Mit seinem Spielfilmdebüt HARD CANDY hatte David Slade bei mir durchaus Eindruck gemacht, alleine schon durch die starke Performance von Ellen Page. Dass es danach direkt eine Comic-Verfilmung sein musste, verhieß nichts Gutes, aber Slade hat in dieser Hinsicht vielleicht sogar eine der besten aktuellen Adaptionen dieser Art hinbekommen.
Basierend auf dem mit fahrigen Strichen gezeichneten Comic von Steve Niles und Ben Templesmith (ersterer war auch am Drehbuch beteiligt) erzeugt Slade eine bedrückende Atmosphäre von Isolation, in der menschliche Urängste vor Dunkelheit und Monstern zum Vorschein kommen, so wie es auch John Carpenter bei THE THING formvollendet gelang.
Denn in einem in Alaska gelegenen, von der Außenwelt abgeschnittenen Städtchen namens Barrow versucht eine Vampir-Sippe im Schutz einer 30-tätigen Phase, in der sich die Sonne nicht blicken lässt, alle Bewohner auszulöschen, was aber am Widerstand des von Josh Hartnett gespielten Sheriffs scheitert.
Tatsächlich gedreht wurde der Film allerdings in Neuseeland. Sam Raimis Produktionsfirma Ghost House Pictures ist nach Stinkern wie THE GRUDGE, BOOGEYMAN oder THE MESSENGERS ein überzeugender Horrorfilm gelungen, der dieses Prädikat auch verdient und nicht nur mit lahmen Geistergeschichten nervt.
Viel Handlung und gut ausgearbeitete Charaktere darf man nicht erwarten, und in gewisser Weise erinnern die Vampirattacken auch allzu sehr an die der Zombies aus 28 DAYS LATER, aber dennoch gelang Slade mit minimalen Mitteln ein höchst fesselnder Film, der in stilistischer Hinsicht makellos ist, auch wenn das Genre damit nicht revolutioniert wird.
Bezüglich der Schaffung einer angsteinflößenden Endzeitstimmung funktioniert er auf jeden Fall besser als etwa I AM LEGEND. Ben Foster (der in TODESZUG NACH YUMA schon als gemeingefährlicher Revolverheld brillierte) gibt hier überzeugend eine moderne Version von Renfield aus Stokers "Dracula"-Roman, während man Hartnett mal wieder vorwarf, viel zu jung für die Rolle des Sheriffs zu sein, was nichts an seinem überzeugenden Spiel ändert.
Auch wollten manche Leute diverse unlogische Momente in 30 DAYS OF NIGHT verortet zu haben, aber ich meine, da könnte man ja damit anfangen, dass es Vampire gar nicht gibt - glaube ich zumindest ...
Trotz seiner visuellen Qualitäten büßt 30 DAYS OF NIGHT allerdings sehr an Faszination ein, wenn man versucht, ihn ein zweites Mal zu schauen, wo dann tatsächlich seine dünne Basis zum Vorschein kommt, was das größte Manko dieses ansonsten hervorragend funktionierenden Genre-Films sein dürfte.
Eine gewisse Ironie steckt allerdings in der Tatsache, dass Autor Steve Niles die Idee zu 30 DAYS OF NIGHT zuerst als Drehbuch für einen Film entwickelt hatte, das aber niemand haben wollte, weshalb dann der Comic entstand.
Anfang April erscheint 30 DAYS OF NIGHT als ungeschnittene Doppel-DVD mit Audiokommentar und den üblichen Extras.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #77 April/Mai 2008 und Thomas Kerpen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #105 Dezember 2012/Januar 2013 und