Um die Kölner Punkband SUPERNICHTS ist es recht ruhig geworden und es ist Zeit, mal wieder zu konstatieren, dass es nicht super ist, so lange nichts mehr von SUPERNICHTS gehört zu haben. Wir fragten nach, und Sänger und Gitarrist Frank Franksen, der bürgerlich anders heißt, hatte unter anderem zum anstehenden zwanzigjährigen Jubiläum der Band einiges zu berichten.
Wie fing das alles noch mal damals an mit SUPERNICHTS und was plant ihr nun, kommt ein neues Album?
Wir vermehren uns derzeit so dermaßen, dass momentan für Musik relativ wenig Zeit bleibt. Aber irgendwo müssen die Fans ja herkommen ... Ein neues Album soll daher erst später dieses Jahr in Angriff genommen werden. Ein paar Songs stehen schon und man kann sagen, dass wir uns extrem weiterentwickelt haben. Die Songs sind im Durchschnitt zehn Sekunden länger als auf der letzten Platte. Das Bandjubiläum haben wir letztens standesgemäß mit einem Konzert im Sonic Ballroom gefeiert. Der Laden war ausverkauft, so dass wir genug Zielscheiben hatten, denen wir den Geburtstagskuchen von der Bühne aus vorn Kopp schmeißen konnten. War ein gelungener Abend mit vielen alten und neuen Bekannten, Freunden und Fans. Angefangen hat die Bandstory eigentlich 1989 bei der Bundeswehr. Beim damaligen Pflicht-Wehrdienst haben unser Sänger Harry Krischner und ich uns kennen gelernt. 1992 trafen wir uns beim Studieren in Köln wieder, als wir beide zum Saufen vor dem Unikiosk standen. 1993 war uns langweilig, so dass wir auf die Idee mit der Band kamen. Da trafen wir dann auch unseren Bassisten, Jim Pansen, der gerade zum Saufen vor dem Unikiosk stand. 2000 stieß dann unser jetziger Schlagzeuger, Achim Arschloch, dazu. Der Erfolg war unaufhaltbar.
Weißt du noch, wann euer letztes größeres Interview im Ox stattfand? 2002 ...
Ich glaube, das war nach Veröffentlichung der „Chaosübersehgenie“. Wir waren jung und brauchten das Geld ... Danach hat uns das Ox leider etwas vernachlässigt. Nicht aber in Sachen Plattenkritiken, die erfreulicherweise immer ganz gut waren.
Eure letzte Scheibe „Immer wenn ich musst du“ erschien 2010 als CD auf Impact Records und als limitiere LP auf Katakomben Rekordz. Wie lief der Abverkauf und wie seid ihr mit dem Album im Nachhinein zufrieden?
Sicher ist es heute generell schwer, Platten zu verkaufen. Insbesondere, wenn man nicht ständig spielt und die Platten dann auch noch so transportiert, dass die Hälfte schon vor dem Konzert im Arsch ist. Der Abverkauf lief aber sowohl als LP als auch als CD eigentlich ziemlich gut. Wir selbst hatten besonders am Anfang viele Bestellungen. Wir sind mit dem Album extrem zufrieden und glauben, dass es das bisher Beste war. Der Abstand zu den Vorgängeralben ist aber auch nicht so furchtbar groß, weil eigentlich alle ziemlich gut sind.
Zwanzig Tracks auf einer LP sind recht ungewöhnlich, allerdings nicht, wenn man weiß dass eure Songs nur ein bis zwei Minuten dauern. Hatte dieses Fallen von einem Song in den anderen dereinst mal musikalische Vorbilder?
Wir sind grundsätzlich schon mal durch unsere musikalischen Fähigkeiten limitiert, hassen aber auch Musikerselbstbeweihräucherungen in Form von überbordenden Arrangements und Gitarrensoli. Daneben fließt sicherlich auch unsere Vorliebe für minimalistischen Punk/Rock/Hardcore à la RAMONES, ANGRY SAMOANS, BLACK FLAG, MINOR THREAT etc. ein, was aber nicht zwingend immer zu hören ist.
Du bist beruflich als Rechtsanwalt für Medienrecht tätig. Lag deine Berufswahl durch den Spaß am Musizieren, damit auch eine öffentliche Person zu sein, einfach nahe?
Ich bin ans Medienrecht tatsächlich über mein Interesse für Musik gekommen. Ich konnte einfach Beruf mit Hobby verbinden. Gut ist da natürlich, dass man über die Band auch viele Kontakte knüpfen kann und auf viele Leute trifft, mit denen es auch jenseits der Musik Spaß macht zusammenzuarbeiten.
