SIGI POP

Wer noch immer glaubt, dass im Süden nichts in Sachen Punkrock abgeht, der sollte sich mal eine Platte von SIGI POP reinziehen. Der war in den Achzigern Sänger bei der angesagten Münchner Funpunk-Band MARIONETZ und spielt inzwischen als Ein-Mann-Band neue Scheiben ein. Das Münchner Ox-Dreigestirn Simon Brunner, Alex von Streit und Thomas Kerpen nahm sich des Szeneveteranen an.

Müsstest du dich eigentlich nicht SIGI PUNK nennen?

Normal ist die Standardfrage: Öh, ist das so auf IGGY POP gemünzt? Aber das stimmt nicht. Ich habe damals mit meiner Freundin in Indien Brainstorming für meine Platte gemacht und da haben wir 40 Namen aufgelistet, die mit Sigi zu tun haben. Also Sigi Schock, Super-Sigi und lauter so Zeug, bis wir dann SIGI POP hatten. Erst ein halbes Jahr später ist mir dann gekommen, dass das mit IGGY POP zu tun hat. Das war dann natürlich nicht so originell. Mit IGGY POP verbindet mich eigentlich nur, dass die STOOGES eine der ersten Punkbands waren, die ich kannte.

Was hat sich für dich seitdem in Sachen Punkrock verändert, was ist geblieben?

Punkrock war das für mich das erste und einzige Mal, wo ich ein Stück von mir selber kreieren konnte. Vorher hatte ich in Drogen- oder Metalbands gespielt, aber das war ja alles schon zum zehnten Mal aufgewärmt. Da hatte man eben so gespielt wie die Vorbilder von den Vorbildern von BLACK SABBATH und plötzlich haben wir zum ersten Mal versucht, etwas ganz eigenes zu machen. Das ist jetzt schon über 20 Jahre her, ich habe im Februar ´77 angefangen. In der Zwischenzeit hat sich vieles bei mir geändert. Ich habe dann so eine Naturkostphase gehabt und eine totale straight edge Zeit. Zum Teil habe ich das immer noch, ich bin nach wie vor Vegetarier, aber jetzt kann ich das geistige Leben und das Punkleben gut miteinander verbinden.

Mit den MARIONETZ warst du ja in den 80ern ziemlich erfolgreich. Kam nach dem Rummel der grosse Fall?

Das war für mich kein Fall, das war der absolute Aufstieg. Am Schluss war es eigentlich so ein Overkill an Öffentlichkeit und Promotion. Ich habe damals gleichzeitig bei TONY TITT gespielt und eine 13-teilige Fernsehserie gemacht, in der ich Sänger war und die Lieder komponiert habe. Ausserdem waren wir mit MARIONETZ bei Warner Brothers und sind da rumgeflogen worden, Formel Eins, Interview in Belgien, Interview in Italien und so Sachen. Irgendwann ist das alles zu viel geworden. Die wollten uns ursprünglich als die "Nenas des Punkrocks" aufbauen, was ziemlich blöd war. Das ist nicht so gekommen und dann wollten die uns in die Schlagerrichtung bringen. Das wollte die Band absolut nicht. Da haben wir wieder einen neuen Manager bekommen und der wollte dann, dass wir Englisch singen und akustische Gitarren einsetzen. Da bin ich dann ausgestiegen. Und das war für mich aber kein Abstieg. Ich habe zum ersten Mal nach Jahren das Feeling gehabt, heimgehen zu können, kein Telefon zu brauchen, niemand ruft an, keine Action mehr. Gesundheitlich habe ich mich danach total auf Vordermann gebracht, habe straight edge gelebt, völlig asketisch.

Ihr habt ja 1990 die MARIONETZ neu aufleben lassen. Aber da war ja nicht mehr viel los mit Punkrock.

