Tyler Oleson ist der zuverlässige Motor im Sound von MODERN LIFE IS WAR und fällt insbesondere durch seinen ebenso tighten wie unaufgeregten Stil an den Drums auf. Anscheinend gibt es nichts, was ihn – selbst während der wildesten Hardcore-Show – aus der Ruhe bringen könnte. Auch hinter den Kulissen ist er ein eher gemütlicher Zeitgenosse. In Leipzig freute er sich über 900 im Vorverkauf verkaufte Tickets, den somit größten Zuschauerzuspruch der ganzen Tour, und war gern bereit, über seine Geschichte als Schlagzeuger zu plaudern.
Tyler, hattest du als kleiner Junge schon Ambitionen, später mal Schlagzeuger zu werden?
Ja, dafür gab es wohl tatsächlich schon erste Anzeichen, denn ich hatte im Alter von zwei bis drei Jahren bereits ein kleines Spielzeugschlagzeug für Kinder, auf dem ich offenbar sehr häufig herumgehämmert habe. Wahrscheinlich waren meine Eltern damals der Meinung, dass ich ein Schlagzeug brauchte, damit ich nicht immer auf den Möbeln in unserer Wohnung herumtrommle. Zehn Jahre später habe ich mit 13 mein erstes richtiges Set bekommen und seitdem spiele ich ohne große Unterbrechungen immer Schlagzeug.
Hast du von Beginn an allein geübt oder hast du auch Unterricht bekommen?
Ich habe eigentlich immer für mich allein geübt, bis ich dann mit zehn oder elf Jahren in der Schule Schlagzeugunterricht hatte. Von da an habe ich in der Schule in der Marchingband und auch im Schulorchester gespielt, so dass ich eigentlich immer viel Übung hatte. Zu Hause habe ich dann zusätzlich noch viel geübt, um immer besser zu werden.
Spielmannszüge sind in Deutschland eigentlich nicht sonderlich beliebt, aber in den USA scheint die Marchingband eine wirklich große Sache zu sein, denn viele US-Drummer haben da angefangen zu trommeln. Kannst du das bestätigen?
Ja, das ist absolut richtig. Jede Highschool hat ihre eigene Marchingband und in unserer Band haben damals um die 200 Schüler gespielt. Die Band hatte unheimlich viele Auftritte, so zum Beispiel als Auftakt und in der Halbzeit bei jedem Football-Spiel der Highschool-Mannschaft. Da ist man ständig gefordert und das Gute daran ist, dass man jedes einzelne Schlagzeuginstrument spielen lernt. Eine Zeit lang habe ich zunächst Snaredrum gespielt, dann habe ich zu den Rototoms gewechselt, die man auf so einem Gestell vor sich herträgt, und später kamen dann auch noch die Bassdrum und die Becken an die Reihe. Die Ausbildung war also sehr umfangreich. Das ist sicherlich vielen Punk- und Hardcore-Drummern ähnlich gegangen, da bin ich ganz sicher.
War dir schon zu Schulzeiten klar, dass du unbedingt Drummer werden wolltest, oder hast du auch mal ein anderes Instrument in die Hand genommen?
Nein, tatsächlich habe ich nie ein anderes Instrument gelernt oder mich dafür interessiert. Ich habe von Kindesbeinen an getrommelt und als ich mit 15 anfing, in Bands zu spielen, war die Sache sowieso klar für mich.
Welche Bands haben dich in deinen Anfangstagen beeinflusst und zu welchen Platten hast du getrommelt?
Zu Beginn habe ich METALLICA sehr gemocht und habe versucht, die Drumbeats von Lars Ulrich nachzuspielen. In meinen Teenagerjahren kamen dann viele Punkbands dazu, deren Platten ich rauf und runter hörte, aber eigentlich habe ich nie wirklich irgendwelche Platten nachgespielt, sondern immer versucht, für mich allein zu spielen, und meine eigenen Beats zu entwickeln. Das hat mir immer am meisten Spaß gemacht.
Welche Bands haben dich später in deinen Teenagerjahren geprägt?
Das waren natürlich sehr viele, aber PENNYWISE, NOFX, LAGWAGON, DESCENDENTS, ALL und BLACK FLAG könnte ich schon besonders herausheben. Also irgendwie alle „klassischen“ Punkbands, die damals aktiv waren.
Gab es damals in Marshalltown schon eine eigene Szene, oder war es schwierig, Leute für eine Band zu finden?
Einige meiner Freunde von MODERN LIFE IS WAR hatten damals schon eine Punkband, zu deren Shows ein paar hundert Leute kamen. Diese große Gruppe von Leuten hat damals die Szene um sich herum selbst begründet und am Laufen gehalten. Es gab also schon Shows und Leute, die hingingen, so dass es relativ einfach war, Leute für eine Band zu finden. Meine erste Band war auch die erste Band von unserem Sänger Jeffrey, und seit dieser Zeit haben wir eigentlich immer zusammen gespielt. Die Band hieß damals FIGHT AGAINST TIME und unser Ziel war es, möglichst viel live zu spielen.
