Bands mit dem Namen THE SKULLS gab‘s in der Musikgeschichte schon mehrere, aber die hier, das sind die SKULLS aus LA. Die wurden schon 1978 gegründet, aber die Zeiten waren hart damals, und so hatte die Band außer Compilationtracks nie eine eigene Platte veröffentlicht, bis letztes Jahr – Bill von Dr. Strange sei Dank – die Band, von der freilich heute nur noch Frontmann Steve „Billy Bones“ Fortuna übrig geblieben ist, noch eine zweite Chance bekam und mit „Therapy For The Sky“ 24 Jahre nach Gründung ihr Debüt-Album veröffentlichte. Mit „The Golden Age Of Piracy“ ist jetzt schon das zweite neue Album der SKULLS erschienen, ebenfalls via Dr. Strange, und auch das ist Pflichtstoff ist für alle Fans von ADOLESCENTS, CIRCLE JERKS, D.I., CHANNEL 3 und so weiter.
Stellt euch mal kurz vor: Wer seid ihr, was spielt ihr, wo kommt ihr her?
Billy: Ich singe. Geboren wurde ich in England, aber ich bin ein typisches Armee-Kind, deshalb bin ich viel rumgekommen, Deutschland, Kansas ...
Shawn: Ich trommle und komme aus Highland Park, Kalifornien.
Kevin: Gitarre, direkt aus der Hölle.
James: Ich wurde in Southend geboren, nach Amerika kam ich ‘85. Ich spiele Bass.
In was für Bands habt ihr sonst so gespielt?
Kevin: Also da wären Sleeper Hole und noch Prima Donna bzw. die Break-Ups. Das war‘s auch schon bei mir.
Shawn: Mann, soll ich die jetzt wirklich alle aufzählen ... Na ja, zunächst habe ich meinen Cousin bei den Gears abgelöst, dann war ich bei den Controllers, Negative Trend, Agent Orange, ein Haufen alter Punkbands halt.
Billy: Die Skulls natürlich. Danach habe ich eine Band namens Martini Ranch mit Cliff Roman von den Weirdos gehabt. Und dann waren da noch die E Types, mit ein paar Jungs von den Berlin Brats. An mehr kann ich mich nicht mehr erinnern.
James: In England war ich bei Panorama In Black, die aus den Retarded entstanden sind und noch bei Harry, die auch sehr interessant waren. Und hier war ich dann zunächst bei Famous Tea, dann den Skulls und natürlich bei den Adicts.
Haben die SKULLS eine bestimmte Message?
Billy: Ich glaube, da gibt es keine Message. Mach, was du willst.“
James: „Also, ich denke schon. Wir gehen nicht raus und zwingen den Leuten unsere Gedanken auf, aber ich glaube unsere Message ist, keine negative Message zu liefern. Macht das Sinn? Ich meine, hör dir doch mal unsere Texte an ...
Billy: Ich glaube, da ist keine wirkliche Message, das bin bloß ich, der Dampf ablässt. Ich schreibe halt über Themen, von denen ich meine, da könnte sich was ändern.
Shawn: Meine Message ist Bier, Pizza und Punkrock ...
Was versucht ihr mit dieser Band zu erreichen?
Shawn: Wir wollen berühmt sein, unsere Jobs kündigen und touren. Geld verdienen mit dem, was wir lieben: Musik machen.
Billy: Genau, ein Stück vom Kuchen. Da ist nix vorbestimmt, wir nehmen die Dinge, wie sie kommen. Und momentan kommen sie ziemlich gut, also machen wir weiter.
Was ist euch wichtiger, die Musik oder das Image?
Shawn: Die Musik war immer wichtiger. Das Image ist einfach da. Egal in welcher Band du spielst, du trägst immer deinen Teil zum Image bei, wie du dich kleidest und so. Ich glaube, das geht Hand in Hand. Es ist schön, eine gute Band mit tollen Songs anzuschauen. Aber es ist noch besser, wenn sie auch gut aussehen.
Billy: Das Aussehen ist schon sehr wichtig, am wichtigsten ist natürlich die Musik. Aber du kriegst immer das Komplettpaket. Manche Bands machen gute Musik, sind aber trotzdem kein wirkliches Vergnügen, weil sie in den Augen weh tun.
Kevin: Alles ist erlaubt, bis man anfängt, Perücken zu tragen. Dann fängt es an, lächerlich zu werden.