Man muss sehen, dass die treibende Kraft bei den MARIONETZ eigentlich der Günther und ich waren. Günther, der 1987 an einem Schlaganfall verstorben ist, hatte mich seit 1977 durch alle Bands als Gitarrist begleitet. Wir haben uns ´85 getrennt, beziehungsweise ich bin ausgestiegen und in eine andere Richtung gegangen, so mit Indienreisen und Schauspielerei. Die anderen haben weiter Musik gemacht. Und als ich später wieder mit ihnen zusammen spielen wollte, da waren die alle woanders verteilt. Der eine war bei FREAKY FUCKIN WEIRDOZ, der andere hat die CAT SUN FLOWERS gemacht und der Günther wollte nicht, der hat bei LUSTFINGER gespielt und da gut verdient. Da habe ich mich mit dem alten Drummer und einer neuen Bassistin zusammengetan und uns SANKT SIGI UND DIE SCHOCKS genannt. Wir haben jedoch gemerkt, dass wir wesentlich bessere Auftritte bekommen, wenn wir als MARIONETZ auftreten. Die Hälfte von unserem Programm waren eh MARIONETZ-Songs. Und das war ein Fehler. Bei unserer Platte hat jeder gesagt, dass sei ja enttäuschend und gar nicht mehr der alte MARIONETZ-Geist.

Du meinst eure letzte Platte?

Ja, die hiess "Die grössten Misserfolge" und ist auch der grösste Misserfolg geworden. Die hat sich bis heute so schlecht verkauft, LP und CD zusammen vielleicht 600 Stück. Das war schon etwas armselig, das Ende. Wir hätten jedoch das Angebot vom Trini Trimpop gehabt, mit uns zu arbeiten. Der hatte damals gemeint, wir müssten uns entscheiden: Wenn wir weitermachen, baut er uns auf wie die HOSEN. Aber das heisst, wir könnten vergessen, gross was zu verdienen und wir müssten vier Jahre lang touren, touren, touren und zwar in jedem Keller. Unsere Bassistin, die hat immer gleich geweint und wollte nicht mehr spielen, wenn mal einer gepfiffen hat. Und der Schlagzeuger hat seine Becken vergessen oder die Fussmaschine und hat dann gemeint, das macht ja nichts, ich kann ja mit den Händen spielen. Da habe ich gemerkt, mit der Band geht das nicht und wir haben uns dagegen entschieden. Ich habe dann 18.000 Mark Schulden gehabt und bis heute gebraucht, die wegzubekommen.

Wie ist denn der Kontakt zu den TOTEN HOSEN damals entstanden?

Die HOSEN kenne ich von ganz früher, den Campino, Trini und so, weil die öfters hier in der Alabamahalle gespielt haben, als sie noch nicht so bekannt waren. Da waren wir öfters einen trinken danach. Mit dem Campino habe ich mich mal nachts in den Naturkostladen reingesetzt, in dem ich gearbeitet habe und wir haben Biobier getrunken und Biokäse gegessen. Da hat er dann gesagt "Im Grunde bin ich ein echter Vegetarier." Da habe ich gemeint: "Du isst doch ständig Bockwürste und so". Er: Ja, schon, aber auf Tour gebe es eben nichts anderes und er sei schon mit 14 auf Demos gegens Tierschlachten gegangen. War total nett mit dem. Es war immer so ein leichter Kontakt da und auch eine Bruderschaft vom Stil her. Die TOTEN HOSEN waren nur viel konstanter in dem, was sie machten.

Wissen die HOSEN von deinen derzeitigen Aktivitäten?

Ich schicke ihnen immer meine Platten und mal Grüsse. Ab und zu kommt dann eine Karte von denen. Als ich bei ihnen wegen des MARIONETZ-Tribut-Sampler nachgefragt habe, haben sie geschrieben, sie würden generell bei keinem Tribut-Album mehr mitmachen, weil das Überhand nimmt. Ausnahme war ein Lied bei einem Benefiz-Sampler für JONNY THUNDERS Mutter, weil der wohl völlig verarmt gestorben ist. Als nettestes Kompliment haben sie geschrieben, es sei ausserdem sowieso nicht möglich, MARIONETZ zu toppen, da blamiere man sich eher. Natürlich eine Absage, aber eine sehr charmante.

Irritiert es dich nicht, dass die TOTEN HOSEN mittlerweile auf dem BRAVO-Sampler auftauchen?

Ich war auch schon zweimal mit ganzseitigen Artikeln in der Bravo.

Äh, wirklich?

