Was ist das Phänomen an diesem Film, der doch bloß für eine Zeitlang den Blick auf eine Band gerichtet hält, die einst recht hoffnungsvoll gestartet ist, aber nie den erhofften Erfolg erzielen konnte? Es gibt doch tausende solcher Bands auf der Welt.
Und noch viel mehr gibt es langjährige Freundschaften zwischen zwei Männern, die aber keiner filmt; warum auch? Es mag an der Identifikation mit Gitarrist und Sänger Steve „Lips“ Kudlow und Schlagzeuger Robb Reiner liegen, in dessen nie in Erfüllung gehendem Lebenstraum sich wohl jeder zumindest ein bisschen selbst wieder finden kann.
Die beiden Jugendfreunde gründeten 1979 im kanadischen Toronto ihre Band LIPS, die dann ab 1981 ANVIL hieß und wurden rückblickend zu einem wichtigen Ausgangspunkt für das, was dann wenig später Speed und Thrash Metal genannt wurde.
Nur hatten ANVIL nichts davon, die zwar bis heute kontinuierlich Platten veröffentlichten, aber nie davon leben konnten. Regisseur Sacha Gervasi, selbst früher ANVIL-Fan, begleitete die Band von Ende 2005 an für zwei Jahre und zeigt in „The Story Of Anvil“ eigentlich nur, wie die Wirklichkeit so vieler Musiker aussieht, die der Normalmensch, wenn schon nicht für Rockstars, dann aber für Menschen hält, die das erstrebenswerte Leben eines Profimusikers leben: viel Arbeit, auch abseits der Musik, viele desillusionierende, aber auch einige erfreuliche Momente, finanzielle Probleme, der ständige Zweifel, ob das alles denn auch das Richtige sei, und eine Freundschaft, die anlässlich der Widrigkeiten immer wieder auf die Probe gestellt wird, in diesem Fall aber hält.
Und das alles mit viel Humor, aber eben auch mit Tragik: man leidet mit Robb und Lips, wenn sie in Rumänien während einer völlig chaotisch ablaufenden Tour in einer 10.000-Plätze-Halle vor 187 Leuten auftreten, freut sich mit ihnen, wenn sie im Angesicht eines weiteren Fiaskos in Japan dann vor ausverkauftem Haus auftreten, man beschimpft den Floskeln absondernden EMI-Büttel, der die Band bloß vorführt, man feuert die beiden an, weil sie weiterhin daran glauben, es irgendwann doch noch zu schaffen.
Manchmal aber wünscht man ihnen bloß, endlich erwachsen zu werden. Der große Erfolg von Gervasis Film hat ANVIL eine ihnen bisher nicht gekannte Popularität eingebracht, die ja vielleicht einen Bruch in der Geschichte der Band bedeutet und sie sich nicht wieder Geld bei ihren Familien leihen müssen, um ein neues Album aufzunehmen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #91 August/September 2010 und André Bohnensack