Ihr seid altersmäßig ziemlich auseinander. Ist das ein Problem für euch?
James: Das ist eher vorteilhaft, weil du vier verschiedene Musikergenerationen auf einem Haufen hast.
Shawn: Außerdem können wir auch viel voneinander lernen, auch allgemein über das Leben. Jemand, der älter ist, hat das alles schon mal durchgemacht und kann dir sagen: Hey, versuch mal dies und das. Aber es ist auch schön, junges Blut in der Band zu haben. Du bist total ausgelaugt, aber dein Bandkumpan sagt ‚come on, let‘s go‘ und du raffst dich wieder auf.
James: Die Jungspunde machen einen auch manchmal auf Fehler aufmerksam oder erinnern dich an Kram, den du als Älterer einfach vergisst. Diese Typen hier sind für mich wie eine erweiterte Familie. Ich vermute, das beruht auf Gegenseitigkeit. Deshalb macht das alles soviel Spaß, alle unsere Familien kennen sich gegenseitig. Und jeder, den wir irgendwo treffen, und mit dem wir was zusammen machen, gibt uns einen neuen Kick. Das klingt jetzt kitschig, aber wir bauen eine globale Familie auf, wir kennen viele Leute überall auf der Welt, die uns als Freunde ansehen.
Billy: „Wenn du dich mit tollen Leuten umgibst, dann kommt da auch was gutes bei raus.
James: Es kommt dabei gar nicht drauf an, wie alt jemand ist, oder was er genau macht. Jeder, der mit uns irgendwie in Verbindung steht, ist gleich wichtig.
Die wirtschaftliche Lage ist in Europa momentan nicht die Beste, viele Leute können es sich einfach nicht leisten, alle neuen Platten zu kaufen und sich alle Konzerte anzuschauen. Warum also sollte man die Skulls ansehen?
Billy: Na, weil die Leute etwas kriegen, das ihr Geld wert ist. Eigentlich ist es mir egal, ob da fünf oder 500 Leute stehen. Wir werden eine gute Show abliefern. Wir werden unseren Spaß haben und das überträgt sich aufs Publikum.
James: Genau, die Stimmung der Band überträgt sich immer direkt aufs Publikum. Und wir haben noch nie jemanden enttäuscht. Ich will jetzt nicht eingebildet klingen, aber wir wissen, was wir machen.
Was haltet ihr von dieser ganzen Internet-Raubkopie-Sache?
Billy: Ach, mir ist das eigentlich egal, so lange sich die Leute die Musik dann auch wirklich anhören.
Shawn: Das kann man nicht aufhalten. Ich hab mir auch ein paar Alben und Videoclips runtergeladen. Das ist schon cool, weil du ja dann doch irgendwann losgehst und dir die richtigen Platten kaufst. Manchmal ist es auch toll, wenn du die Zeitung aufschlägst und siehst: Oh, die spielen morgen Abend! Die CD habe ich ununtergebrochen gehört, seit ich sie mir gebrannt hab, also weiß ich ja, wo ich hingehe.
Erzählt mal was über den SKULLS-Songwriting-Prozess, wie läuft das ab?
Shawn: Manchmal kommt einer mit einem fertigen Song an und sagt: ‚Hey Jungs, was haltet ihr davon?‘. Und wir fummeln dann noch ein bisschen dran rum. Dann gibt es wieder Lieder, die länger brauchen, oder wir sind direkt glücklich mit einer Sache und beim nächsten Mal verwerfen wir sie wieder komplett.
James: Es gibt halt unterschiedliche Sachen, die einen inspirieren. Ich habe ein paar Mal mit Billy rumgesessen, einfach um ein bisschen zu quatschen, und das endete dann so, dass wir nach zwei Stunden plötzlich mit einem fertigen Song da saßen. Einmal kam Shawn an – er hatte vorher mit seinem Kind gespielt –, und das hat ihn total inspiriert, einen Song zu schreiben. Die Hälfte der Texte sind sozusagen wegen seinem Kind entstanden. Es sind die schönsten Dinge, die dich inspirieren können, aber manchmal sind es auch beschissene Situationen.
Wo und wie habt ihr das neue Album aufgenommen?
