ZONA 84

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Die Band vom anderen Ende der Welt

ZONA 84 aus Rosario in Argentinien sind dort eine der aktivsten Punkbands, aber nach einer ersten Tour 2016 mittlerweile auch hierzulande nicht mehr ganz unbekannt. Wir sprachen mit Guillermo Rodriguez.

Guille, schön dich auf der Rock’n’Roll-Butterfahrt zu treffen. Es ist ja fast genau ein Jahr her, seit ihr mit ZONA 84 das erste Mal in Deutschland wart – eure erste Europatour in in eurer über zwanzigjährigen Bandgeschichte überhaupt. Wie war das so für euch?

Mir kommt es immer noch vor, als wäre es erst letzte Woche gewesen. Die Tour war einfach genial und übertraf unsere Erwartungen bei Weitem. Jeder Club, jedes Festival und alle Veranstalter waren einfach nur toll. Das Publikum hat uns überall super empfangen. Wenn man es so sagen darf: Wir hatten die Zeit unseres Lebens. Diese Tour gehört sicher zu einem der Höhepunkte unserer bisherigen Karriere. Wir spielten 13 Konzerte und einen Akustikgig, und klar war es anstrengend, besonders, wenn du sofort nach deiner Ankunft mit dem ersten Konzert loslegst. Nun ja, und wir sind nicht unbedingt eine Band, die nur Wasser trinkt oder nach der Show nicht gerne noch etwas weiterfeiert. Es war schon eine Aufgabe, jeden Tag mit der Müdigkeit und dem einen oder anderen Kater klar zu kommen. Unsere beiden Fahrer, Diego und Gula, hatten den härtesten Job. Aber wir haben es überlebt.

Habt ihr überhaupt Zeit gefunden, euch auch etwas anzuschauen?

Wir waren in allen vier Himmelsrichtungen unterwegs. Es war wirklich interessant, die geografischen, aber auch die kulturellen Unterschiede zu erleben. In vielen Orten hatten wir exzellente „Fremdenführer“, die uns ihre Stadt gezeigt haben. Das war natürlich etwas ganz Besonderes. Natürlich wäre es schön gewesen, mehr Zeit mit den Leuten zu verbringen und die speziellen Ecken ihrer Städte zu erkunden, aber das bringt eine Tour so mit sich. Du möchtest eben in so vielen Städten wie möglich spielen. Und ernsthaft, wir möchten keines der Konzerte missen.

Euer erstes richtiges Konzert in Deutschland war vor einem Jahr im Rahmen der Rock’n’Roll Butterfahrt auf Helgoland. Hattet ihr von dieser Insel jemals zuvor gehört? Wie hat euch das Festival gefallen?

Nun, für uns war es wie zum anderen Ende der Welt zu segeln oder auf der Titanic mitzufahren. Wir waren ja gerade erst in Hamburg angekommen und sind am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe aufgebrochen und gleich mit einem Motorschaden auf der Autobahn liegengeblieben. Glücklicherweise konnten wir eine Taxifahrerin überzeugen, uns die restlichen siebzig Kilometer von einem Rastplatz an der Autobahn bis hin zum Fähranleger zu fahren. Das war natürlich echt kritisch, da die Fähre ja nicht wartet und es nur eine am Tag gibt. Aber als wir endlich da waren sind wir dem Festival sofort verfallen. Wir sind uns alle einig, dass dieses – ohne anderen zu nahe treten zu wollen – das beste Festival der Welt ist, zu dem wir jemals eingeladen wurden. Die Butterfahrt hat uns bis heute nicht losgelassen. Unser Gitarrist Belisario hat sich gleich nach unserer Heimkehr das Logo auf seinen Arm tätowieren lassen. Wir sind der festen Überzeugung, wenn es auf dieser Erde ein Paradies für Punkrocker gibt, dann muss es die Rock’n’Roll Butterfahrt sein.

Glücklicherweise hattet ihr anschließend zwei Tage Zeit, euch etwas zu erholen und eure Stimmen zu schonen. Wenn ihr zurückschaut, gibt es ein Konzert oder einen Club, der euch besonders in Erinnerung geblieben ist?

Jeder Club und jedes Festival hatte etwas Spezielles. Wenn du an einem Montag oder Dienstag an einem Ort spielst, an dem dich keine Sau kennt, weißt du eigentlich nicht, was du erwarten sollst. Wir wurden nie enttäuscht und hatten jede Menge Spaß. Na klar, Helgoland war fantastisch und etwas ganz Besonderes. Aber auch als Hauptact auf der Jolly Roger Stage auf dem Hamburger Hafengeburtstag zu stehen, war uns eine große Ehre. Und die Auftritte im Düsseldorfer AK47 und im Wild at Heart in Berlin waren ebenfalls großartig. In Bochum waren sogar so viele Leute da, dass dem Wageni irgendwann das Bier ausging. Jeder einzelne Gig machte die Tour für uns als Band zur besten Zeit unseres Lebens.

Dass auch die Fans ihren Spaß hatten, war ja bereits im Video zu eurem neuen Song „Pánico“ zu sehen. Hat diese Tour euch als Band verändert?

