SUB POP RECORDS

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Ich schätze mal, es wird so ungefähr niemand geben, der SubPop Records nicht kennt: das Label, das 1988 gegründet wurde (okay, es gab auch vorher schon SubPop, siehe dazu die Website), dieser Tage seinen 15. Geburtstag feiert und mit dem Grunge- und Seattle-Hype von Anfang der 90er untrennbar verbunden ist: NIRVANA, SOUNDGARDEN, MUDHONEY – ohne diese Bands würde die weltweite Musiklandschaft heute anders aussehen.
Der Aufstieg des Labels war unglaublich, die Qualität der Releases blieb, der Single-Club war heiß, ein Muss. Und dann, Mitte der 90er, die Krise: Cobain tot, der Medienhype um Seattle vorbei, Quasi-Übernahme durch einen Major, Trennung vom deutschen Lizenznehmer Glitterhouse und zunehmend langweiligere Releases, die aus dem Kultlabel ein eher beliebiges machten. Doch seit ein paar Jahren hat SubPop die Kurve gekriegt, bringt mit Bands wie den MAKERS, MURDER CITY DEVILS, NEBULA, ZEN GUERILLA und immer noch MUDHONEY wieder exzellente Bands raus, und ist heute mit HOT HOT HEAT, THERMALS oder KINSKI alles andere als allein auf die Katalogverkäufe angewiesen. Deshalb also ein kleines Interview mit Shawn Rogers, der für die internationalen Kontakte des Labels zuständig ist, etwa auch für den deutschen Exklusiv-Vertrieb Cargo.

Was ist deiner Meinung der größte Unterschied von SubPop heute gegenüber von vor fünf, zehn und fünfzehn Jahren?


Ganz zu Anfang ließ sich der Sound des Labels ziemlich klar eingrenzen. SubPop war damals ein Rock-Label, während wir heute natürlich mit Bands wie MUDHONEY, die es ja immer noch gibt, CATHETERS oder CONSTANTINES immer noch Rockbands auf dem Label haben, aber wir machen auch Sachen wie ST. ETIENNE, PERNICE BROTHERS oder LOOPER. Nach 1992 gab es einfach die Erkenntnis, dass das Label in Sachen Rock so ziemlich alles gemacht hatte und man andere Bereiche mit guter Musik auch noch ergründen kann. Damals kamen VELOCITY GIRL, SEBODAH oder SUNNY DAY REAL ESTATE dazu, das war schon eine Veränderung, und es gab auch Höhen und Tiefen. Und mir ist auch klar, dass SubPop sich erst jetzt in Europa wieder einen Namen macht, dass SubPop gerade zwischen 1995 und 2000 in Deutschland beinahe aus der Wahrnehmung verschwunden war.

Besser hätte ich das nicht darstellen können.

1995 hatte SubPop einen Deal mit Warner abgeschlossen, das heißt die kauften 49 % der Firma. Warner machte dann einen ganz guten Job, was den Vertrieb der ganzen Grunge-Sachen anging, aber für die meisten unserer neuen Bands interessierten die sich in Sachen Vertrieb außerhalb der USA überhaupt nicht. Ich will die deshalb jetzt nicht ankacken, aber die waren und sind einfach ganz andere Bands in einem ganz anderen Maßstab gewohnt, die konnten gar nicht anders, als sich kein Stück um SUNNY DAY REAL ESTATE zu kümmern. Die haben in den USA zwar ein paar hunderttausend Platten verkauft, aber die glaubten einfach nicht, dass sich das in Europa wiederholen ließe. Es dauerte dann eine ganze Weile, bis wir hier bei SubPop in der Lage waren, die Konsequenzen daraus zu ziehen, und 1999/2000 anfingen, in Europa wieder ein Netzwerk von Indie-Vertrieben aufzubauen, die mit unseren Releases, bei denen sich Warner nicht entscheidet, sie zu übernehmen – aktuelles Beispiel sind HOT HOT HEAT –, einfach besser umgehen können. Es macht auch einfach Spaß, mit Leuten wie Cargo zu arbeiten, die unsere Musik kennen und sich dafür begeistern, und vor allem auch wissen, wer da draußen sich für unsere Bands interessiert.

Aber die Releases der letzten Zeit sind auch wieder richtig gut.

Ich denke auch, dass unsere A&R-Leute in den letzten zwei, drei Jahren wieder richtig gut geworden sind. Wir haben meiner Meinung nach derzeit das beste Band-Programm seit Jahren. Und so kommt eben beides zusammen: gute Bands und wieder ein guter Stand auf dem deutschen Markt.