James: Die ersten sechs Songs haben wir in Earle Mankeys Studio in Thousand Oaks aufgenommen und den Rest dann in den Jupiter Studios in Seattle. Die Aufnahmeprozedur haben wir einfach gehalten, unser Mantra ist: Nimm nichts auf, was du nicht live spielen kannst, sonst bescheißt du das Publikum. Wenn mich eine Band live echt umhaut, kauf ich mir die Platte und wenn da dann Bläser oder so was drauf sind, fühle ich mich schon irgendwie verarscht. Oder andersrum, ich höre ein tolles Lied im Radio, und dann sehe ich die Band, und die sind grottenschlecht, da komme ich mir genauso verarscht vor. Ein gutes Beispiel dafür, wie man es richtig macht, sind Jane‘s Addiction. Wenn die irgendwas machen, dann bauen sie ihren Sound live noch weiter aus.
Wie sieht’s bei euch mit Vinyl aus?
James: Find ich toll, wenn’s nicht in der Sonne liegt. Alles, was wir bislang raus gebracht haben, gab es auf Vinyl. Vom neuen Album gibt es sogar eine 500er Vinyl-Auflage mit einem Cartoon-Cover, das ein Fan gestaltet hat. Und dann gibt‘s noch 100 LPs in handgemachten Ledercover mit eingebranntem Skulls-Logo.
Was befindet sich gerade bei euch auf dem Plattenteller ?
Billy: Ziemlich viel verschiedenes Zeug, Holly Tree aus Brasilien, ROXY MUSIC, die Belgier Venus und den Soundtrack zu ‚The Harder They Come‘. Und die ‚Golden Age Of Piracy‘ von uns, was etwas Besonderes ist, denn eigentlich höre ich mich nicht gern selber.
Shawn: Vorhin habe ich noch die Flamin‘ GroovIEs gehört, ansonsten die Spits und momentan vor allem eine EP, die ich mit den Gears gemacht habe.
Kevin: Um ehrlich zu sein, ich rede nicht gern über Einflüsse. Hör dir unsere Platte an, dann weißt du, worauf wir stehen. Und wenn du es nicht raushörst, dann hörst du sonst keine coole Musik.
James: Seit den frühern 70ern höre ich die Sparks. Na ja, momentan manchmal ‚Highway to Hell‘, weil wir eine AC/DC-Coverversion für eine 7“ auf Dr. Strange machen. Außerdem habe ich in letzter Zeit viel eine Band namens DEK aus Seattle gehört, das sind 14-jährige Kids, aber die können selbst uns noch was beibringen. Auf die solltet ihr achten!
Billy: Die Briefs sind cool. Und die Put-Ons. Und dann habe ich neulich Johnny Kid and the Pirates von 1959 gehört. Das ist Ur-Punk, das geht dir durch Mark und Bein. Mick Green ist einer der tollsten Gitarristen überhaupt.
Und welches Konzert habt ihr als letztes geschaut – bei dem ihr nicht selber gespielt habt natürlich?
Kevin: Motosoule. Das ist total kranker Rock’n’Roll-Kram, fünf total durchgeknallte Typen. Großartig.
Billy: Ich habe neulich El Centro, Holly Tree und Sunderland angeschaut, coole Show, coole Bands.
James: Ich war bei Steely Dan. Wow, Keith Carlock ist ein super Schlagzeuger.
Shawn: Die Dictators, die Kinman Brothers und Nicky Beat mit einer Band namens Cowboy Nation.
James: Und die Buzzcocks. Wir haben die zwar an dem Abend supported, aber ich hatte schon längst Karten für die Show und wir sind erst 48 Stunden vorher gefragt worden, ob wir spielen wollen. Ich glaube, das zählt auch, weil ich ja auch so hin wollte. Das war einer der besten Gigs, bei dem ich in letzter Zeit dabei war.
Billy: Hit an Hit, die standen echt unter Strom.
Wo seht ihr euch in ein paar Jahren?
James: Ich würde gerne auf Welttournee gehen, den selben Spaß mit jedem, in jedem Land haben. Wir haben heute eine E-Mail aus Ungarn gekriegt, und ich wünsche mir, ich könnte es mir leisten, dort zu spielen. Ich will nicht arbeiten müssen, um zu überleben. Ich will raus gehen, spielen und das Leben genießen. Das wäre genial.
Shawn: Es wäre toll, in fünf Jahren mal mit jemandem wie Motörhead zu touren. Lemmy ist ein großartiger Kerl.
David Pedroza
Foto: Christina Fortuna
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