Veni, vidi, Whisky

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Saufen, aber richtig

Zu jeder Musik gibt es ein richtiges Getränk und viele falsche. Im Laufe der Jahre musste ich feststellen,

dass zu vielen Bands einfach kein Bier passt, bei einigen sogar nicht einmal eine laktosefreie Milch, aber das ist ein anderes Thema. Wie oft hatte ich den Wunsch, ein adäquates Getränk in der Hand zu halten, um den Genuss von Auge und Ohren mit Nase und Mund zu vervollständigen, was in manchen Fällen zumindest für die Nase eine Erleichterung gewesen wäre?


Vor allem komplexe Musik, Doom, Crust und apokalyptischer Endzeitsound erschienen mir zunehmend unpassender zur Handwerkerbrause. Was, wenn die Apokalypse am nächsten Tag dann doch wieder nicht eingetreten ist? Mit dickem Kopf aufgrund mangelnder Braugüte aufzuwachen, ist auf Dauer keine Option. Wohingegen von Whisky Kopfschmerzen zu bekommen ein nahezu unmögliches Kunststück ist. Womit wir beim Thema wären und beim entsprechenden Notstand, denn den meisten Lokalitäten mangelt es nahezu allen an einer guten Whiskyauswahl. Zeit, eine kleine Reihe in der alten Tradition der Biertests zu starten, nur dass wir uns hier keine Plörre hinter den Würgereflex zwingen.Wer jetzt denkt: „Igitt, Whisky, schmeckt ja alles gleich nach Rauch und Asche“, begibt sich auf dasselbe Niveau wie alle, die Punk und Hardcore automatisch mit „Krach“ gleichsetzen. Kommt dir bekannt vor? Stimmt nicht?! Eben! Dasselbe gilt auch für Whisky, denn es gibt für nahezu jeden Gaumen etwas zu entdecken, nicht nur für die Wagemutigen, die auch eingenässte Aschenbecher heimlich mit der Zunge auslecken. Wer wissen will, wie man Whisky herstellt, kann das bei Wikipedia nachschlagen: Aus immer denselben Zutaten entsteht auf wundersame Weise eine reiche Variation an verschiedenen Geschmäckern, die einen näheren Blick durchaus wert sind.

Es gibt kein „gut oder schlecht“, schließlich sind die Geschmäcker verschieden.

Wir begegnen uns ja auch nicht ständig alle auf denselben Konzerten oder kaufen alle dieselben Platten. Hier geht es um erschwingliche Single Malt Whiskys (bis 40 Euro die Flasche) aus aller Welt, um Genuss und die Parallelen zu Platten, Bands und die Szene der kleinen Welt, die wir kennen und schätzen. 40 Euro sind keine Unsumme Geld, weil wir hier nicht von einem Grundnahrungs- sondern von einem Genussmittel reden. Wenn es dir nur ums Zuschädeln geht, ist ein Jackie-Cola mit Eis vielleicht die bessere Wahl für dich. Wer sich schon einmal für fünf Minuten informiert hat, weiß, dass wir uns in der Welt des Edelsprits im unteren Preissektor bewegen, für den es nach oben keine Grenzen gibt. Unter 30 Euro geht es natürlich auch, aber dann ist das wie mit dem Hühnchen aus ungeklärter Herkunft für 1,99. Man kann auch viel Geld liegen lassen, aber man muss keine 120 bis 300 Euro hinblättern, um seinen Geschmacksknospenhorizont zu erweitern. Wir wollen genießen, das heißt ein Glas Whisky zu einer Platte, nicht zu jedem Stück. Single Malt, weil Blended Whiskys die McDonald’s ihrer Gattung sind. Sie schmecken immer und überall gleich und bedienen kaum Extreme. Sie sind der weichgespülte Pop-Punk unter den mindestens drei Jahre gelagerten Getreidebränden (Ausnahmen bestätigen wie so oft die Regel).

Worin besteht der tatsächliche Spaß und Genuss?

1. Riechen!

2. Schmecken ...

3. Suchen!

4. Nachklang. Eventuell 1-3 Tropfen Wasser!

5. Erneut Riechen, Schmecken, Suchen und Abgang

Um das zu verstehen, gibt es ein paar einfache Grundregeln zur Einführung. Whisky, ist wie jeder hochwertige Alkohol eine Spirituose, die man schmecken sollte. Jeder Alkohol, der dir eiskalt, in einem gefrorenen Glas oder in einer Flasche serviert wird, die aus dem Tiefkühler kommt, ist beschissener Alkohol, den du vermeiden solltest. Spirituosen, die du auch warm genießen kannst, ohne dass sie Würgereflexe auslösen, sind gute Spirituosen. Langsam trinken! Nur schlechten Schnaps „verhaftet“ man. Warum trinken Leute Zeugs, das sie sich kurz hinter die hohle Birne kippen, anschließend das Glas auf den Tisch hauen, um sich dann zu schütteln wie ein nasser Hund? Ganz bestimmt nicht, weil es schmeckt.

