Ganz Österreich ist besetzt von zahllosen Emo-Bands, Skatecore-Epigonen, die sich gegenseitig kopieren oder Deutschpunk-Rumpelcombos, die ein tragisches Dasein in den vergitterten vier Wänden des Proberaums fristen. Ganz Österreich? Nein, eine kleine Punkband aus St. Pölten (immerhin die Landeshauptstadt Niederösterreichs) trotzt allen aktuellen Entwicklungen und macht mit ihrem von Glam-Garage und neuerdings auch Surf beeinflussten 77er-Punk bereits seit 1999 von sich reden. Die Vier ziehen konsequent ihr Ding durch und da ist es nicht verwunderlich, dass der „Erfolg“ in Subkulturkreisen sich nach geraumer Zeit auch einmal einstellte. Die Band veröffentlichte (zunächst in Eigenregie) ihr Debütalbum, nachdem man bereits eine Split-EP mit den Münchnern LAKE PUSSY und diverse CD-Rs unters Volk gebracht hatte, und tourte konsequenterweise einmal im Jahr in hiesigen Breitengraden und macht auch ansonsten gerade in Deutschland von sich reden. Kürzlich erschien nun ihr zweites Album, das für einiges an Furore sorgte, und jetzt auch nach Japan lizensiert wurde. Grund genug, die Band mit einigen Fragen zu belästigen.
Seit der Veröffentlichung eures Debütalbums hat sich einiges bei euch getan. Gebt uns doch mal einen kurzen Abriss der Geschichte von da an.
SickBoy: Lee Jaded, unser damaliger Gitarrist, ist nach der Veröffentlichung von „Madmans Bride No.1“ ausgestiegen und nach Kanada gezogen. Wir haben dann in Zeitungen unter anderem ausgeschrieben: „SKEPTIC ELEPTIC sucht Gitarristen ...“, woraufhin sich ein gewisser Herr Integer gemeldet hat. Es wurde dann so ein Treffen à la SEX PISTOLS organisiert. Integer spielte dann bis Sommer 2005 bei SKEPTIC ELEPTIC. Er konnte nicht anders und musste sich auf Weltreise begeben. Unser neuer Gitarrist ist der Doc.
Thoms’n’Roll: Zothy Nine darf nicht vergessen werden, er spielte von 2002 bis 2003 die Klampfe. Doch für ihn war es von Anfang an nur ein „Aushilfsjob“ und er war eigentlich nie ein waschechter Skeptic. Außer dem vielen Gitarristenverschleiß hatten wir drei kleine Deutschlandtourneen und zig Gigs in Österreich und Umland absolviert.
Nun hattet ihr also schon wieder eine Umbesetzung, und schon wieder am Gitarrenposten. Haben SKEPTIC ELEPTIC ein Problem mit Gitarristen?
SickBoy: Ach, ich weiß nicht. Doc war eindeutig das fehlende Puzzleteil in unserem Bild.
Thoms’n’Roll: Anscheinend haben Gitarristen eher ein Problem mit uns, hahaha. Den Doc lassen wir aber nicht so schnell gehen, und wenn wir ihn im Proberaum anbinden müssen.
Kürzlich habt ihr euer zweites Album in den Regensburger Kalkwerk-Studios produziert. Warum ein Studio in Deutschland? Wie kam der Kontakt zustande? Und wie ist die neue Platte aus euerer Sicht geworden?
SickBoy: Studio in Deutschland deshalb, weil wir guten Kontakt zu einer Band namens USE TO ABUSE pflegen und deren Gitarrist ein eigenes Studio besitzt. Außerdem weiß Jürsche, wie dreckig wir klingen wollen. Der hat einfach Ahnung von Rock’n’Roll, oh ja.
Thoms’n’Roll: Zudem war es für uns immer ein toller Wochenendausflug nach Regensburg. Wir haben in einem Zeitraum von 15 Monaten aufgenommen und es hat immer eine Menge Spaß gemacht. Die Platte ist sehr gut geworden, das finden wir alle. Doch wir ruhen uns sicher nicht aus, es geht immer besser, weiter, fetter ...