Mit MODERN LIFE IS WAR seid ihr dann richtig durchgestartet. Hast du da noch die Zeit für irgendeine Berufsausbildung gehabt?
Das war wirklich schwierig, denn wir haben damals 24 Stunden am Tag für die Band gelebt. Ich habe immerhin meine Schulausbildung abgeschlossen, aber wenn wir mal nicht auf Tour waren, dann habe ich Pizza ausgefahren. Aber es waren so drei oder vier Jahre, in denen ich außer MODERN LIFE IS WAR nichts gemacht habe, weil wir ständig unterwegs waren. Als uns das dann zuviel wurde, haben wir uns ja für einige Jahre aufgelöst und heute betreiben wir die Band sozusagen nur noch als Teilzeitjob. Wenn wir von der Tour wieder nach Hause kommen, begebe ich mich also stets auf die Suche nach einem neuen Job.
Warst du in den Jahren eurer Pause in anderen Bands aktiv?
Ich habe mit John zusammen in einer Coverband gespielt, mit der wir so zum Spaß LED ZEPPELIN, AEROSMITH und solche Songs in Bars und Kneipen gespielt haben. Keine große Sache, aber das hat Spaß gemacht und hat mich als Drummer fit gehalten. Eine wirkliche neue Band haben wir nicht gegründet, denn dafür waren die richtigen Leute bei uns zu Hause irgendwie nicht aufzutreiben. Viele Leute, die wir von früher kannten, waren mittlerweile auch fortgezogen, so dass irgendwie die Basis dafür fehlte.
Könntest du dir vorstellen, in einer anderen Band eine total andere Musikrichtung zu spielen?
Also ich könnte mir schon vorstellen, in jeder Art von Band zu spielen, aber solche Möglichkeiten haben sich bisher einfach nicht ergeben. Ich kenne bei uns in Iowa auch keine Band, die als Vollzeitband aktiv ist und von ihrer Musik leben könnte. Für so eine Chance wäre ich aber jederzeit offen, denn mit Schlagzeugspielen das Geld zum Leben verdienen zu können, wäre schon eine schöne Sache.
Gibt es heute noch irgendwelche Drummer, die dich beeinflussen?
Dave Grohl zu einem großen Teil und auch Taylor Hawkins von den FOO FIGHTERS mag ich sehr. Bei Mike Bordin von FAITH NO MORE finde ich den tiefen Sound super, den er mit seinen großen Toms erzeugt. Das ist wirklich großartig.
Wie würdest du deinen eigenen Sound beschreiben?
Für mich ist es wichtig, den Sound einfach und überschaubar zu gestalten. Ich mag es nicht, hektisch und zu aufgeregt zu spielen. Ich schätze es sehr, den Fokus auf die Musik zu legen und nicht mich in den Mittelpunkt zu stellen. Ich unterstütze also die Musik durch mein Spiel und versuche nicht, durch viele Gimmicks oder Breaks den eigentlichen Song zu zerstören. Es sollte immer genug Platz für die einzelnen Instrumente bleiben, um durchscheinen zu können.
Spielst du lieber live oder magst du auch die Arbeit im Studio?
Das sind zwei so völlig unterschiedliche Dinge, dass sie schwer vergleichbar sind. In einem Studio zu spielen, ist schon toll, weil man da seine eigenen Beats in höchster Qualität hören kann und es macht Spaß, den Prozess bis hin zum Endprodukt genau verfolgen zu können. Die Arbeit im Studio kann aber auch sehr frustrierend sein, denn manchmal musst du auch einen Part zehnmal spielen, bis er endlich so gelungen ist, wie er sein sollte. Immer und immer wieder wiederholst du Parts, bis du endlich mit ihnen zufrieden bist. Live auf der Bühne zu spielen, ist natürlich großartig, weil du die Reaktionen der Leute auf deine Musik ganz direkt zu spüren bekommst. Beides ist total unterschiedlich, aber es macht mir beides großen Spaß.
Gibt es von euren Alben eines, welches du aus der Sicht des Drummers besonders hervorheben würdest?
Ich glaube, dass viele Leute unser Album „Witness“ besonders mögen. Zu dieser Zeit waren wir unglaublich kreativ und die Ideen flossen nur so aus uns heraus, so dass dieses Album vielleicht für die Geschichte der Band das wichtigste war. Aber für mich selbst ist das neue Album „Fever Hunting“ ebenso wichtig, denn der Drumsound ist unglaublich gut und ich bin von der Qualität der ganzen Aufnahme sehr begeistert. Die Songs sind gut und so hat dieses Album eine ganz spezielle Bedeutung für mich.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #121 August/September 2015 und Christoph Lampert