Wenn man als Israeli „Hanuka“ mit Nachnamen heißt und dann auch noch orientalisch aussieht, ist man wirklich gestraft. Wahrscheinlich wird man bei jeder Passkontrolle erst einmal aus dem Verkehr gezogen.
Vielleicht ist damit die unterschwellige Verzweiflung zu erklären, die diese zusammengetragenen, insgesamt 160 Onepager ausstrahlen. Seltsam distanziert, fast schon angeekelt scheint Hanuka von sich und seiner Familie zu sein, lässt sein gezeichnetes Ego in den ausschließlich autobiografischen Handlungen regelmäßig bildlich von seiner Frau oder seinem Sohn niederschlagen und blutend zu Boden gehen.
In Frankreich ist dieser Band auch passenderweise unter dem Titel „K.O. à Tel Aviv“ erhältlich ... Ein wenig Auskunft über die Ursachen dafür gibt ein kurzes Interview mit dem Autor am Ende des Buches: „Probleme und Konflikte sind das Material meiner Arbeit.
Wenn ich glücklich bin, gibt es nichts zu erzählen.“ Gute Laune oder ähnlich Positives findet man in „Der Realist“ tatsächlich nur sehr selten. Dabei ist Hanukas Wohnort Tel Aviv – die Stadt, die in Israel wegen ihrer isrealuntypischen Weltgewandtheit unter dem Namen „die Blase“ bekannt ist – Partymetropole, Kreativenmekka und hippes Szene-Eldorado.
Vielleicht führt aber auch gerade das einem dauerabgebrannten Illustrator, Familienvater in den Enddreißigern, das Ende der eigenen Jugend vor Augen? Lesen und selbst entscheiden. Unbestreitbar ist jedenfalls Hanukas zeichnerisch beeindruckendes Spiel mit Farben und deren Symbolkraft, sein gezieltes Panelsprengen und Ausloten von Grenzen zwischen Innen- und Außenwelt.
Und ganz nebenbei gelingt ihm auch noch das Porträt des Lebensgefühls eines jung(geblieben)en Israelis zu Beginn des 21. Jahrhundert. Kostprobe? realistcomics.blogspot.de.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #124 Februar/März 2016 und Anke Kalau