Böse Zungen behaupten, ihr habt einen generellen Stilwechsel vollzogen. Aber man kann es natürlich auch konsequente Weiterentwicklung nennen. Wie seht ihr das?
SickBoy: Auf dem Weg zu uns selbst haben wir diesmal den Glam-Anteil über Bord geworfen, dafür aber eine „Garage/Psychedelic“- Gewürzmischung in den Topf getan, und das steht unserer Musik sehr gut, wie wir finden. Das passt zu uns. Wir hörten schon immer gerne die FUZZTONES.
Thoms’n’Roll: Bei uns passiert meistens alles spontan und rein aus dem Bauch heraus. Wir sehen uns nicht als eine reine 77er-Punkband oder was auch immer. Wir hören eben neben allen möglichen Punkrock-Genres auch viele andere Rock’n’Roll-Richtungen. Das beeinflusst natürlich die Musik, die im Proberaum entsteht. Wir lassen uns nicht in eine Schublade stecken!
Bei den Texten fiel mir auf, dass es diesmal – im Gegensatz zum Debütalbum – eher persönlicher gehaltene Geschichten aus dem Leben sind, und weniger politische Themen angeschnitten werden, oder?
SickBoy: Ja, die Texte sind diesmal ziemlich emotional und das war ein großer Schritt nach vorne. Nicht mehr irgendwas Oberflächliches daherplappern, sondern einen Teil von sich selbst preisgeben. Zu der Zeit, als wir das Album eingespielt haben, war einfach kein Platz für Politik. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Ich bin wohl so ein Musterbeispiel von psychologischer Selbstheilung durch Songschreiben.
Hat das vielleicht damit zu tun, dass sich die politische Lage in Österreich etwas entspannt hat? Ich meine, klar, Probleme wird es sicherlich immer noch haufenweise geben, aber die FPÖ und allen voran Haider sind doch mittlerweile mehr als tot, oder?
SickBoy: Hmm ... Das hat bestimmt auch mitgespielt. Ich meine Jörg Haider ist weg vom Fenster, darüber lässt sich nicht streiten!
Thoms’n’Roll: Ja, der Jörgl hat sich und seine FPÖ selbst vernichtet, daran sollte sich Stoiber ein Beispiel nehmen!
Trotz allem Engagement für die Platte beziehungsweise im Studio, hört man oft, in Reviews zum Beispiel, dass eure Platten lediglich ein Vorgeschmack – wenngleich ein sehr geiler – auf eure Live-Shows sind. Seht ihr euch als Live-Band, oder hat das Studio die gleiche Priorität?
SickBoy: Wenn es nach mir geht, bin ich live- und studiosüchtig, beides hat seinen Reiz. Wir werden es noch schaffen, die perfekte Punkplatte einzuspielen, du wirst sehen. Das ist unser Ziel. Ich weiß das.
Thoms’n’Roll: Wir nehmen beide Aufgaben sehr ernst und versuchen immer hundert Prozent geben zu können, ob auf der Bühne oder im Studio.
Jetzt hat das Album ja fast überall gute Kritiken eingeheimst und wird demnächst auch in Japan veröffentlicht. Dass dies für eine europäische beziehungsweise österreichische Band nicht alltäglich ist, sollte klar sein. Wie passierte das? Gibt es bereits Reaktionen oder ist gar eine Tour in Planung?
SickBoy: Wie das passieren konnte, weiß ich selbst nicht genau. Ich weiß nur, dass ich mit meiner Freundin zu Hause im Bett gelegen bin und eine SMS von Mots bekam: „Jaaaa, Jaaaa, unglaublich ... die wollen uns ... die Japaner ... Jaaaaa ...“. Das war schon sehr cool. Ich hab dann gleich alle meine Freunde angerufen, um ihnen mitzuteilen, dass wir jetzt beim selben Label wie die BRIEFS wären ... in Japan.
Thoms’n’Roll: Unser Bassist Mots-T-Sux hat auf gut Glück dem japanischen Label Revel Yell Music ein Promopaket von uns geschickt und die haben uns prompt genommen. Ja, so schnell kann’s gehen. Eine Tour ist noch nicht in konkreter Planung, doch wenn die Platte gut läuft, wollen wir auf jeden Fall auf diese verrückte Insel!