Deutschland war ja zu Beginn ein ganz wichtiger Faktor für SubPop, die Connection mit den legendären Fanzines „Glitterhouse“ bzw. „Howl“ und daraus hervorgegangen dann SubPop Germany.

Ganz klar, Deutschland war in der Anfangsjahren von SubPop enorm wichtig. Ganz allgemein ist Deutschland schon immer ein großer Markt in Sachen Rockmusik gewesen, das hat zu Beginn geholfen, aber ab da ist es eher unerklärlich. Und es hat vielleicht etwas damit zu tun, wie begeistert Michael von Cargo Records auch heute noch von SubPop ist. Er fragt mich ständig, ob wir nicht den legendären Single-Club wieder ins Leben rufen könnten.

Und? Der hatte ja Kult-Charakter, das wäre grandios.

Klar, war das schön, damals musste man nicht zu viele Gedanken an die ganze rechtliche Seite einer Veröffentlichung verschwenden. Aber heute sind es gerade auch die Bands, die so einer Sache im Wege stehen. Es gibt viele Bands, die wir für interessant halten und die sich für einen neuen Singles-Club eignen würden, aber selbst neue, junge Bands sind oft nicht bereit, sich auch nur von zwei ihrer Songs zu trennen. Und so war der Singles-Club auch nur in seiner Hochphase, als bis zu 7.000 Abonnenten dabei waren, finanziell tragbar. Unter 2.500 Abonnenten zahlt man nur drauf, die Zeiten haben sich eben geändert.

Was hat sich noch geändert?

Bands werden heute viel früher wahrgenommen: damals war für viele Bands die SubPop-7“ die erste Veröffentlichung, heute wäre es schwer, solche Bands zu finden. Und es gibt viel mehr Plattenfirmen als damals, es werden so viel mehr Platten veröffentlicht – und es wird wieder wichtiger, dass jemand eine Filterfunktion übernimmt. Darin sehe ich auch die Rolle der größeren Indie-Labels. Versteh mich nicht falsch, ich finde es gut, dass jede Band heutzutage mittels 7", CD oder Internet direkt an die Musikfans herantreten kann. Aber es fällt immer schwerer, den Überblick zu bewahren, und da blicken die Fans immer stärker in Richtung der Labels. Und ich denke, wir sind ein echt guter Filter.

Wie ist heute das Verhältnis zu Warner?

Die halten noch ihre Anteile, mischen sich aber nicht in unsere Geschäftspolitik ein und pumpen auch kein neues Geld in die Firma. Der Deal wurde damals gemacht, weil man dachte, es würde die Firma weiterbringen, helfen, Bands wie die DWARVES mit gutem und teurem Marketing auch im Mainstream bekannt zu machen, aber es funktionierte eben nicht und irgendwann war das Geld weg. Und Ende der 90er war dann auch eine harte Zeit, da hatte man schon Schwierigkeiten, seine Rechnungen zu bezahlen, es mussten Leute gehen. Zum Glück jedoch ist das heute wieder ganz anders.

Und mit welchen Verkäufen bezahlt ihr heute die Rechnungen?

Es ist eine Mischung aus den alten Releases und den neuen, wobei sich das in den letzten zwei Jahren in Richtung der neuen Bands verschoben hat. Von THE POSTAL SERVICE haben wir 35.000 verkauft, von den SHINS über 80.000. HOT HOT HEAT laufen gut, 40.000 derzeit, MUDHONEY 20.000 in den USA und 20.000 in Europa, andere Platten sind auch mal unter 10.000, aber es läuft schon gut. Kombiniert mit Klassikern wie REV. HORTON HEAT, SUNNY DAY REAL ESTATE oder „Bleach“ von NIRVANA, wo wir jetzt wieder die weltweiten Rechte haben, nicht nur die für die USA, ist das eine solide Basis.

Wie habt ihr den Geburtstag bisher gefeiert?

Der offizielle Geburtstag war am 1. April. Wir hatten Anfang Mai dann eine Party hier in Seattle, wo ein paar Bands spielten – und wo sogar Labelgründer Bruce Pavitt auftauchte, den ich in den vier Jahren, die ich schon hier arbeite, noch nie getroffen hatte. Ende des Jahres wird es dann noch eine Jubiläums-DVD mit Videos aus 15 Jahren geben, sowie im Herbst eine Doppel-CD als eine Art subjektiver ‚Best Of‘ mit vielen Single Club-Sachen geben.