RAMONES-SPECIAL: RAMONES-Museum

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Alles für Joeys Wohnzimmerschrank

Flo Hayler entdeckte die RAMONES in den Achtzigern für sich – und entwickelte eine derart ausgeprägte Liebe zur Band, dass er zum Sammler von Memorabilia wurde. Seit zehn Jahren betreibt er das Ramones-Museum in Berlin. Hier erzählt er, wie er sein mittlerweile international bekanntes Reich der Artefakte aufbaute.

Flo, wie bist du zu den RAMONES gekommen?


Ich bin aufgewachsen in Helmstedt. Wir waren zu DDR-Zeiten der letzte Ort vor dem Grenzübergang nach Berlin. Da haben wir natürlich nach Abwechslung gegiert. Ein Freund von mir hat dann das „Damenwahl“-Album von DIE TOTEN HOSEN mit in die Schule gebracht und ich war sofort angefixt. Ich bin dann über die deutschen Bands zum Punk gekommen. Von da aus war es dann nicht mehr so weit zu den RAMONES. Und die waren es dann! Die RAMONES haben bei mir einen Nerv getroffen, den man als 14-Jähriger eben hat.

Dennoch ist es nicht selbstverständlich, einer Band so ergeben zu sein, dass man ihr ein Museum einrichtet. Also: Wie ist dein Ramones-Museum entstanden?

Ich habe so oft wie möglich versucht, die Band live zu sehen. Ich war ja Fan. Und als sie ankündigten, in Rente zu gehen, habe ich eben gehandelt wie ein Fan: Ich habe versucht, ihnen noch ein paar Sachen abzuquatschen – und habe mit Johnny einen Tausch vereinbart: Ich gab ihm ein Elvis Presley-Filmplakat, das ich zu Hause hatte und das ihn interessierte – und er gab mir eine seiner Bühnenhosen. Danach habe ich weitere Sachen gesammelt und stand weiterhin mit den Bandmitgliedern in Kontakt. Als ich dann mit meiner Freundin zusammengezogen bin, sagte sie zu mir: „Da hängen mir zu viele Sachen an der Wand. Die müssen mal weg.“ Das habe ich eingesehen – und habe alles in den Partykeller der befreundeten Band ELKE gebracht. Und an den Wochenenden habe ich dann die Türe zum Keller aufgeschlossen und Leute eingeladen und das Ganze dann Ramones-Museum genannt.

Das ist jetzt zehn Jahre her ...

Ja, und ich habe es anfangs aus Spaß gemacht – und mache es immer noch aus Spaß. Wobei die neue, größere Location in der Krausnickstaße mehr Möglichkeiten bietet und über das reine Museum hinausgeht: Sie ist prädestiniert dafür, dort Konzerte zu veranstalten, ein Café zu betreiben und Bier, Kaffee und Kuchen zu verkaufen. Es ist ein Treffpunkt für RAMONES-Fans, Punks und andere Außenseiter.

Wie viele Exponate hast du mittlerweile gesammelt?

Ich habe sie nie gezählt, aber mit 500 liegt man sicher nicht falsch. Es sind auf jeden Fall zu viele, um sie alle sofort zu verarbeiten. Man muss schon in Etappen reingehen, sprich: zwischendurch mal alles wirken lassen und ein Wasser trinken.

Woher stammen die Ausstellungsstücke, mal abgesehen von Johnnys Hose?

