TONMEISTEREI

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Mit Abstand die besten Aufnahmen

Nicht nur Bands, Clubs und Bookingagenturen sind von den Corona-Maßnahmen betroffen, sondern auch Tonstudios. Homerecording ist freilich nicht für alle Musiker:innen eine Option, die Studiosituation ist unverzichtbar, aber Nähe in diesen Zeiten ein Problem. Auch KONTROLLE aus Solingen sind damit konfrontiert, waren Ende 2020 aber dennoch im Tonstudio ihres Vertrauens, der Tonmeisterei in Oldenburg. Daraus ergab sich dieses Interview mit Tonmeister Role.

Role, stell dich und die Tonmeisterei doch eben vor.

Für mich war der kleine Weg des Tontechnikers wohl schon ziemlich früh vorbestimmt ... Es ging los, wie es vielleicht auch viele andere angegangen sind: eigene Hörspiele aufnehmen, Mixtapes für Mitschüler, Pseudo-Radiosendungen, Demo für die eigene Band produzieren, befreundete Band aufnehmen, etc. Irgendwann war klar, genau das will ich professionell machen. Zum Studieren bin ich dann für ein paar Jahre vom ländlichen Hatterwüsting nach Berlin gegangen. Das war kurz nach dem Mauerfall, als alles im Berliner Osten noch schroff und unpoliert war. Und günstig! Tolle Zeit. Die Liebe hat mich später aber nach Oldenburg zurückgeholt und 1996 habe ich dann mit meinem damaligen Mitbewohner Frank die Tonmeisterei gegründet. Kurze Zeit später wollte er sich aber mehr aufs Lehramtstudieren konzentrieren und ich habe mich dann allein durch den Selbstständigkeitsdschungel gehackt. Zeitweise durfte ich fünf Jobs gleichzeitig beackern, um mich über Wasser zu halten. Zeitschriften verteilen, Heißluftballons verfolgen, im Reparaturservice arbeiten, etc. Aber irgendwann lief das Studio ganz gut, so dass ich nicht mehr nebenbei jobben musste. Glücklicherweise läuft das bis heute so. Seit 2006 ist Henner mit an Bord und damit auch noch mehr Geschmacksvielfalt, Hirn und Brille.

Dass das Jahr 2020 bescheiden war, steht ja außer Frage. Welche Auswirkungen hatte das auf das Studio und eure Arbeit? Haben Bands und Labels aktuell überhaupt noch Geld fürs Studio?
Als die Corona-Krise im Frühjahr 2020 losging, war schon vieles ungewiss. Mittlerweile hat mensch sich ja an die Umstände gewöhnt ... Klar, finanziell war es nicht leicht, aber grundsätzlich kamen wir noch relativ gut durch. Derzeit sieht es zwar eher nicht ganz so rosig aus, aber zum Glück ist ja das Ende des Tunnels in Sichtweite. Im Vergleich zu unseren nur live arbeitenden Tontechniker-Kollegen können wir aber eher noch zufrieden sein, da wir noch nicht „hartzen“ müssen. Nur schade, dass wir die aktuellen Hilfen nicht in Anspruch nehmen können, weil es ja kein explizites Arbeitsverbot für Tonstudios gibt. Andererseits können gerade nur wenige Bands proben und das hat unseren Terminkalender doch schlagartig radikal ausgedünnt. Vieles ist jetzt erst mal in Richtung Frühjahr und Sommer verschoben. Im Prinzip scheitert das einfach daran, dass die meisten Bands nicht proben dürfen. Trotz dieser Umstände unterstützen wir aber die Maßnahmen! Keine Frage. Irgendwann ist der Corona-Scheiß ja auch wieder vorbei – so wie jetzt die verdammte Trump-Zeit!

Habt ihr in der letzten Zeit Bands aufgenommen und wenn ja, wie lief das? Also welche Maßnahmen zur Einhaltung der Hygienevorschriften habt ihr ergriffen, wie lief das mit den Behörden?
Wir hatten uns einerseits bei der IHK-OL und andererseits bei der Stadtverwaltung im direkten Kontakt schlau gemacht, was wie noch möglich ist, aber da die Vorschriften ja eher auf dynamischen Entwicklungen fußen, wurden wir immer an die Anweisungen des Landes Niedersachsen verwiesen. Dementsprechend haben wir dann Maßnahmen ergriffen, um allen Bands gute Abstandsmöglichkeiten zu gewähren, gut lüften zu können etc. Da die Tonmeisterei aber sowieso recht weitläufig ist, war das nun auch nicht so problematisch. Es kamen uns aber durch diese Restriktionen auch wieder neue Ideen, auf die wir zuvor so wohl nicht gekommen wären, so haben wir jetzt auch unser Aufnahmesystem etwas erweitert und alle Räume noch mehr miteinander vernetzt. Dadurch lässt sich auch überall im Haus ein Bildschirm anschließen, auf dem dann die Arbeit des aufnehmenden Desktops des Hauptaufnahmeraums direkt nachverfolgt werden kann. Das macht es jetzt noch komfortabler, Overdubs in getrennten Räumen anzugehen. Oder es können nun auch alle Bandmitglieder am Geschehen teilhaben, ohne dass sie direkt im Aufnahme- oder Regieraum sitzen müssen, während dort fleißig aufgenommen wird.

Die Tonmeisterei Oldenburg existiert ja jetzt seit gut 25 Jahren. Irgendeine lustige Geschichte, die du über die Jahre immer wieder auspacken kannst?
Oh, ich bin ja wirklich kein „Erzählbert“, aber eine Aufnahme aus den ganz frühen Tagen der Tonmeisterei kommt mir immer wieder mal in den Sinn: MILITANT LUMBERJACKS. Die Jungs kamen gleich mit vier Paletten Dosenbier ins Studio. Und während der Aufnahme hörte ich es dann auch arg rumpeln auf den Mikros. Auf Nachfrage meinerseits, was passiert sei: „Ooooch, daaas war nur Hooorst, er is’ umgefallen.“ Als es dem Sänger besser ging, durfte mein Halbbruder Sten mit seiner 67er-Stihl für sie ein Kettensägensolo einspielen. Die Jungs beobachteten das aus dem Regieraum und waren ganz aufgekratzt und aus dem Häuschen, euphorisch wie Kindergartenjungs. Schön! Danach mussten wir allerdings erst mal ein Stündchen Pause machen, weil die Stihl alles komplett zugenebelt hatte! Hmmm, eigentlich wär es ja wieder mal an der Zeit für ein paar Motorsägensoli! Weniger Gedüdel, mehr Kette!