Spätestens jetzt hat der geneigte Leser festgestellt, dass es sich bei euch um eine äußerst aktive Band handelt. Am Anfang lief das alles ja D.I.Y.-mäßig ab, und nun arbeitet ihr mit Bookern, Labels und so weiter zusammen. War das ein Ziel, oder nur Zufall. Einiges, wie Design und Homepage, macht ihr ja immer noch selbst, oder? Und glaubt ihr, dass ihr es da als österreichische Band leichter hattet, als beispielsweise eine deutsche Band, da es in Österreich ja nicht viele Bands eueres Genres gibt?
SickBoy: Nein, ganz im Gegenteil. In Österreich hast du es viel schwerer raus zu kommen als in Deutschland. Hier gibt es einfach nicht so viele Leute, geschweige denn Labels, die für Bands gute Arbeit machen. Man muss hier wirklich jeden Scheiß selber erledigen. Daran scheitern auch leider die meisten österreichischen Bands. Im Prinzip läuft bei uns immer noch alles hundert Prozent D.I.Y., nur ist unser Team mit den Jahren gewachsen!
Thoms’n’Roll: Kurz gesagt, es ist in den letzten fünf Jahren wesentlich besser geworden in Österreich. Es gibt mittlerweile Hunderte von Bands aus all möglichen Richtungen und viel engagierte Leute, doch im Großen und Ganzen ist Österreich noch immer ein Bauernstaat. Da musst du dann einfach alles selber machen, sonst kommt man nie aus der eigenen Stadt raus.
Apropos kleine Szene: Ihr seid ja alle mehr oder weniger noch anderweitig aktiv. Erzählt mal ein wenig von euren Beschäftigungen außerhalb des SKEPTIC ELEPTIC-Universums.
Thoms’n’Roll: Vor fünf Jahren habe ich einen Verein gegründet Namens „Rock’n’Roll Highschool“, bei dem auch Mots aktives Mitglied ist. Seitdem organisieren wir rund 60 Konzerte oder Partys im Jahr, damit was passiert im öden St. Pölten. Sonst sind SickBoy und ich auch als DJs in verschiedenen Clubs tätig.
Das ist ja schon mal was. Ist die Band also zumindest vom Zeitaufwand her ein Fulltimejob? Könnt ihr teilweise davon leben, oder geht ihr nebenbei knechten?
SickBoy: Ehrlich gesagt, würden wir gerne davon leben, aber da müssten wir wohl nach NYC oder so auswandern. Vielleicht probieren wir das auch noch, wer weiß ...
Thoms’n’Roll: Die Band selbst bringt absolut keine Kohle, das kommt alles in die Bandkasse, um zum Beispiel neue Merch-Produkte bestellen zu können und so weiter. Ich arbeite seit einem halben Jahr im Veranstaltungszentrum Arena in Wien und habe ein kleines Tourbus-Unternehmen. Klein deshalb, weil ich nur einen Bus habe, den ich an Bands vermieten kann, hehe. Ich kann also nur so vom Rock’n’Roll leben, es ist zwar manchmal hart, über die Runden zukommen, doch das nehme ich gern in Kauf. Vielleicht wirft die Band ja auch mal was ab.
Ihr habt als kleine D.I.Y.-Punkband angefangen. Mittlerweile sind zwei Alben erschienen, ihr habt weit über Österreichs Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf als Spitzen-Live-Band, ihr werdet in Japan lizensiert .... Wohin wollt ihr noch?
SickBoy: Erst mal nach Japan, dann nach Amerika, außerdem werden wir ja noch ein Album einspielen, das uns niemals irgendjemand zugetraut hätte!
Was kann man von „Österreichs bester Punkband“ – Zitat: 3rd Generation Nation – in Zukunft erwarten?
SickBoy: In Kürze kommt auf Österreichs bestem Punklabel Broken Heart Rec. eine Split-LP mit den einmaligen STAGGERS raus. Überdies haben wir eine BLONDIE-Covernummer für einen Tribute-Sampler auf TRASH2000 Records eingespielt.
Thoms’n’Roll: Und spätestens im Frühjahr 2006 machen wir wieder Deutschland unsicher, das ist fix!
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