Ja, das war allerdings nicht über die MARIONETZ. Da stand als Überschrift: "Früher war er Sänger bei der Punkband Marionetz und jetzt ist er Schauspieler." Da war ich auf dem 17. Platz der beliebtesten nationalen Schauspielern bei der Bravo-Wahl 1986. Ich hatte damals nach dem Ausstieg mit einem von den MARIONETZ zusammen diese Filmserie gemacht.

Du hast gerade den MARIONETZ-Tribut-Sampler angesprochen, der Anfang Juli erscheinen soll. Wie ist es denn dazu gekommen?

Das Phänomen an den MARIONETZ war, dass wir live immer extrem gut angekommen und viele Bands auf uns abgefahren sind. Mir haben dann vor ein paar Jahren öfters Bands erzählt, dass sie beim Üben zum Warmmachen ein paar MARIONETZ-Nummern spielen. Nach und nach kamen dann plötzlich Platten raus. Zum Beispiel schickten mir die REINHARDs "Wo sind die Marionetz?" zu und fragten, ob ich nicht als Ehrengast auftreten will, sie hätten sogar vier MARIONETZ-Titel im Programm. "Kühle Mädchen, warmes Bier" von ALLGEMEINES CHAOS KOMMANDO hat der Sänger auf seiner Abschlussingle mit den fünf Lieblingsliedern seines Lebens aufgenommen. Es hat sich also gehäuft, dass die Lieder wieder aufgetaucht sind. Und dann sind mehrere Leute drauf gekommen, dass man das ja mal zusammenstellen könnte. Die Idee kam nicht von mir. Ich habe das dann so bekanntgegeben und alle wollten mitmachen. Das ging sogar soweit, dass Rod von den ÄRZTEN gemeint hat, dass er wohl leider nicht mehr mit drauf könne. Daraufhin schrieb ich ihn an und er nahm das Stück "Lebendig" auf. Das war wohl in seiner Jugendzeit eines seiner absoluten Lieblingslieder. Rod war der einzige, der gefragt hat, ob er nicht noch mehr Lieder covern dürfte.

Wer ist denn bei dem Sampler sonst noch dabei?

Eigentlich alle bekannten Münchner Bands wie GARDEN GANG, CONDOM, ANALSTAHL. Ansonsten zum Beispiel RASTA KNAST, KASSIERER, PUBLIC TOYS und EISENPIMMEL. Letztere haben natürlich in Bayerisch gesungen, die Ruhrgebietler. Nach ihrem Lied "Mia san ned Marionetz" ist auch der Titel des Samplers entstanden. Unsere erste Single hiess ja damals "Wir sind die Marionetz".

Das Album erscheint bei Schlecht & Schwindlig, wo du neben deinen zahlreichen anderen Aktivitäten ja auch mithilfst.

Schlecht & Schwindlig ist im Grunde eine Neugründung unseres uralten Labels Lächerlich-Schallplatten, das die gleichen Leute wie heute gemacht haben und wo die alten Sachen alle erschienen sind. Das ist zum Beispiel auch einer der Gründe, warum dieser Sampler entstanden ist, da die alten MARIONETZ-Sachen jetzt überall neu veröffentlicht wurden. A.M. hat die "Jetzt knallt´s" rausgebracht, Dirty Faces die "Wir sind die Marionetz", der "Soundtrack zum Untergang", auf dem wir mit drauf waren, kam neu und selbst die "Beliebte Melodien", der erste Sampler, auf dem wir unsere ersten Sachen hatten. Der wird im Original zwischen 300 und 500 Mark gehandelt! Ein Wucherpreis für einen totalen Schund. Unsere Lieder sind nur mit so einem geschissenen Uralt-Uher-Tonbandgerät aufgenommen. Und das nicht mal mit unserer Anlage. Die war so schlecht, dass wir zu der Jazz-Band nebenan gegangen sind und gefragt haben, ob wir mal schnell eine halbe Stunde über ihr Zeug spielen können.

Du arbeitest an einer Trilogie, die mit "Herman Monster war der erste Punk" begonnen hat. Die nächsten beiden Teile werden "Glamboy" und "Disharmonie" heissen.

