Warum REBARKER innerhalb von gut zehn Jahren nur drei Releases vorzuweisen haben? Nun, sagen wir einfach, die angepissten, düsteren Screamo-Veteranen aus Magdeburg sind eine ganz spezielle Band ...
REBARKER gibt es ja schon eine gefühlte Ewigkeit. Wie lange eigentlich genau?
Daniel: Ich glaube, seit 2002 oder 2001. Die erste Show haben wir 2002 gespielt und viel Vorlauf gab’s da eigentlich nicht. Genau genommen bin ich auch das einzige verbliebene Mitglied der Urbesetzung.
Was bedeutet der Bandname?
Daniel: Eigentlich ist das nur ein dummes Wortspiel. Auf dem Weg zu einem Festival in Mannheim haben wir über einen Namen diskutiert. Das war die Zeit dieser Bands mit Schauspielernamen à la Charles Bronson. Irgendwie kamen wir dann auf Lex Barker von Winnetou ... und das wurde dann zu REBARKER. Wir mochten auch den Zusammenhang mit „Bellen“.
Sebi, wie ist das für dich als neuer Sänger? Du singst ja wahrscheinlich größtenteils die Texte deiner Vorgänger, oder?
Sebi: Ja, ich bin mittlerweile der vierte Sänger und seit zweieinhalb Jahren dabei. Die Texte sind ziemlich kryptisch, was mir sehr entgegenkommt, weil ich selbst so schreibe und auch den Stil von Leuten wie Jacob Bannon mag. Mir gefällt dieser Style und ich fand es einfach gut, dass ich diese Texte übernehmen konnte.
Was ich mich bei euch immer frage, ist die Sache mit der Halbwertszeit. Ihr existiert mittlerweile zehnmal so lange wie die Standardband aus eurem Genre. Wie kommt das?
Daniel: „Live fast, die young“ ist nicht bei uns. Wir machen slow und leben länger. Nein, im Ernst: Viele dieser Bands sind um einiges aktiver als wir. Platte raushauen, Arsch abtouren, auflösen – das ist ja das Schema, weil man sich da auch nicht wirklich neu erfinden kann. Wir hingegen haben nie wirklich viel gespielt und hatten auch immer mal längere Pausen. Dazu kamen diese Sängerwechsel ... da haben wir schon öfter überlegt, wie geht es weiter. Aber wir haben immer noch Lust und abgesehen von diesen Wechseln weiß der Kern der Band schon, was er aneinander hat. Außerdem macht es noch Spaß, zu spielen und Songs zu schreiben. Mittlerweile gibt es ja dreimal Nachwuchs in der Band, alle haben feste Jobs und viel zu tun.
Ändern sich da innerhalb von 17 Jahren auch die Motivation und die Herangehensweise an so eine Band?
Daniel: Gute Frage. Ich glaube nicht, dass sich da für mich viel verändert hat, wenn es darum geht, warum oder wie ich das mache. Wir haben live nie wirklich den Kontakt zum Publikum gesucht und das Ganze immer eher für uns gemacht. Natürlich gehe ich da jetzt mit einer ganz anderen Intensität ran. Bei der Bandgründung habe ich noch Gitarre gespielt wie ein Bassist.
Hat es euch nie gewurmt, dass ihr musikalisch zwar immer vorn mit dabei wart, aber nie in der ersten Liga mitgespielt habt?
Daniel: Mich hat es nie gestört. Wenn du es so lange machst, also auf diesem Level und ohne die Motivation, groß was zu reißen, dann passt das schon. Nach der self-titled 12“ gab es 2014 dann auch mehr Anfragen, als wir bedienen konnten. Wenn wir da zehn Jahre jünger gewesen wären, okay, dann hätte sich das vielleicht anders entwickelt. Aber ehrlich gesagt war diese Grundmotivation nie da, übermäßig viel zu spielen und den ganzen Zirkus mitzumachen.
Was ist euer absoluter Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt mit der Band gewesen?
Daniel: Tiefpunkt waren immer die Personalwechsel oder besser gesagt, der Weg, wie du da hinkommst. Die Leute hören ja nicht nur auf, weil sie keine Zeit mehr haben. Da gibt es natürlich noch andere Gründe, also zwischenmenschliche Kisten, nervige Diskussionen, Streit und so weiter ... Dafür mache ich das nicht.
Christoph: Ich fand unser erstes Cry Me A River Festival ziemlich gut. Festival, vor mehr Leuten und so, geil. Das erste Konzert mit Sebi vorm Getränkefeinkost war auch ein Highlight für mich. Downer fällt mir gerade kein konkreter ein. Waren vielleicht einfach zu viele, hahaha.
Sebi: Ich habe mit REBARKER noch gar keine Downer erlebt. Mein persönlicher Höhepunkt mit der Band war auch die Show vor dem Getränkefeinkost. Das war draußen auf der Straße, mitten am Tag und vor super vielen Zuschauern. Meine ganzen Leute waren da, sogar mein Vater. An diesem Abend wollte ich noch zu KADAVER gehen, also mit meinem Vater, weil der auch auf diesen Sound steht. Und irgendwie kriegte er mit, dass ich nachmittags mit REBARKER spiele, und er meinte dann, cool, da komm ich hin und schau mir deine Band mal an.
