Dieses charmante Trio und ich hatten eigentlich einen guten Start. Bis Minute 1:47. Denn dort wird der echt gute erste Track „Feenteich“ von einem unglaublich cheesy Gitarrensolo überfallen. Blendet man diese Soli-Attacken aus (gibt’s noch so zwei, drei Mal auf dem Album), dann schimmert hier eine Perle des deutschsprachigen Indiepop, die entdeckt werden will. Das Trio selbst ist weit verstreut im Land, zwischen Hamburg und Bayern ansässig, was sie aber nicht davon abhält, vielleicht eine der besten Indie-Platten des letzten Jahres abgeliefert zu haben. Musikalisch immer mit einem ordentlichen Hang zur Melancholie versehen und irgendwo zwischen THE CURE, THE SMITHS anzusiedeln (bis auf die erwähnten Gitarrensoli), die ALTE KINDER auf „Gleich“ auch textlich durchgehend auf hohem Niveau unterwegs. Ganz stark fühle ich mich an den Wortwitz von Peter Licht erinnert, aber auch DIE TÜREN, KETTCAR oder GRAF ZAHL lassen sich hier als Referenzen anführen. Denn eine Sache, die ALTE KINDER locker aus dem Ärmel schütteln, muss man erst mal hinkriegen: gesellschaftliche Zustände in diesem Land zu benennen, ohne platt zu werden und Assoziationen einzubauen, die wirklich jede:n mitnehmen. Bestes Beispiel: der Song „Volkszählung“. Selber bezeichnet man sich als Künstlerkorrektiv und wenn es zu deren Selbstverständnis gehört, gewisse Perspektiven auf unser Leben im Hier und Jetzt zu reflektieren, dann ist der Auftrag erfüllt. Spitzenplatte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Gary Flanell