Es gibt Songs, die für Musiker Fluch und Segen zugleich sind. Im Fall des Hamburgers Andreas Dorau, Sohn eines protestantischen Pfarrers, dem PALAIS SCHAUMBURGs Holger Hiller angeblich das Gitarrespielen beibrachte, ist das „Fred vom Jupiter“, der 1981 in Deutschland zur Hochzeit der NDW zu einem dieser unkaputtbaren Hits wurde, der auf keiner der inzwischen existierenden Zillionen auf den Wühltischen der Republik herumliegenden NDW-Achtziger-Party-Hits-Compilations fehlen dürfte.
Falls Dorau es damals geschickt angestellt hatte, dürfte er finanziell immer noch von diesem Überraschungshit profitieren, andererseits wird er wohl bis in alle Ewigkeit mit dem leicht dümmlichen Pennäler-Humor des Songs verknüpft bleiben und in den letzten 30 Jahren seine Schwierigkeiten gehabt haben, sich als ernsthafter Künstler zu emanzipieren.
Wahrscheinlich hat der Großteil der Menschheit auch noch niemals neben der Single „Fred vom Jupiter“ eines der kompletten Alben von Dorau gehört, die dann 1982 sogar Mute in England veröffentlichten.
Auf jeden Fall besitzt „Fred vom Jupiter“ eine interessante Entstehungsgeschichte, denn ursprünglich schrieb der 15-jährige Dorau den Song für eine Projektwoche seiner damaligen Schule zusammen mit drei anderen Schülerinnen, den er dann gegen den Willen seines Lehrers dem Düsseldorfer Ata-Tak-Label schickte, nachdem er ihn zusammen mit dem Mädchenchor DIE MARINAS neu eingespielt hatte.
Bei Ata Tak wurde dann auch die erste Dorau-Platte „Blumen und Narzissen“ (1981) veröffentlicht, während „Die Doraus & die Marinas geben offenherzige Antworten auf brennende Fragen“ 1983 bei CBS erschien, die allerdings beide unter dem Namen DIE DORAUS & DIE MARINAS vermarktet wurden, und die Bureau B jetzt neu aufgelegt hat, ergänzt um die damaligen Single- und EP-Tracks.
Wer hier weitere Songs vom Format von „Fred vom Jupiter“ erwartet, wird mit beiden Platten nicht allzu glücklich werden. Zum einen kann man ihnen nicht gerade wirkliche Zeitlosigkeit bescheinigen, zum anderen hat man es hier mit einer teils recht anstrengenden Mischung aus holperigen stilistischen Experimenten und einem mal mehr, mal weniger schmerzhaften Dilettantismus zu tun.
Zwei Platten, die man sich definitiv erarbeiten muss, was Dorau dann doch wieder zu einem echten Geistesverwandten von DER PLAN, frühen D.A.F. oder PYROLATOR macht. Denn es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass hier jede Menge äußerst genialer Momente vorhanden sind, ebenso wie innovative, ungewöhnliche Sound-Ideen, und auch weitere echte Hits, die allerdings deutlich schräger und unkommerzieller ausgefallen sind als bei Doraus außerirdischem Womanizer.
Wenn man die letzten 30 Jahre Musikgeschichte mal für einen Moment ausblenden kann, bereiten einem DIE DORAUS & DIE MARINAS aber noch erstaunlich viel Spaß, denn es wird schnell deutlich, dass unter der etwas trashig anmutenden Oberfläche eine humorvolle und äußerst charmante Cleverness steckt, die man in der zeitgemäßen Popmusik leider überwiegend vermisst.
Sein bis dato unerreichtes drittes, gerade schwer aufzutreibendes Album „Demokratie“ nahm Dorau dann 1988 auf, aber seine beiden Frühwerke sind essentielle Schlüsselwerke der echten NDW, abseits der Massenbelustigung der ZDF-Hitparade.
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