Waren bei euch anderen auch schon mal die Eltern bei einem Konzert anwesend?
Daniel: Also meine nicht.
Christoph: Meine auch nicht.
Das mit den Eltern finde ich faszinierend. Heute war ja Christophs vierjähriger Sohn auf dem Konzert und wollte sich unbedingt eure Band anschauen. Das fand ich super, weil es bei den meisten Leuten eher nicht so ist, dass sie diese Punkrock-Kiste mit ihren Familienangehörigen teilen. Und dabei denke ich: Wenn mein Sohn mal in einer Band spielt, dann schaue ich mir definitiv alle Shows an.
Daniel: Also ich habe das immer abgeblockt. Ich wollte nicht, dass meine Eltern zu den Shows kommen. Irgendwann haben sie das mit der Band aber doch mal mitbekommen, wollten aber nie dabei sein. Oder sie wollten es und haben nichts gesagt.
Sebi: Meine Eltern sind komplett das Gegenteil. Ich spiele seit 15 Jahren in irgendwelchen Bands, und meine Mutter stand schon bei meinem allerersten Auftritt mit so einer riesengroßen Videokamera da und hat die Show gefilmt. Seitdem kommen die zu allen Konzerten von meinen Bands und geben auch Feedback. Die haben sogar teilweise T-Shirts von meinen Bands gekauft.
Ist es für euch eigentlich ein Thema, dass ihr aus Magdeburg kommt? Habt ihr schon mal so eine Art Stigmatisierung erlebt aufgrund der Tatsache, dass ihr aus dieser hässlichen kleinen Ossistadt kommt, die für all diese hässlichen Sachen bekannt ist?
Sebi: Meiner Erfahrung nach schnallt das Publikum gar nicht, wer wir sind oder woher wir kommen, weil wir während des Sets de facto nichts sagen. Außerdem hat niemand von uns diesen klassischen Magdeburg-Slang, so dass es von daher auch nicht auffällt.
Daniel: Also auf Konzerten ist noch niemand wegen dieser Sache auf uns zugekommen. Dabei haben wir das Thema selbst öfter aufgegriffen. So hatten wir zum Beispiel auch Texte, in denen es darum ging, um Magdeburg und um all das Negative, das man mit dieser Stadt verbindet.
Könnte man sagen, dass ihr in Magdeburg mit eurer Musik und diesem DIY-Ansatz so ziemlich allein dasteht oder sogar isoliert seid?
Daniel: Als ich noch hier gewohnt habe, war es so, dass ich oft auf Konzerten in Leipzig mehr Bekannte und Freunde getroffen habe als bei Shows in Magdeburg. In Magdeburg habe ich nicht selten gedacht, okay, hier ist echt niemand, den ich zu meinem Umfeld zählen würde.
Sebi: Ich habe das Gefühl, dass es in Magdeburg gar keine Szene gibt, was diese ganze DIY-HC/Punk-Kiste angeht. Es gibt ein paar Leute, die das hören und sich dafür interessieren, ja, aber das war’s dann auch. Es ist eben nicht so eine Szenestadt wie Leipzig, wo sich so eine Band wie REBARKER in einem oder gleich mehreren Läden verorten ließe. So etwas gibt es hier gar nicht.
Stehen neue Aufnahmen an? Was habt ihr sonst mit der Band für Pläne?
Daniel: Wir haben neues Material, ja, und wir wollen auch aufnehmen, wissen aber aktuell noch nicht wie, wann und wo.
Sebi: Wir wurden neulich von einer Band nach Israel eingeladen. Die meinten, kommt runter, auch wenn’s nur für ein Wochenende ist. Das ist eine coole Vorstellung, mal in solchen Ländern oder generell im Ausland zu spielen.
Christoph: Ich fände es geil, wenn wir das Level trotz all dem anderen Kram halten könnten und es hinkriegen, uns die Zeit freizuschaufeln und mit der Band weiterzumachen.
Daniel: Ich habe mich zwischenzeitlich schon mal gefragt, ob das noch mein Ding ist, mit der Band vor Leuten zu spielen. Seit einer ganzen Weile ist dieser Gedanke aber verschwunden, was cool ist. Ausland, klar, das wäre geil. Mein Ziel ist aber eher, noch Aufnahmen zu machen und die rauszubringen.
Zum Schluss noch die drei All-time-Favs, bitte.
Sebi: Also bei mir sind es „Undoing Ruin“ und „Hidden Hands Of A Sadist Nation“ von DARKEST HOUR und „You Fail Me“ von CONVERGE.
Daniel: Geprägt haben mich vor allem die „Licht + Luft + Leben“-7“ von LEBENSREFORM, CONVERGE mit „Jane Doe“ und „Only The Diehard Remain“ von BATTERY.
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