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Grievance Beerwater Reprisal

Bandfotos kann man sorgsam inszenieren, speziell für ein Plattencover – oder man nimmt einfach einen Schnappschuss. Etwa wenn die Band gerade den Van entladen hat und sich mit Bierbecher in der Hand vor den geöffneten Hecktüren davon erholt. Klick! Gut genug für ein Plattencover? Hast du eine bessere Idee? Genommen! Lustigerweise haben sie das Foto dann für einen Facebook-Post sogar noch mal nachgestellt. „Punk Rock band from Montgomery, Alabama on American Leather Records“ lautet die lakonische Selbstbeschreibung, und ja, die Band ist nicht aus Portland, OR, sondern aus dem tausende Kilometer entfernten Alabama, konnte aber dennoch Jerry A von POISON IDEA überzeugen, sie auf seinem Label zu veröffentlichen. Mit „Irritainment!“ hatten sie 2018 ihr Debüt veröffentlicht, über die letzten Jahre entstand nun der Nachfolger, dessen Titel auch ein exzellenter Bandname gewesen wäre. Wobei „Grievance Beerwater Reprisal“ auch das Potenzial hätte, von einer gewissen Band als klagewürdig wahrgenommen zu werden, so wie es einst auch REO SPEEDDEALER ergangen war. Und wie lebt es sich so in „Alabamastan“? Im gleichnamigen Song lassen DJ Fake Name als Sänger und Keyboarder sowie Lyra Lyricat als Sängerin und Bassistin kein gutes Haar an dem dreckskonservativen Bundesstaat: „What’s happening here is / They just came for the trans kids / Now they’re coming for immigrants. / Next it’s women’s rights, then everybody else. / You can up and leave or you can stay and fight / Either way we gotta decide right now, alright? / So go!“ In der deutschen Version hätte der Song wohl den Titel „Thüringistan“. Auch „Banned“ haut ähnlich frustriert in diese Kerbe. Sowieso sind die auf dem Beiblatt abgedruckten Texte unbedingt lesenswert, siehe auch „Howard“ über den genial verrückten Elon Musk-Vorgänger Howard Hughes. Als Mischung aus KILLDOZER und MOLLY HATCHET hat sie jemand beschrieben, der sie vor Ort live sehen konnte – gewagt. Wer die Band aber als derben NASHVILLE PUSSY-Style-Südstaaten-Punk abhakt, verpasst die subtilen Momente, die leiseren Songs, die Pop-Punk-Momente, das dezent eingesetzte Keyboard ... Eine sehr variable, smarte Band – wie wär’s mit einer temporären Flucht nach Europa zwecks Tour?