VENI, VIDI, WHISKY

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„Leaving on a negative note“

Willkommen zum ultimativ letzten Zusatzteil dieser Serie, getreu dem Motto „leaving on a negative note“,
bei der wir uns ausschließlich der dunklen Seite der Macht widmen wollen, schließlich gibt es auch beim Whiskytrinken einige unschöne Dinge, die wir nicht verheimlichen möchten. Soll am Ende keiner sagen, er sei nicht gewarnt worden.


Wenn du kannst, meide stereotype Tastings, bei denen der Gastgeber sich mit hinlänglich bekannten Flaschen ausschließlich an einer Region abarbeitet und als übergewichtiger, schwer atmender Typ entpuppt, der zu seinen bleichen Gräten einen Schottenrock trägt. Die digitalisierte Diasammlung der letzten Schottlandreise mit Besuch einer Militärparade (Tattoo) wird von dieser Spezies zu Dudelsackmusik über Laptop und Beamer abgespielt, und wenn sich der Mann setzt, betest du jedes Mal, dass er unter dem Rock etwas trägt. „Die Bücher zum Thema sind auch nicht das Gelbe.“ Wer nach Reviews aus Bilderbüchern und Liquidporn-Fachzeitschriften Whisky kauft, stellt sich auch seine Plattensammlung anhand der Reviews aus dem Mint-Magazin zusammen, so dass die am Ende toll gepresst ist und schöne Cover hat, aber musikalisch keine erkennbare Handschrift trägt. Nah dran: selbsternannte Whiskypäpste mit Alkoholproblem, zu erkennen an den großen Poren auf der Nase und dem Zittern, das erst nach dem zweiten tiefen Schluck (du 2 cl Nosing, er einen vollen Tumbler) nachlässt. Sein Pendant: Teilnehmer von Probierrunden, die dank ihres absoluten Gaumens Dinge schmecken, auf die man im Traum nicht kommen würde, wie verschollene Gewürzmischungen aus dem Sudan, Kräuter, die ausschließlich auf den Kapverden wachsen, oder eindeutige Spuren einer eingelegten, fermentierten und dann karamellisierten Schuppenflechte. Dieselben Menschen haben selbstverständlich auch schon den einen oder anderen legendären unbezahlbaren Tropfen verkostet oder ihn im Bedarfsfall auch in der „privaten“ Hausbar stehen. Warum sich solche Typen auf Tastings und Veranstaltungen herumtreiben, die eigentlich weit unter ihrem erlauchten Niveau liegen, bleibt ihr Geheimnis. Vielleicht haben sie ja eine Mission.

Jack Daniel’s
(sehr gerne mit Cola und Eis)

Der flüssige Soundtrack für Onkelz-Existenzen oder eben MANOWAR-Fans. Letztere müssen leiden, weil ich keinen Bock auf unsinnige Diskussionen habe. Früher hieß es, „Wer Reval raucht, isst kleine Kinder“. Passt leider nicht bei Whiskey (!) aus den USA, dessen Verkauf dort, wo er hergestellt wird, nur mittels einer Sondergenehmigung möglich ist, weil in diesem County der Alkoholverkauf eigentlich verboten wurde. Klassische Mitbringsel von „Freunden“, die an der Tanke halten mussten, um sich dort mit Kippen einzudecken, aber keine Blumen mitbringen wollten, und dann meinen, was gefunden haben, weil man doch so gerne Whiskey trinkt. „Red Stag mit Kirsche ist doch was Besonderes!?“ Die positive Seite von Jacky und Jimmy? Ihr Fässerverschleiß, der die eigentliche Whiskyindustrie speist, und die Tatsache, dass man sie tatsächlich mit Eis und Cola trinken kann, an besonderen Tagen, wegen des Geschmacks gerne auch mal mit einer Pepsi oder Fritz-Cola.

Owen/Tecker ...
Schwaben können alles außer Hochdeutsch. Von wegen! Das größte Problem der Westbayern (Obstbrenner auf der Suche, wie Gary Numan in den späten Achtzigern, SSD auf Metal oder DISCHARGE 1985/86) ist, dass sie nix wegwerfen können, insbesondere beim Whisky. Im Gegensatz zu normalen Brennereien, die auch mal ein gammeliges Fass ins Meer kippen können, wird aufgrund der geringen Produktionsmenge nichts vernichtet, was man nicht auch noch verkaufen könnte. Daher stammen zwei meiner schlimmsten Geschmackserlebnisse von Owen und Tecker (die Bilder sind lediglich Serviervorschläge). Der braune Owen, den wir verkosteten, roch und schmeckte original nach feuchten, vergammelten Walnüssen. Beim 18-jährigen Tecker waren wir uns nicht einig, ob es ein altes Einmachgummi oder eine verkohlte Alufolie mit verbranntem Gemüse aus dem Holzgrill war, das auch nach dem dritten Nachspülen immer noch nicht verschwinden wollte. Nie unverkostet kaufen!

