2010 jährt sich zum 20. Mal die deutsche Wiedervereinigung. Davon inspiriert, sah ich mich mal in der Gegend der „neuen Bundesländer“ nach Vertretern der Ska-Szene um. Den Dialog für diese Ausgabe führte ich mit Posaunist Thomas von YELLOW UMBRELLA, Sänger Kay von YELLOW CAP und Bassist Franz von den TORNADOS.
Los geht’s mit den TORNADOS, die seit 1995 aktiv sind und deren Mitglieder aus Leipzig, Halle und Dresden kommen. Zum 15-jährigen Jubiläum gab’s auch wieder was Neues auf die Ohren. Auf Höhnie Records erschienen mit „Gleich knallt’s, Django!“ fünf neue Stücke auf 10“-Vinyl. Die TORNADOS sind eine echte Partyband, ihre Texte sind meistens auf Deutsch und sie bedienen sich neben Ska auch anderer Retro-Genres wie Surf, Soul oder Rock’n’Roll. Seit 1995 gab es an die vierzig(!) Besetzungswechsel, so dass die Bandstärke zwischen acht und zwölf MusikerInnen schwankt. Lediglich Bassist Franz kann man noch zum Urgestein der TORNADOS zählen. Seit 1997 ist er dabei, arbeitet neue Mitglieder ein und begrüßt das auch, weil für ihn dadurch schließlich auch immer wieder frischer Wind in die Band kommt. Auch Franz selbst sorgt seit Jahren für Leben in der deutschen Ska-Szene. Mit dem damaligen Gründungsmitglied Jörg veranstaltet er seit 1997 das über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Ska-Festival „This is Ska“ in der Wasserburg Rosslau. Außerdem kümmert er sich mit seiner Booking-Agentur FF Dabei um diverse Künstler.
Ex-TORNADO Jörg hingegen betreibt seit Jahren den Beat-Club in Dessau. Mit ihrem Engagement fördern sie die Szene und haben ein gutes Netzwerk aufgebaut. Im Prinzip hatten sie schon alles auf ihren Veranstaltungen, was in der internationalen Ska-Szene Rang und Namen hat. Ska stand schon immer für ein ganz klares politisches Statement, das auch für ihre Events immer eine bedeutende Rolle spielt: Love music, hate racism! So traten die TORNADOS auf unzähligen Benefiz- und Anti-Nazi-Konzerten auf, um ein eindeutiges Zeichen in Wort und Tat gegen Faschismus und Rassismus zu setzen. Da seit den Sechzigern die Subkultur der Skinheads die Ska-Musik unter anderem für sich entdeckt hat, aber es leider unter den Skins mittlerweile fernab von ihren traditionellen Wurzeln politisch äußerst extreme Ansichten gibt, distanzieren sich auch immer wieder Ska-Bands von diesem Teil ihres Publikums. Für den umtriebigen Franz, der seit Jahren ganz vorne im Geschehen mitmischt, sind Skinheads nach wie vor ein wichtiger Teil der Szene und des Publikums, ob nun aus der Perspektive als Musiker bei den TORNADOS oder des Veranstalters betrachtet. Deshalb merkt er an: „Abgrenzung und ein hin und wieder zu beobachtendes Verhalten als ‚Szenepolizei‘ sind weder der Musik noch der Szene zuträglich. Einige Mitglieder und Freunde der Band haben die Ska-Szene in Deutschland und insbesondere im Osten entscheidend mitgeprägt und sind froh über fast jeden, der mit uns feiert und die Musik liebt.“
Ska wird nicht nur von einem speziellen Publikum, sondern auch von den Medien und der dazugehörigen (kommerziellen) „Musikindustrie“ getragen. Seit den Sechzigern gab es nun fast in jedem Jahrzehnt eine mehr oder weniger große und intensive Ska-Welle, in der Offbeat mit gerade aktuellen musikalischen Einflüssen kombiniert wird, oft hart an der Grenze zum Mainstream. Davon und von Formatradio hält Franz aber nichts. Eine wesentliche Veränderung der letzten Jahre aus seiner Sicht ist allerdings, dass vor allem wieder traditionelle Bands in den Fokus geraten sind und die Verbindung mit anderen Musikrichtungen und Szenen dank diversen Veranstaltern und Labels stärker geworden ist. Aber über eine neue Welle frischer und junger Bands, darüber würde sich auch Franz freuen, schließlich haben sich die Voraussetzungen durch die neuen Medien für Bands und Veranstalter deutlich verbessert.
Franz empfiehlt aus jeder Dekade folgende Platte:
1960er: THE SKATALITES – „Ska Authentic“ | 1970er: THE SPECIALS – „s/t“ | 1980er: THE SELECTER – „Too Much Pressure“ | 1990er: V.A. – Ska Ska Skandal Vol. 1-4 | 2000er: THE AGGROLITES – „Dirty Reggae“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #93 Dezember 2010/Januar 2011 und Simon Brunner
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