zOSCH!

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Fünf Menschen und ein Kraakenbaby

Elektropunk erfreut sich schon seit einer ganzen Weile großer Beliebtheit. Die üblichen Verdächtigen haben mittlerweile wahrscheinlich schon genug Geld für ihre Drogen verdient und müssen an dieser Stelle auch gar nicht namentlich genannt werden. zOSCH! haben damit eh nicht wirklich viel zu tun. Sie machen ihr eigenes Ding aus tanzbarem Punk, Sperrigkeit, LOST SOUNDS-Keyboards und klischeefreien Texten. Klingen mal minimalistisch, mal dicht und treibend. Haben Spaß und was zu sagen und nehmen sich doch nicht so ernst. Grund genug also, den Kölnern per Mail mal ein paar Fragen zu stellen.

Die Standards am Anfang: Wer oder was ist zOSCH!?

Tobias: zOSCH! sind Martina: Gesang, Anike: Gesang, Roland: Synthie/Gitarre, Maike: Drums und ich: Bass und Gesang. Wir haben Anfang 2006 angefangen, zusammen Musik zu machen und spielen seit Ende 2006 auch in der oben genannten Besetzung. Hui, 2011 sind es dann fünf Jahre zOSCH!, wie die Zeit vergeht ...

Wie ist die Idee entstanden, die Gitarren in die Ecke zu stellen und stattdessen den Synthie auszupacken?

Roland: Mittlerweile sind wir ja im Begriff, die Gitarre wieder auszupacken ... Nein, für mich war es anfangs nur ein Spaß, mal ein Instrument in einer Band zu spielen, dessen ich gar nicht mächtig war. Außerdem wollte ich anfangs immer, dass das Keyboard wie eine Gitarre klingt, und ein großer Fan von Melodien bin ich auch. Die lassen sich mit einem Keyboard leicht ausdenken, und ich habe die Möglichkeit, der Musik ganz andere Klangfarben zu geben als nur mit der Gitarre.

Viele Leute benutzen für die Beschreibung eurer Musik den Begriff „Riot Grrrl“. Hat dieser Begriff oder die Bewegung eine Bedeutung für euch?

Anike: Klar, war das eine wichtige Bewegung in Sachen „Frauen im Punk“. Andererseits glaube ich, dass sich viel getan hat seit den Neunzigern. Die ganze Diskussion umfasst einfach viel mehr Punkte. Grundsätzlich, und um es ein wenig abzukürzen, ist es mir eigentlich egal, ob Frauen oder Männer Musik machen. Es ist natürlich schade, dass Frauen immer noch in der Minderheit sind, und es ist auch schade, dass es immer wieder herausgestellt werden muss. Ziel sollte es doch sein, dass es egal ist. So weit ist es aber noch nicht. Mich persönlich nervt es, dass mein Geschlecht so wichtig ist. Ich find’s auch dämlich, dass das Geschlecht von Tobias und Roland nicht egal ist. Wir sind halt einfach fünf Menschen, die Musik machen, sich verstehen und Spaß an der Sache haben. Natürlich ist es nicht ganz so einfach, weil zu einer solchen Diskussion viele weitere Aspekte dazukommen. Aber runtergebrochen in einem Interview: Who cares?

Ich finde eure Texte ungewöhnlich, um nicht zu sagen: ungewöhnlich gut. Sie bewegen sich auf einer abstrakten persönlich-politischen Ebene. Wer ist dafür verantwortlich?

Martina: Na, das bin dann wohl ich. Persönlich sind sie wirklich ... Na ja, und abstrakt befürchte ich auch. Wobei Letzteres keine Absicht ist. Ich finde es meist einfach nur wahnsinnig schwer, Texte zu schreiben ... Am schwersten ist es auf Deutsch, dafür kann man auf Französisch die größten Gemeinheiten sagen und es hört sich gut an. Unterwegs auf dem Fahrrad jagen mir tausend Gedanken, Zustände und Ungerechtigkeiten durch den Kopf, und die versuche ich, zu Papier und zu zOSCH! zu bringen. Das ist nicht immer einfach, und so versuche ich, auf meine eigene Weise Worte, Stimmbänder und was davon noch übrig ist, als Instrument zu nutzen. Irgendwie wird’s dann immer kurz, knapp und persönlich-politisch-abstrakt.

Ihr habt ja schon einen ganzen Haufen Konzerte gespielt. Warum zum Teufel seid ihr noch nicht bekannter? Elektropunk im Allgemeinen geht die letzte Zeit ja ganz gut ...

