Nach dem grandiosen „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“ erscheint nun bereits der zweite Band des Berliner Verlegers Klaus Bittermann zur Zustandsbeschreibung vom Kreuzberger Kiez zwischen Admiralbrücke, Dieffenbachstraße und Kottbusser Damm.
Wieder extrem unterhaltsam, komisch, treffend und zum Glück weiterhin meilenweit entfernt von erbärmlichen „Arm, aber sexy“-Plattitüden und peinlichen selbstgefälligen Hipster-Lobpreisungen sonstiger aktueller Berlin-Veröffentlichungen.
Wieder scheut der Autor keine Gefahr und geht selbst dahin, wo es richtig weh tut, wie etwa in ein Tätowierstudio, zum Springer-Hochhaus oder in den Wellnessbereich des Berliner Zolls. Dabei beobachtet er in seinen spöttischen Miniaturen als Günter Wallraff der gebildeten Stände zahlreiche Menschen mit Alleinstellungsmerkmalen oder einfach nur mit einer riesigen Klatsche.
Das Ergebnis ist Pflichtlektüre für alle, die immer noch ihr großes Heil darin sehen, von der Provinz in die Hauptstadt umzusiedeln. Meine Lieblingssentenz des Buches beschreibt das große Problem des Stadtteils: „Seitdem hier ständig deeskaliert wird, kann man nicht mal mehr was Illegales machen.“ So lange Klaus Bittermann aber dem Kiez erhalten bleibt, ist Kreuzberg noch nicht verloren.
Getoppt wird das brillante Buch nur noch durch das zeitgleich erschienene Hörbuch, in dem Klaus Bittermann und Deutschlands bester Hörbuchsprecher, Harry Rowohlt, live Höhepunkte der beiden Bücher vortragen und sich dabei so dermaßen gekonnt gegenseitig den Ball zuspielen, dass es ein Riesenspaß ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #111 Dezember 2013/Januar 2014 und Axel M. Gundlach