Sängerin Coco und ihre Band aus Nashville haben zwar einen Plattenvertrag und somit Leute, die für ihr Projekt arbeiten, aber sie schwört weiterhin auf DIY – Do It Yourself. Was dieses Motto für sie, ihre Band und ihr Leben bedeutet, erklärt sie uns hier.
Anfangs kümmern sich Bands naturgemäß meist noch um vieles selbst, delegieren aber viele Aufgaben, je größer sie werden. Was hat dich dazu gebracht, am DIY-Modus festzuhalten?
Ich denke, als wir total DIY begannen, zwang uns das dazu, uns nicht nur mit den künstlerischen, sondern auch den geschäftlichen Aspekten zu beschäftigen. Ich habe das Gefühl, man geht davon aus, dass man entweder auf der kreativen Seite des Musikbusiness oder auf der „Anzug“-Seite stehen muss, aber wenn man so vorgeht wie wir, dann muss man beides beherrschen. Als die Band sich weiterentwickelte, blieben wir DIY, weil es funktionierte und wir diese Abläufe schon immer kannten.
Hast du das Gefühl, dass die DIY-Mentalität nicht nur in Sachen Band, sondern auch in eurem täglichen Leben wirksam ist?
Auf jeden Fall. Es eröffnet mir eine andere Perspektive auf fast alles. Budgetierung in meinem täglichen Leben, mich mit Menschen zu umgeben, die mich aufrichten, sogar wie ich auf mich selbst aufpasse. Es läuft alles auf die Frage hinaus: Wie halten wir das Schiff – und in diesem Fall bin ich das Schiff – über Wasser?
DIY kann auch sehr anstrengend sein, es ist oft sehr zeitaufwändig, eine Band am Laufen zu erhalten. Was sind die Nachteile, wenn man für alles selbst verantwortlich ist?
Nun, es ist definitiv das Gegenteil von Nebenjob, der dir Geld einbringt, das kann ich dir sagen. Ich habe in der Gastronomie und anderen Gelegenheitsjobs gearbeitet, seit ich 16 Jahre alt war. Dieser finanzielle Nachteil bring definitiv zusätzlichen Stress mit sich, aber das ist es wert, wenn man die Band wie einen Vollzeitjob betreiben will. Denn wenn man DIY macht, ist es das auch! Außerdem ist die einzige Person, die dich antreibt weiterzumachen, du selbst. Das bedeutet leider für all die bescheidenen Künstler da draußen: Du wirst ein gewisses Ego entwickeln müssen. Du wirst erschöpft sein, du wirst ausgebrannt sein, aber du musst dir immer wieder sagen: Das wird schon werden, weil du der Beste bist in dem, was du tust, und niemand härter arbeitet. Zu allem Überfluss werden die Leute dich für verrückt halten. Ignoriere sie einfach.
Wie wichtig ist es, dass alle deine Bandkollegen mit an Bord sind? Habt ihr die Verantwortlichkeiten aufgeteilt?
Unser Gitarrist Dan und Austin, Bassist und Produzent, sind die zuverlässigsten Kollegen, die ich mir nur wünschen kann. Ich würde sagen, Dan ist einfach ein super hilfsbereiter Kerl. Ich habe keine spezielle Aufgabe, aber das macht nichts, denn ich könnte ihn jetzt anrufen, wenn ich Hilfe brauche, und er würde wahrscheinlich sofort ans Telefon springen! Auf Tour hilft er dabei, das Merch zu organisieren, stellt sicher, dass wir jeden Abend eine Setlist haben, und vor allem fährt er oft den Van – mit Killer-Musik. Austin hat eine spezifischere Rolle, er ist der Hauptproduzent unserer Musik. Er hat uns so viel finanzielle Freiheit verschafft, indem er unsere Projekte für absolut wenig Geld macht, vielleicht nur für ein wenig neue Technik hier und da. Wenn wir unterwegs sind, ist er normalerweise derjenige, der vor Ort alles klärt, und er sitzt auf Tour oft am Steuer. Sie sind wirklich die Besten.
Trotzdem seid ihr jetzt bei einem Label unter Vertrag und das bedeutet ja, dass ihr Leute von außerhalb habt, die an eurer Band arbeiten. Was sind die Dinge, wo ihr eine Grenze zieht, die ihr immer lieber selbst machen würdet?
Das bringt mich eigentlich zurück zur ersten Frage. Ich denke, das Schöne daran, das Ganze wie ein Wirtschaftsunternehmen zu behandeln, ist, dass das Hinzuziehen eines zusätzlichen Teams, etwa eines Labels, wirklich nur eine Erweiterung von „Winona Fighter GmbH“ ist. Wir bündeln unsere Kräfte, um diese Sache richtig aufzublasen. Wir haben auch die gleichen Ziele, weshalb wir uns überhaupt erst für unser Label entschieden haben. Die einzige Grenze, die ich gezogen habe und auf die sich beide Seiten leicht einigen konnten, war, dass wir die Platten selbst machen können, wenn wir uns dafür entscheiden ... Was nicht kaputt ist, soll man nicht reparieren. Wir haben das große Glück, ein so tolles Team zu haben. Ich muss allerdings sagen, dass ich ihnen sofort unsere sozialen Medien überlassen würde.
Was ist das Wichtigste, das DIY dich für dein Leben außerhalb der Band gelehrt hat?
Das sind Beharrlichkeit und die Fähigkeit, Dinge abzugeben. Es gibt nicht viele Leute, die uns während unserer Karriere geholfen haben, aber es gibt ein paar, und die haben unser Leben verändert. Sei es durch ihre Connections oder einfach nur durch die Möglichkeit, von ihren Erfahrungen zu profitieren, wir sind ihnen für immer zu Dank verpflichtet und werden die gleichen Maßstäbe an uns selbst ansetzen. Der Teil mit der Beharrlichkeit ist ziemlich selbst selbsterklärend. Egal wie schwer es wird, egal wie müde ich bin, jetzt aufzugeben würde ich mein Leben lang bereuen.
Und was ist dein wichtigster Tipp für Bands, die gerade erst anfangen und irgendwann vom DIY frustriert sind?
Weitermachen und sich nicht unterkriegen lassen. Wir sind eine unter Vertrag stehende Band mit Management und einem Agenten, aber es ist noch lange nicht bequem geworden. Du musst Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen, um dorthin zu gelangen, wo du hin willst. Vielleicht fällt es dir schwer, Content zu erstellen, oder vielleicht ist es das Spielen vor mehr als fünf Leuten. Vielleicht besteht dein Unbehagen darin, nur ein paar Dollar zu verdienen. Setz dich auf den Hosenboden und leiste gute Arbeit. Geschäftlich gesehen? Solange du nicht bis zum Hals in Arbeit steckst, brauchst du weder ein Label noch einen Manager oder Agenten. Glaub mir, wir haben sehr lange durchgehalten, und erst als ich vor Erschöpfung geweint habe, haben wir nachgegeben. Jetzt haben wir die beste Crew hinter uns, die sich eine Band wünschen kann.
© by Fuze - Ausgabe #109 Dezember 2024 /Januar 2025 2024 und Dennis Müller