Wenn es um die legendären „Killed By Death“-Sampler geht oder man sich das Ziel gesetzt hat, eine einigermaßen vollständige Vorwende-BRD-Punk-Sammlung zusammenzutragen, wird man früher oder später an REMO VOOR geraten, die vor ziemlich genau dreißig Jahren eine selbstproduzierte und eigenfinanzierte Single veröffentlicht haben. 1978 hervorgegangen aus den ein Jahr zuvor gegründeten DEFLORATION, bestand die Band bis 1979 und brachte es trotz brachialer Provinzheimat in Homberg zu insgesamt 17 Auftritten und eben einer Power-Pop-Punk-Single mit den Titeln „Toilet love“ und „Frogrammer“. Zum dreißigjährigen Geburtstag und Wiederveröffentlichung der 7“ auf Rich Bitch ein paar Fragen an JoJo, den ehemaligen Bassisten.
Was ist das für ein Gefühl, wenn man sich im illustren Kreis anderer KBD-Urzeitbands wieder findet, und wie kriegt man so was mit?
Ein gutes Gefühl, da sind wir gut aufgehoben, zusammen mit den RAZORS, KFC und so. Behjan hat mich 1999 im Web aufgetrieben über meine damalige Hamburger Band ELAYNE. Er sagte mir, dass REMO VOOR auf den Samplern drauf ist, und wir haben getauscht.
1979 eine 7” selber auf den Markt zu werfen, war keine Selbstverständlichkeit. Wollte euch kein Label?
Wir wussten, dass wir zwei erstklassige Songs haben, und wollten die unbedingt auf Platte sehen. Uwes VW-Käfer wurde dazu bei der Volksbank verpfändet, um mit dem Geld die Single im Winter ’79 in Berlin aufzunehmen. 500 wurden gepresst, Vertrieb gab’s keinen, wir wurden im Hessischen Rundfunk gespielt, dann musste Bernd, der Drummer, nach Berlin, weil die Bundeswehr ihn sonst geholt hätte. Und als die Band aufgelöst war, kam das erste Label und wollte REMO VOOR signen.
Wie viel würdest du für ein gut erhaltenes Originalexemplar eurer Single bezahlen?
Ich habe ja noch ein paar, aber 300 Euro wäre sie mir sicher wert, wenn ich keine hätte. Gegen Höchstgebot gebe ich noch ein paar ungespielte Originalsingles von ’79 ab.
Ziemlich verrückt, dass Leute dafür dreistellige Beträge auf den Tisch legen!
Kann ich aber gut verstehen, die Songs sind einfach wegweisend. Punks weltweit lieben die Single.
Darum also die Wiederveröffentlichung auf Rich Bitch.
Die Nachfrage nach REMO VOOR-Singles war riesengroß, aber es gab immer weniger Exemplare. Shane, selber Drummer bei der DISCREET DOLL BAND und Macher von Rich Bitch Records, hatte mich kontaktiert und wir sind uns einig geworden. Die Single wurde auf meinen Wunsch hin auf der einen Seite vom Originalmaster lauter abgemischt. REMO VOOR hat die Songs damals nämlich viel härter gespielt und wir wollten das Teil einfach noch lauter und druckvoller hören. Das ist Rich Bitch gut gelungen.
Hat euch Punk nachhaltig beeinflusst oder habt ihr losgelassen?
Ich höre seit 1976 Punk, am liebsten die alten englischen Bands, aber unsere absoluten Helden waren die RAMONES. Davon abgesehen: Punk rules forever. Ich suche dringend nach Altpunks in Hamburg für eine gut abgehangene Punkband. Wer Bock hat: jojoelayne@aol.com.
Was machen die REMO VOORs heute?
Pater Punk hat in Eigenregie letztes Jahr einen neuen Song ins Netz gestellt, der richtig gut abgeht: „Mir platzt gleich der Schädel“. Mig Schägger alias Uwe, Gitarre, ist Zahnarzt und Heinz Hoffmann alias Bernd, Drums, die machen heute keine Musik mehr. Ich hatte bis vor einem Jahr eine Soul/Punk-Band namens SOULSHELTER– zwei Frauen, zwei Männer – am Start. Und Anfang 2010 erscheint von mir ein Buch im Piper Verlag, das am Rande auch die Punk-Zeit behandelt, Titel: „HimbeerToni“.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #84 Juni/Juli 2009 und Kalle Stille
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