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Thorsten Nagelschmidt

Ein Taxifahrer, ein Drogendealer, eine Späti-Besitzerin, eine Gebrauchtbuchhändlerin, zwei Rettungssanitäter*innen, zwei Polizist*innen, eine junge Frau, die Essen ausliefert, und einige mehr begleiten wir eine Nacht lang bei der Arbeit.

Thorsten Nagelschmidts neuer Roman spielt in Berlin-Kreuzberg zwischen Kottbusser und Schlesischem Tor. Wer sich ein bisschen in Berlin auskennt, weiß, dass es dort durchaus nettere Ecken gibt.

Nagelschmidt verwebt die einzelnen Geschichten geschickt miteinander: Die Rettungssanitäter*innen bringen die Lieferantin ins Krankenhaus, der Späti wird von einem Jungen überfallen, dem wir kurz zuvor noch beim „GTA“-Spielen begleitet haben.

Die Buchhändlerin findet den Geldbeutel des Drogendealers. Die Späti-Besitzerin und der Taxifahrer sind ein Paar. So fügt sich Episode für Episode das Bild dieser irren Nacht zu einem Ganzen.

Die Charaktere haben alle ihr Päckchen zu tragen. Manchen von ihnen würde man beim Lesen ganz gern eine Schelle verpassen, dem Drogendealer zum Beispiel, dessen erstes Kapitel an „Trainspotting“ denken lässt – und sehr nervt.

Über die Rettungssanitäter*innen jedoch würde ich auch einen ganzen Roman lesen wollen, ebenso über die Späti-Besitzerin und ihre Hoffnung auf ein angenehmes Leben – auch wenn die Geschichten wehtun.

Thorsten Nagelschmidts Berlin-Kreuzberg ist schmuddelig, laut und unangenehm. Sein Roman ist entsprechend anstrengend. Durch das hohe Tempo und die kleinen, cleveren Wendungen jedoch bleibt man dran.

Und meidet als Berliner*in erst mal für ein paar Wochen das Kottbusser Tor. Nachts zumindest.