Was treiben deine anderen Mitmusikanten so abseits des Proberaumes?
Lehrer, Erzieher, Journalisten, Wohnwagenbesitzer, Kneipensitzer, FC Schalke 04, Borussia Mönchengladbach, Werder Bremen, 1. FC Köln, Viktoria Köln, Bretagne, Finnland, Holland, Kinder, Kinder, Kinder, Saufen, Saufen, Saufen ...
Den Titel „Gestern auseinandergelebt“ von „Immer wenn ich musst du“ nahm ich vergnügt zur Kenntnis. Du singst dort: „Jennifer, ich glaube, es ist aus, wir zwei sind zu verschieden. Ich hab ein Auto und ein Haus und du bist Punk geblieben“. Nur ein Aufschnappen von Schubladendenken, oder willst du das gar nicht erklären müssen?
Fand ich einfach amüsant, die Konstellation, und hat auch zumindest mittelbar einen persönlichen Hintergrund. Am besten gefällt mir die Stelle „Du lässt dir ,Fuck You‘ stechen, ich gehe ins nächste Bordell“. Da sollte man mal drüber nachdenken ...
Mal was Grundsätzliches: Der große Campino sagte vor über zehn Jahren mal, dass Punk als Bewegung vorbei sei. Die BRISTLES aus Schweden, die ja auch bereits seit 1982 existieren – genau wie die TOTEN HOSEN –, sagten in unserem Heft dagegen, „dass Punk heute wirklich eine Bewegung geworden ist, was es früher nicht war“. Dein Standpunkt dazu?
Boah, die Bewegung sehe ich aber nicht. Schon gar nicht auf einem Hosen-Konzert ... auch die Uniformität von sogenannten Punkern kann einem gehörig auf den Sack gehen, zumal die dann oft auch noch einen extrem beschissenen Musikgeschmack haben. Punk steht für mich eher für eine gewisse Einstellung. Abgesehen davon, hat Campino selbstverständlich immer recht ...
Jon Savage hat in seinem Werk „England’s Dreaming“ in Sachen Punk-Bewegung mit dem Jahre 1978 das Buch im wahrsten Sinne bereits zugeschlagen. Tangiert dich so was?
Nein.
Punk in Deutschland wird ursprünglich immer mit Berlin, Düsseldorf und Hamburg in Verbindung gebracht. Jetzt ist auch nicht zu Unrecht Punk im Ruhrgebiet ein vielbeachtetes Thema. Ihr armen Kölner, geht an euch die Punk-Historie wirklich so vorbei?
Hör mal, die besten deutschen Punkbands kommen derzeit aus Köln: SUPERNICHTS, KNOCHENFABRIK, MOFA, MÜLHEIM ASOZIAL, Jürgen Zeltinger, BLÄCK FÖÖSS, CHEFDENKER etc. etc. Noch Fragen?
Ihr seid ein solides Quartett ohne Besetzungswechsel, soviel ich weiß. Was ist die Haltung in der Band, ist eine neue LP das Nonplusultra in Sachen Nachhaltigkeit oder ist das Live-Spielen immer noch das Wichtigste?
Das hängt echt von der Zeit und Muße ab. Proben bekommt man immer hin und Konzerte sind auch ein super Ausgleich zum sonstigen Alltag. Die neuen Aufnahmen müssen dagegen im Zweifel erst mal hinten anstehen. Auch wenn es immer ein erhebendes Erlebnis ist, wenn man das neue Zeug dann irgendwann in Händen hält.
Der direkte Kontakt zum Publikum scheint euch zu liegen.
Ja. Das Schöne ist, dass man mittlerweile sagen kann, dass auch immer genug Leute kommen, und die, die kommen, meistens auch schwer in Ordnung sind. Schlägertypen sind zum Glück selten dabei.
Ihr tragt ja live und auf den Plattencovern immer dieselben Hemden, wer sucht die bloß immer aus?
Die Herren H&M und C&A.
Neulich habt ihr ja auf dem sogenannten Pennerschützenfest performt, gemeinsam mit ZWAKKELMANN und KOCHENFABRIK, und das auch im Schützen-Outfit. Beim Punk geht es also offenbar doch hauptsächlich um die Optik ...
Optik ist immer wichtig. Entscheidend sind allerdings die Inhalte, wie Jürgen Möllemann immer zu sagen pflegte.
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