Auch nicht in Krisenzeiten. Wie UNREDD sich auf ihrem zweiten Album „Second Self“ präsentieren, zeugt von Reife und einem ausgearbeiteten Konzept. Drummer Julien verrät uns, wie die Band vom Bodensee arbeitet und dass dabei vor allem eines nicht auf der Strecke bleiben muss: der Spaß an der Musik.
Schon während der ersten Takte wird klar, dass UNREDD es ernst meinen. Für ein zweites Album einer noch recht jungen Band ist „Second Self“ mächtig ambitioniert und gut durchdacht. „Wir haben textlich und musikalisch eine Menge Verknüpfungen durch das ganze Album gebaut“, erklärt mir Drummer Julien. „Das ganze Album ist in sich geschlossen. Wenn du zum Beispiel genau hinhörst, erkennst du, dass der Anfangsakkord auch der Schlussakkord ist, und auf genau diese Feinheiten sind wir besonders stolz. Es gibt insgesamt eine ganze Menge zu entdecken.“
Musikalisch und textlich sind UNREDD mit „Second Self“ große Schritte gegangen. Aber wie fühlt sich die Entwicklung seitens der Band an? „Wir nehmen ja alles selbst auf und sind für alle Schritte der Entstehung selbst verantwortlich. Und da wir das nun zum zweiten Mal alles machen, merken wir natürlich, wie alles ein wenig einfacher wird. Es hört sich vielleicht abgedroschen an, aber es wird alles erwachsener. Wir haben uns an unseren Instrumenten und auch in den anderen Bereichen merklich verbessert. Dabei macht uns jeder einzelne Arbeitsschritt Spaß und es ist schön, alle Bereiche selbst in der Hand zu haben. Unser Gitarrist Rob ist zum Beispiel auch gelernter Soundtechniker. Und klar, wenn man alles selbst macht, dann gibt es auch kein Stopp nach der fünften Korrekturschleife.“ Genau diesen Perfektionismus und diesen Spaß an der Sache merkt man „Second Self“ an.
„So einen typischen Aufnahmetag gab es da bei uns gar nicht. Für ‚Second Self‘ haben wir uns für zehn Tage in einer Ferienwohnung eingeschlossen, jeder mit einem eigenen Monitor vor sich, jeder an einem eigenen Projekt am werkeln. Und da wir alle beisammen waren, konnte sich auch jeder unmittelbar in jedes Projekt mit einbringen.“ Der Zusammenarbeit von UNREDD hat dies sicherlich gutgetan, denn man hört der Platte an, dass die Band sich einig ist und geschlossen hinter dem Produkt steht.
Für den Videodreh zu „The phoenix theory“ haben die Jungs dann ebenfalls keine Mühen gescheut „Es waren nur sechs Grad und unser Sänger Nico rannte bloß im Longsleeve im Freien herum und ließ es auch noch über sich ergehen, dass ich ihm für den dramatischen Effekt Wasser über den Kopf goss.“
Mit „Second Self“ beweisen UNREDD eine ganze Menge Ambition, Talent und zeigen uns den Willen, für den eigenen Erfolg hart und ausdauernd zu arbeiten. Das Konzept aus Band, Optik, Musik und textlichen Verknüpfungen wirkt äußerst stimmig. Dass die Jungs aus Konstanz die Sache mit ihrer bodenständigen und gelassenen Attitüde abrunden, macht UNREDD nur noch sympathischer. Und all dem merkt man die Grundstimmung der Band an. Julien bringt es wie folgt auf den Punkt: „Nicht versteifen! Einfach Spaß an der Musik haben.“ Spaß und die nötige Ernsthaftigkeit schließen sich dabei nicht aus. Beweisstück hierfür ist „Second Self.“
© by Fuze - Ausgabe #82 Juni/Juli 2020 und Marvin Kolb
© by Fuze - Ausgabe #82 Juni/Juli 2020 und Marvin Kolb