In den letzten vier Jahren sind beinahe 80 Stücke entstanden. Die "Glamboy"-Sachen sind praktisch alle schon eingespielt und für "Disharmonie" bereits über die Hälfte. Mein grosser Fehler war früher, vor allem bei der letzten MARIONETZ-Platte, dass wir Lieder mit verschiedenen Stilrichtungen wie Schlager, Heavy Metal und Punk miteinander mischten. Damit konnte dann keiner was anfangen. Jetzt habe ich mir gedacht, ich kann nicht über das KZ Ausschwitz und die Judenvernichtung ein Lied machen und habe daneben ein Stück wie "Wie peinlich, der Sohn onaniert heimlich". Also habe ich das getrennt und habe alle Fun-Punk-Stücke auf die "Herman Monster" getan. Dann hatte ich aber jede Menge Glam-Sachen aus den 70er Jahren, von SWEET, SLADE, GARY GLITTER und alles im RAMONES-Stil verpunkt. Jetzt hätte das auch wieder nicht gepasst, englische und deutsche Lieder zu mischen. Und da hat es sich angeboten eine reine Tribut-Platte auf Glam-Rock zu machen. Von den Crustcore-Sachen sind inzwischen auch schon 15 Stücke zusammen, da kommt sogar ein DISCHARGE-Medley in deutsch. Best of, das hat auch noch niemand gewagt, wahrscheinlich lynchen die mich dafür.

Spielst du wieder wie bei "Herman Munster..." alle Instrumente selbst ein?

Alles, komplett! Bei "Glam-Boy" singen auch wieder ein paar Gäste mit, von den PUBLIC TOYS und ein paar aus München. Bei der "Disharmonie" singt wahrscheinlich nur die Resi von den SORTITS ein Lied, ansonsten singe ich alles selbst. Die Scheibe ist knallhart brutal, da geht es um nicht so lustige Sachen, sondern um Themen wie Gewalt, Kriege, Tiervernichtung und all diese Scheisse. Ich mag dieses Wort Künstler nicht gerne, aber irgendwie ist ein Musiker doch ein Künstler, der verschiedene Sachen aufnimmt und ausdrückt. Wenn ich 18 bin, dann habe ich ein Ding und mache das eben. Aber wenn du 42 bist, alle Instrumente spielst, fünf Jahre Hippie-Zeit erlebt, 10 Jahre als Punk, als Yogi und als halber Mönch gelebt hast, da sind ganz verschiedene Einflüsse da. Und in meinem Alter geht es um nichts, besonders wenn du das nicht professionell machst. Da kannst du das völlig frei durchziehen und brauchst dich nicht bei den Plattenfirmen anbiedern. Grossartig Kohle verdienen kann man im Amateurbereich sowieso nicht. Da kannst du froh sein, wenn du das Geld wieder rein bekommst.

Du bist ja Teil des derzeitigen grossen Münchner Punkrevivals. Die letzten Jahre war dort punkrockmässig alles tot. Woran lag das deiner Meinung nach?

Ich glaube, das liegt daran, dass die Münchner relativ reich sind. Und Punkrock ist ja eigentlich eine Bewegung von Armen oder Leuten, die unzufrieden sind. Im Ruhrpott ist Punkrock zum Beispiel viel aktiver, dort haben die Leute viel weniger. München ist eher eine Schickeria-Stadt.

Wie erklärst du dir dann, dass es in München jetzt wieder so viele Punkaktivitäten gibt?

Wahrscheinlich waren zur rechten Zeit die richtigen Leute am richtigen Ort. Da war das Kruzefix-Fanzine als Medium, da war Schlecht & Schwindlig als Label und das Ballroom als Konzertort. Das sind ja die drei wichtigsten Sachen und wenn eines davon fehlt, dann geht es meistens nicht. Alle haben sich ziemlich engagiert und mit dem Simon77-Festival wurde dafür der Startschuss gegeben.

Von einigen Leuten ist zu hören, dass dieser Simon, nach dessen Tod es 1997 ein Revival-Konzert mit allen alten Münchner Bands gab, ein etwas arroganter Typ gewesen sei.

