Neben Ian Glasper und John Robb ist der englische Journalist Alex Ogg einer der aktivsten Autoren in Sachen Aufarbeitung der britischen Underground-Musikgeschichte. In diesem Buch, das die Jahre von 1976 bis Ende der Achtziger abdeckt und damit die Geschichte unabhänger Labels auch zu einer des (Post-)Punk macht, ergründet Ogg in ausführlichen Interviews mit den Leuten hinter den Labels deren Geschichte und Motive.
Er tut das in Form eines erzählenden Textes, nicht in Frage-Antwort-Form und auch nicht in klar zwischen einzelnen Labels aufgeilten Kapiteln, was das Lesen für Menschen, die gezielt zu einem Label etwas nachschlagen wollen, etwas komplizierter macht.
Stattdessen fasst Ogg verschiedene Labels thematisch zusammen, etwa Chiswick und Ace, Small Wonder, New Hormones und Step Forward, 4AD und Beggars Banquet, Crass, Southern und die anderen Anarcho-Labels der frühen Achtziger, widmet dem legendären Ur-Punk-Label Stiff oder auch Cherry Red aber ein eigenes Kapitel.
Ogg ist hier ein umfangreiches, sehr detailliertes Buch gelungen, das Independent-Labels nicht glorifiziert – schon im Vorwort schreibt er davon, dass der Independent-Gedanke zwar eine gute Sache ist, aber nicht verhindert, dass Geschäftsleute Bands und Angestellte ausbeuten –, aber deutlich macht, wie wichtig es war, dass mit dem Aufkommen des Selbermachen!-Gedankens in der Punk-Szene der Siebziger das Monopol großer Konzerne erfolgreich gebrochen wurde und sich das durchaus positiv auf die Kreativität von Künstlern wie auf die Verbreitung von vom Mainstream abweichender Ideen ausgewirkt hat.
Wer sich für die Leute hinter den Platten und hinter den Bands interessiert und einigermaßen der englischen Sprache mächtig ist, der sollte sich „Independence Days“ zulegen. Und wer weiß schon, wie die Musikwelt in zehn oder zwanzig Jahren aussieht, wenn sich womöglich kaum noch jemand daran erinnern kann, was „Indie-Labels“ mal waren.
Apropos Indie: Alex Ogg unterscheidet ganz klar zwischen „Indie“ als Musikstil, der auch Majorlabel-Bands beschreiben kann, und „Independent“ im Sinne von „von einem Konzern unabhängiges Label“.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Joachim Hiller