Riechen

Einer der verkümmertsten Sinne ist unser Geruchssinn, der tagtäglich mit harten Abgasproben und unexotischen Ausdünstungen anderer Menschen konfrontiert wird. Um uns zu erinnern, was für ein leistungsfähiges Organ unsere Nase ist, einen Whisky in ein geeignetes Glas einschenken (bauchige, tulpenförmige Nosinggläser helfen dir, für den Anfang tut es aber auch der Cognacschwenker aus dem Erbteil deiner Eltern), mit der Hand erwärmen, damit sich die Aromen lösen, und dann vorsichtig reinriechen. Wenn du es falsch machst, wird du es schnell merken, weil du danach dann erst einmal gar nichts mehr riechst. Bei einigen Whiskys, vor allem den rauchig-torfigeren und stärker abgefüllten, wirkt die Hinzugabe vor zwei bis vier Tropfen Wasser wahre Wunder. Die Geruchsnoten verändern sich und einige blühen in der Nase und am Gaumen auf, wie eine Pflanze in der Wüste nach einem Regenguss.

Schmecken

Nicht alles auf einmal trinken, sondern langsam eine kleine Menge auf der Zunge und im ganzen Mundraum zergehen lassen. Du wirst erstaunt sein, welche Geschmacksnerven sich beim einen oder anderen Whisky nach jahrelanger Untätigkeit wieder zu Wort melden. Der erste Schluck kann durchaus brennen, tut es das nach dem zweiten auch noch, hast du sehr wahrscheinlich Mist erwischt. Die Zugabe von einigen Tropfen Wasser wirkt wie gesagt mitunter Wunder. Um den Unterschied feststellen zu können, solltest du allerdings ohne Wasser beginnen. Versuche herauszufinden, was für Geschmäcker du entdecken kannst. Obwohl die Grundzutaten übersichtlich sind, ist es erstaunlich, welche Dinge man manchmal finden kann, die man dort eigentlich nicht erwarten würde. Trau dich ruhig „Bratapfel“, „Karamell“ oder „Blaubeere“ zu sagen. Wenn du es schmeckst, ist es auch da.

Abgang

Bevor du nachkippst, genieße den Nachklang auf der Zunge. Manche verweilen nur kurz, andere bleiben länger als der letzte One-Night-Stand nach dem Kuscheln. Einige entfalten erst hier ihre Faszination.

Armorik Double Maturation

Ja, die Franzosen, oder besser die Bretonen, die aufgrund des Klimas ja fast schon halbe Schotten sind, haben ein Händchen für erstklassigen Whisky (im Gegensatz zu vielen Landsleute aus dem Elsass, deren Experimente ich irgendwo in der Nähe von Autopolitur ansiedeln würde). Im Geruch Sherry, Äpfel und andere Früchte, geschmacklich sehr intensiv auf der Zunge und lang im Abgang. Das heißt, dass du von einem Schluck durchaus lange etwas auf der Zunge hast, mit dem du dich geschmacklich auseinandersetzen kannst, weil du dich garantiert nicht traust, an Schokolade zu denken, aber wir üben ja noch. Ein sehr schönes Getränk, wie fast alle aus dieser Destille, zu dem ich als Musik TRAGEDY empfehlen möchte. Wenn du das Glas mit Wasser ausspülst und nochmals daran riechst, wirst auch du die grünen Äpfel riechen. Eine relativ junge Destille mit hohem Suchtfaktor im etwas gehobenen Preissegment, die aber keinen Mist braut.

Laphroaig Quarter Cask

So wie eine „Never Mind The Bollocks“ in jede Punkbutze gehört, gehört mindestens ein Laphroaig in jedem Whiskyhaushalt. Aus dem reichhaltigen Angebot der Brennerei ist der Quarter Cask ein ziemliches Schnäppchen. Wie die meisten Islay-Whiskys ist er intensiv torfig, hat leichte Salznoten im Geruch, ist aber im Gegensatz zu anderen erstaunlich süß und profitiert enorm von ein paar Tropfen Wasser. Wer möchte, kann braune Bananen riechen oder eben sehr viel süßen Torf. Hält sehr lange im Mund an, ist dabei angenehm warm und leicht ölig am Gaumen. Hier können wir als Einsteiger mit der richtigen Dosierung von Wässerchen üben. Ein Laphroaig passt hervorragend zu KRIEGSHÖG. Unser Geld geht dabei direkt nach Japan zu Suntory, die sich die Brennerei vor ein paar Jahren einverleibt haben. Dieselben Japaner übrigens, denen seit 2014 mit Jim Beam auch der amerikanischste aller Bourbons gehört. Willkommen in der verfluchten Welt der Globalisierung.

Ardmore Tradition

Ein Highlander, der im Gegensatz zu seinem billigen Bruder „Legacy“, etwas mehr kann. Dafür gibt es das Brüderchen allerdings auch schon für 22 Euro, und selbst von dem wird einem nicht schlecht. Ein ungestümer Bursche, ohne Altersangabe, was Rückschlüsse darauf zulässt, dass das Durchschnittsalter nicht allzu hoch liegt. Schön cremig, weich in der Nase, dafür beschäftigt er mit leichtem Torf, öligen Gewürzen und seinen Vanillenoten so gut wie alle Rezeptoren im gesamten Mundraum. Eine Brennerei ohne allzu vielen „fancy“ Scheiß (dazu mehr in einer der nächsten Folgen). Passt hervorragend zu dreckigen Bands wie WARTHOG, VAASKA oder den IMPALERS.