Hepp oder Tiroler Whisky
und andere Urlaubsmitbringsel ...
Wie schön, dass du ein neues Hobby hast. Dennoch: wenn du unerwartet auf fremdem Boden auf eine lokale Interpretation des Wassers des Lebens stößt, das nicht ver-, nur „kostbar“ ist, lautet die Antwort nein! Hüte dich vor Spontankäufen wie Korklatschen oder Strandtüchern, die du daheim doch nie trägst, und Whisky, den du in Urlaubsstimmung einsackst, obwohl dir sogar die regionale Küche auf den Magen geschlagen ist. Ausdrücklich möchte ich vor korsischem Whiskyimitat und Hepp aus dem Elsass warnen, den es nur in Touristenläden gibt. Der Tiroler wird sicher gut, wenn er noch zwanzig oder dreißig Jahre in irgendwas lagert, aber so? Vergleichbar mit all den weniger guten Platten von Neil Young, auf die er eigentlich keinen Bock hatte (aber trotzdem singt). Immerhin ein guter Gesprächsstoff für Exotenliebhaber und alte Männer ohne Sexlife, die sich dafür mit Brennblasen extrem gut auskennen. Fun Fact: Online wäre es billiger gewesen.

Panikkäufe vom Weihnachtsmarkt
Kann grundsätzlich alles enthalten, nie etwas wirklich Besonderes, stammt dafür meistens aus unpraktischen Glasballons, die von Hand abgefüllt und in der Regel zwischen dem 22. und 24.12. von heißen Kandidaten auf der Enterbungsliste panisch auf einem Weihnachtsmarkt gekauft wurden. Der Inhalt der Phiolen ist, als würde man seine Lidl-Taschentücher ausschließlich in der Apotheke oder sein Nutoka in Winzportionen beim Feinkostladen kaufen. Sieht mit der Handbeschriftung toll aus und macht optisch durchaus was her, ist aber dann doch nur wie die späten MISFITS (ohne Glenn-Doyle-Robo) eine Mogelpackung, bei der 100 ml Teeling zum Preis einer 0,7-l Flasche über den Tresen gehen. Und ja, schlecht verkorkter Whisky kann kippen! Mindestens so unnötig wie „original irische Glaspipetten“ oder besonders schnell einstaubende Glaskaraffen, in denen der umgefüllte Whisky schneller verdunstet als in der Flasche, aber eben ein prima Geschenk zu Weihnachten, das keine Sau braucht.

Jameson, Bushmills ...
Stoff für echte „Kenner“, deren Geschmackshorizont bei Leibspeisen nicht über Pfannkuchen und Spaghetti mit Tomatensauce hinausgekommen ist, und sich damit auf dem Niveau eines Zehnjährigen bewegt. Erste Wahl des „Dabeisein ist alles“-Typs, der analog zum weltreisenden Heimscheißer auch im letzten Winkel dieser Erde nichts isst, was er nicht kennt. Eine seltene Gattung von Messebesuchern, die sich auf internationalen Veranstaltungen ein Ticket kaufen, um sich dann durch Whiskys zu probieren, die sie ohnehin schon kennen, oder inmitten von tausend verschiedenen Möglichkeiten eine Flasche Jameson kaufen, um diese vor Ort zu verhaften (erlebt!). Solche Menschen gehen auch in ein Drei-Sterne-Restaurant und bestellen sich dort eine Portion Pommes mit Mayo. Man fragt sich, warum man das selber im Schrank hat, analog zu Soundtracks, deren Herkunft und Verbleib man einfach nicht erklären kann. Waren wahrscheinlich aber doch nur Gastgeschenke.

Sikkim
Beurteile Alkohol stets nach der Form seiner Flasche! Ist sie besonders auffällig, Finger weg! Das gilt für überteuerten Wodka in Maschinengewehrflasche, Schnaps in Pumps und ganz besonders für indischen Whisky in dolchförmigem Glas, der in einer Styroporumverpackung geliefert wird. Sieht toll aus, riecht aber schon schlimm und brennt dabei wie russischer Flugzeugtreibstoff oder das blaue Zeug, das man im Winter in die Scheibenwischanlage kippt. Fazit nach der ersten und zweiten halbblinden (kann doch nicht sein) Verkostung: Damit kann man allenfalls Fenster putzen respektive Lackreste von schlecht gestrichenen Fensterrahmen abbeizen. Soundtrack dazu: „Klassiker“ wie die COTZBROCKEN oder ÄTZER 81. Landläufig nennt man so etwas Kochwhisky, den man zur Not in Marmelade kippt oder allenfalls zu Seife verarbeitet. Einziges Problem bei der Seife: Wer riecht frisch gewaschen schon gerne nach altem Säufer, der die Nacht in seinen Klamotten gepennt hat?