Roland: Ich denke, das liegt daran, dass wir beim Booking immer darauf achten, ob wir auch wirklich Lust auf dieses oder jenes Konzert haben. Es funktioniert nur dann, wenn wir ein gutes Gefühl dabei haben. Wir haben gemerkt, dass größere Bühnen oder diverse Elektropartys nichts für uns sind. Daher haben wir uns entschlossen, nicht in diese Richtung zu gehen, wo es immer größer und anonymer wird. Da zOSCH! für uns alle ein Hobby ist, geht es uns dabei nicht darum, so viele Leute wie möglich bei einem Konzert zu haben oder irgendeinen Fame-Faktor zu erreichen.

Anike: Es ist perfekt, so wie es ist. Wir kommen viel herum: Balkan, Frankreich, Schweiz, viel in Deutschland, Österreich und bald sogar Russland. Was will man mehr?! Die Leute haben Spaß, wenn wir spielen. Wir haben Spaß, wenn wir spielen. Alles ist klein und familiär. Wir zahlen nicht drauf. Und alle sind glücklich. Wir haben keine Lust auf Kompromisse. Keine Lust, Konzerte zu spielen, an denen wir keinen Spaß mehr haben, weil das Publikum komisch ist und wir nicht das Gefühl haben, die wissen ungefähr, um was es geht. Keine Lust auf Lokalitäten, wo alles teuer ist und sich nicht jeder den Eintritt und eine Cola leisten kann.

Ich finde, eure letzte 7“ ist in puncto Druck, Dichte und Sound allgemein ein gewaltiger Schritt vorwärts. Was habt ihr anders gemacht oder war das eine ganz natürliche Entwicklung?

Roland: Wenn im Internet nach Mixing-Tutorials zu suchen, eine „natürliche Entwicklung“ darstellt, könnte man das so nennen. Aber eigentlich haben wir fast alles so gemacht, wie bei der ersten LP. Wir haben wieder alles selbst in den Aggressive-Plankton-Studios aufgenommen, selbst gemischt und irgendwo mastern lassen. Der Unterschied ist vielleicht, dass wir aus ein paar Fehlern der LP-Aufnahme gelernt haben und alles somit etwas besser klingt. Außerdem haben wir das Tempo erhöht. Doch optimal klingt das aber immer noch nicht, da auch die 7“ klanglich nicht das wiedergibt, was wir letztendlich live umsetzen. Dagegen wollen wir bei der nächsten Aufnahme zur neuen LP im nächsten Sommer angehen.

Tobias: Wir werden uns Anfang August 2011 für eine gute Woche in der Tonmeisterei in Oldenburg verschanzen. Ich bin echt ein Fan von vielen Aufnahmen, die dort entstanden sind und erhoffe mir ein ebenfalls gutes Ergebnis für uns.

Ja, die beiden ALPINIST-LPs zum Beispiel knallen ganz gut ... Wie wichtig ist euch generell der D.I.Y.-Gedanke oder der Untergrund allgemein?

Roland: Für uns war es immer wichtig, mehr oder weniger alles selbst zu machen, angefangen bei der Musik, über das Artwork bis hin zum Booking. Ich würde sagen, dass zOSCH! unser Baby ist, um das wir uns alle gemeinsam kümmern.

Tobias: Ich bin für die ganzen Booking-Geschichten zuständig. Unsere Russlandtour im April wird aber komplett von Freunden vor Ort organisiert. Darüber sind wir natürlich sehr glücklich, dennoch ist es irgendwie komisch, sich um nichts mehr kümmern zu müssen, außer Flüge zu buchen. Für die Vinyl-Releases haben wir Labels, die natürlich auch im weitesten Sinne D.I.Y. arbeiten. Die CD-Versionen davon produzieren wir mit unserem hauseigenen Label Aggressive Plankton selbst. Da fällt mir ein: Ich muss noch einen Haufen CDs für die Wintertour mit FINISTERRE fertig machen ...

Schon seit längerer Zeit gibt’s in eurer schönen Heimatstadt ja nach langen Kämpfen endlich auch mal ein Autonomes Zentrum. Was gibt’s dazu zu berichten? Seid ihr da irgendwie involviert?

Martina: Wir haben ein neues Kraakenbaby, das wir gemeinsam mit guten Freunden aus Köln großziehen. An dieser Stelle viele Grüße an alle anderen Kraaken! Das AZ in Köln-Kalk ist da und wird es hoffentlich auch noch lange geben. Es ist uns wichtig, dass dieser Ort auch für Konzerte genutzt wird. Es gibt dort einen tollen Konzertraum mit einer sagenumwobenen Plexiglas-Theke...