Sie stammen aus allen erdenklichen Quellen. Die Basis bilden zwar die Dinge, die ich damals selber von den Bandmitgliedern bekommen und die ich von den Touren mitgebracht habe. 1998/99 habe ich aber über eBay America auch viele Dinge gekauft, die aus den Siebzigern stammen – und damit aus einer RAMONES-Ära, die ich selber nicht miterlebt habe. Ich habe alles gekauft, was ich finden konnte. Und weil es früher bei eBay noch keine Foto-Funktion gab, lief alles blind und ich musste hoffen, dass das Shirt, das ich da für einen Dollar ersteigerte, auch wirklich ein Original war. Als es das Museum dann gab, habe ich gezielt versucht, Lücken zu schließen und Fotografen und Roadies gesucht, um etwa an ein Foto von CJs erstem Konzert zu bekommen. Und als diese Lücken wiederum geschlossen waren und das Museum bekannter war, gingen Schränke und Schubladen auf, die normalerweise nicht aufgehen. Der erste Manager der RAMONES, Danny Fields, hat mir zum Beispiel in New York drei Kisten in die Hand gedrückt und gesagt: „Hier, die brauche ich nicht mehr. Nimm mit.“ Oder Arturo Vega, der das RAMONES-Logo entworfen hat, hat bekanntermaßen die allergrößte RAMONES-Sammlung weltweit und hat einen großen Teil zum Museum beigetragen. Und ich kaufe natürlich immer weiter. Bis heute.

Ein teures Hobby?

Ja. Andere fahren in Urlaub, ich kaufe den Wohnzimmerschrank von Joey. Für den bin ich nach New York geflogen und habe mir einen Truck gemietet, um 600 Kilo Schrank und anderen RAMONES-Plunder zum Hafen zu fahren und nach Berlin zu verschiffen. Für das Verschiffen habe ich zwar zehnmal so viel ausgegeben wie für die Sachen, aber wenn man den Leuten für den Eintritt ins Museum Geld abknöpft, auch wenn es nur einmalig 3,50 Euro inklusive einer lebenslangen Mitgliedschaft sind, dann muss man ihnen auch etwas bieten. Dann reicht ein RAMONES-Toaster nicht aus.

Gibt es eine Sache, die du liebend gerne noch für dein Museum haben würdest?

Ja! Johnny Ramones Gitarre! Beziehungsweise die, auf der er von 1977 bis zum Ende der Band gespielt hat – die frühere wurde ihm ja geklaut. Das ist die Punk-Gitarre schlechthin. Es gibt keine wichtigere Gitarre im Punkrock als Johnny Ramones weiße Mosrite. Auf ihr wurde Punk erfunden.

Weißt du, wer sie hat?

Ich glaube Daniel Ray, der die Band ja ein paarmal produziert hat ...

Falls er sie hat, könntest du ihn ja nett fragen und darum bitten. Immerhin bist du der Chef des Ramones-Museums!

Ich glaube nicht, dass das etwas bringen würde. Diese Schublade wird zubleiben. Wie ein paar andere auch. PEARL JAM zum Beispiel haben in ihrem Proberaum ein Bühnen-Backdrop der RAMONES hängen. Das würde mir Eddie Vedder sicherlich auch nicht geben, wenn ich ihn danach fragen würde – auch wenn er schon Gast im Museum war. Aber das ist auch in Ordnung. So lange jeder, der solche Dinge besitzt, sie in Ehren hält und nicht wegschmeißt, ist doch alles gut.

Welches ist dein Lieblingsstück aus der Museums-Sammlung?

Gibt es nicht. Jedes Exponat spielt eine Rolle und ist ein Teil der Geschichte. Ich weiß nur: Die Besucher finden die persönlichen Sachen am besten: Hosen, Jacken, Schuhe, Walkmen.

Geklaut wurde auch schon?

Ja. Gelegenheit macht Diebe. Und die Gäste probieren es. Aber ich mache den Leuten keinen Vorwurf, denn all diese Sachen hätte ich auch gerne zu Hause, haha. Ich gebe den Besuchern sogar die Gelegenheit, etwas mitzunehmen ... Wenn man es drauf anlegt, dann kann man sich schon ein Buch oder ein T-Shirt einstecken. Es gilt nur eins: Von allem, was angeschraubt ist, lässt man bitteschön die Finger! Ich habe aber mittlerweile auch eine ziemlich sichere Technik des Einrahmens und der Hängung gefunden.