sind die „Protectors“-Folgen TV-Unterhaltung auf hohem Niveau, viel näher dran an „unserem“ Leben als viele US-Produktionen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #98 Oktober/November 2011 und Joachim Hiller