Ja, das bleibt nicht aus. Natürlich prägen solche Eindrücke und Erlebnisse uns auch als Band. Zu Hause gehen wir alle ganz normal arbeiten, die meisten von uns haben Kinder, also haben wir normalerweise einen relativ unspektakulären Alltag. Wenn du dann mit deinen besten Freunden zwei Wochen zusammen unterwegs bist und gemeinsam so viele tolle Erlebnisse hast, lässt einen das nicht unberührt. Es gibt seitdem eigentlich kein Zusammentreffen mehr, an dem nicht irgendeiner von uns auf die Tour zu sprechen kommt. Zudem haben wir viele tolle Bands, neue Leute und unterschiedliche Orte innerhalb kürzester Zeit kennen gelernt. Glücklicherweise hat uns unser Freund und Fotograf Gustavo begleitet und viele Momente für uns festgehalten, so dass wir nach unserer Heimkehr die Erinnerungen bei der Produktion vom Video zu „Pánico“ wieder aufleben lassen konnten.

Ich habe gehört, dass ihr an einem neuen Album arbeitet.

Die Aufnahmen zum neuen Album sind bereits abgeschlossen und in Kürze werden wir mit dem Abmischen fertig sein. Wir sind mit dem neuen Album super glücklich und können es kaum abwarten, die neuen Songs auch in Deutschland live zu spielen. Das Album wird „Radio Pirata“ heißen ... Eine Verbindung zwischen illegaler Musikverbreitung und einer Würdigung des Piratenkults in Hamburg und auf Helgoland. Wir sind froh, in Deutschland mit Pauli Punker Records einen Partner gefunden haben, der den Vertrieb unserer Alben in Europa übernommen hat.

Ihr habt sogar einen Song der Rock’n’Roll Butterfahrt gewidmet.

Ja, wir sind glücklich, dass unsere erste Single mit dem Titel „Helgoland“ rechtzeitig zur Rock’n’Roll Butterfahrt fertig wurde und wir sie hier zusammen mit unseren Freunden RADICAL RADIO live präsentieren durften. Wir haben die Single als supercoole 7“ veröffentlicht und auch gleich einen Stapel mit auf die Insel gebracht. Das Feedbackwar überwältigend und hat mich persönlich stark beeindruckt. Aber es wird sie auch als mp3 auf den gängigen Plattformen geben, für alle, die keinen Plattenspieler haben. Bis zur Veröffentlichung des Albums ist es noch ein paar Monate hin, aber das wird es dann auch wieder als CD geben.

Der Partner eures eigenen Labels Despabila, Pauli Punker Records, hat hier in Deutschland gerade euer lange ausverkauftes Album „Niños Atómicos“ als Musikkassette noch mal veröffentlicht. Werden hier bald noch mehr alte ZONA 84-Alben erhältlich sein?

Wir kommen aus dem südlichsten Land der Erde. Auch wenn für uns Grenzen nicht wichtig sind, können wir nicht leugnen, dass Europa ganz schön weit weg ist. Da wir ernsthaft an D.I.Y. and Freundschaft glauben, freuen wir uns, Pauli Punker Records gefunden zu haben. PPR ist für uns ein Teil der ZONA 84-Familie. Von daher sehen darin auch kein Abweichen von unseren D.I.Y.-Prinzipien. Die 7“ und auch die Kassette ist als Kooperation beider Labels herausgegeben. Wir haben einen sehr engen Kontakt und chatten oder telefonieren fast täglich. Die Freundschaft steht für uns an oberster Stelle. PPR organisiert auch unsere nächste Tour in Deutschland für uns. So etwas vom anderen Ende der Welt aus zu regeln, ist schon sehr, sehr schwierig. Und ja, wir werden hier in Europa noch einige alte, bereits ausverkaufte Alben neu herausbringen.

Steht schon fest, wann ihr wieder hier seid?

Wir kommen im November 2017, mit neuem Album und neuen Songs im Gepäck und weniger Haaren, dafür aber vermutlich mehr Gewicht wieder nach Deutschland, hahaha. Die Tour ist schon recht gut gebucht. Wir werden wieder in vielen tollen Clubs spielen und freuen uns ganz besonders, dass wir auch als Vorband für DRITTE WAHL spielen dürfen.

Das ist ja schon eine Erfolgsstory! Habt ihr euch das je träumen lassen?

Nein, natürlich nicht. Als wir eines Abends vor anderthalb Jahren in einer Bar in Buenos Aires zusammen mit dir nach vielen Bieren beschlossen hatten, nach Deutschland zu kommen, kannte uns in Deutschland eigentlich keine Sau. Du hast es mit ein paar Freunden geschafft, eine Tour auf die Beine zu stellen, die für uns unglaublich war und uns in Deutschland ein wenig bekannter gemacht hat. Auf dieser Tour konnten wir so viele außergewöhnliche Freundschaften schließen, so dass sich nicht mehr die Frage stellte, ob wir wiederkommen, sondern nur wann.