So wie ich oder die meisten von uns ihn gekannt haben, war er ein total netter Kerl. Aber man muss dazusagen: Es ist schon richtig, es ist eigentlich ein Kult drum gemacht worden, so eine Art Totenkult. Er war halt der Punk, der von Anfang bis zum Schluss immer gleich war, immer gleich aussah, immer dieselbe Jacke an hatte, dieselbe Schnute gezogen hat und alle anderen haben sich irgendwann mal verändert. Im Grunde war der Tod vom Simon, so paradox das klingt, die Wiedergeburt der Münchner Punkszene. Die meisten Bands auf dem Simon77-Festival wie TOLLWUT, SCUM oder ich haben sich alle extra nur für diesen Gig zusammengetan. Und das war so ein Erfolg, dass bis heute mehr oder weniger alle Bands weitergemacht haben.

Bei den Bands handelt es sich ja um eine alte Clique von früher. Hat sich durch eure Aktivitäten auch was in bezug auf neue Bands getan?

Ja, das ist ja das Witzige daran. Die Alten sind nochmal aus ihren Gräbern rausgekommen, haben aus Spass wieder Musik gemacht und die Jüngeren damit wiederum positiv beeinflusst. Es sind in den letzten zwei Jahren massig junge Bands aus dem Boden geschossen. Und mittlerweile ändert sich die Situation dahingehend, dass die Nachwuchsbands immer präsenter werden und es inzwischen mehr neue als alte Bands gibt.

Versuchst du diesen Trend bewusst weiter zu fördern oder zu steuern?

Das Gute ist, dass die Punks wesentlich bewusstere Leute sind als zum Beispiel Diskotheken- oder Hardrockpublikum. Punks schauen eher genau hin: Was kostet das, was hat die Band für eine Aussage, was machen die politisch, was machen die privat? Deswegen glaube ich nicht, dass man das steuern kann.

Immerhin bist du ja so eine Art Punk-Papi für das jüngere Volk.

Vielleicht liegt das einfach daran, dass ich die Kids wirklich gerne mag. Das ist einfach ein Faible von mir. Deswegen hiess auch die zweite Marionetz-LP "14", die ja praktisch nur von Problemen von Teenagern handelt. Diese Rechnung ging aber damals nicht auf. Da gab es dann ganz böse Worte, ich würde auf Kinder stehen und so. Aber zu heute: Mir ist es ein paar mal schon passiert, dass so junge Typen zu mir hergekommen sind und gefragt haben, wie alt ich sei. Als ich dann gesagt habe, dass ich über 40 bin, meinte der eine: "Das ist ja unglaublich, mein Vater ist 39 und so ein Spiesser. Ich wäre so froh, wenn ich in deinem Alter auch so sein könnte wie du." Ich glaube, dass viele Jugendliche Angst haben, genau so ein Spiesser, so ein Arschloch, so ein toter Mensch zu werden. Das war ja bei mir auch so.

Bist du dann so eine Art Modell dafür, wie man mit Punk ausserhalb einer bürgerlichen Existenz altern kann?

Das Schöne ist eigentlich, dass Punk etwas anarchistisches, etwas gesetzloses ist. Das heisst, es gibt keine echten Regeln. In anderen Staaten, in Russland gibt es Punks, die tragen alle lange Haare, schreiben überall "Hitler" hin und hören SEX PISTOLS und DEAD KENNEDYS. Für die ist das Punk. Dann gibt es andere, gerade in Amerika und Südamerika, die kiffen sich voll und nehmen Drogen, für die ist das wieder Punk. Dann gibt es Rockergangs, die schlagen alles zusammen, für die ist das dann Punk. Und für mich ist Punk eher Spass, wie bei den alten Bands, schocken und Spass haben. Eine Form von Freiheit und psychologisch gesehen eine Form, wie Kinder eigentlich sind. Kinder sind direkter, wenn die Hunger haben, schreien sie, wenn sie kotzen müssen, kotzen sie. Die sind frei von diesen Normen. Deswegen glaube ich, dass Punk in irgendeiner Form immer weiter bestehen wird.

Wie lautet denn die Prognose für den Punkrock in München?

Es kommt und geht. Wie sagen die Inder: Wenn die Blüte am Blühen ist, dann verwelkt sie bald...