Foto

20.000 MEILEN UNTER DEM MEER

Thilo Krapp

Nach H.G. Wells’ „Krieg der Welten“ hat sich Thilo Krapp mit „20.000 Meilen unter dem Meer“ nun einen weiteren Klassiker der Fantastischen Literatur vorgenommen, dieses Mal von Jules Verne. In einer Arbeitszeit von etwas mehr als vier Jahren ist eine mit Art déco-verliebten Details angereicherte, luftig pastellig kolorierte Graphic Novel entstanden, die sich angenehm runterlesen lässt. Art déco passt kunsthistorisch – was Trapp seinen Kapitän Nemo auch selbst aussprechen lässt – zwar nicht unbedingt in die Zeit, in der dieses Abenteuer spielt (1867/68), ist aber wirklich schön anzusehen. Trapp hält sich sonst recht eng an Vernes Original aus dem Jahr 1870, rafft und modernisiert geschickt die Geschichte, wo es notwendig und sinnvoll erscheint. Seltsame Auslegungsblüten, angefangen mit Georges Méliès’ bizarrer (und in schlecht erhaltenen Fragmenten auf Videoportalen oder bei archiv.org abrufbaren) Parodie „Deux cents milles sous les mers ou le cauchemar du pêcheur“ aus dem Jahr 1907 bis hin zur Animeserie „Die Macht des Zaubersteins“, gibt es schließlich schon genug. Zu einer Art heimlichem Hauptdarsteller werden in diesem Band Nemos technische Innovationen. Ein elektrisch betriebenes Fahrzeug? Die Idee (und erste Ansätze) waren schon lange da. Hätte man vielleicht spätestens mit dem Aufkommen von Mikroelektronikbauteilen mal ein bisschen intensiver dran forschen können, anstatt Verbrennertechnik aus dem 19. Jahrhunderts zu optimieren. Nemo selbst bleibt widersprüchlich, profitorientiert, egozentrisch und gnadenlos einerseits, gleichzeitig aber auch visionär, kunstliebend und wissbegierig. Vor diesem Dilemma steht die Menschheit als Ganzes auch irgendwie gerade. Ob das ein gutes Ende nehmen kann?