QUEENS OF THE STONEAGE

Die QUEENS OF THE STONEAGE sind angereist aus Palm Desert, um uns auf ihrer Europa-Tour mit MONSTER MAGNET zu zeigen, wo der Rock die Eier hat. Über das letzte Album "Rated: R - Feel Good Hit Of The Summer", soll an dieser Stelle nicht mehr viel gesagt werden, denn schließlich wurden bereits genug Worte darüber verloren. Werfen wir also unser Augenmerk auf aktuellere Dinge, wie die Tour und die Singleveröffentlichung des "Feel Good Hit Of The Summer".

Mein Gesprächspartner ist für´s erste Bassist und Frontweirdo Nick Olivieri, der jedoch später von Josh Homme abgelöst werden wird. Wir schreiben den 4. Dezember 2000, heute Abend werden die QUEENS als Opener für MONSTER MAGNET fungieren. Ich mache es mir mit Nick im Backstageraum der QUEENS bequem. Aus dem neu erstandenen Ghettoblaster tönt der Blues von R.L. Burnside. Schlagzeuger Gene Troutman wieselt durch den Raum, um das ungemütliche Neonlicht der Lampen durch Einsatz bunter Folien in eine etwas angenehmere Atmosphäre zu tauchen. Die Luft ist geschwängert von Räucherstäbchenduft. Ich frage Nick, was dieser Aufwand soll.

Nick: "Dieser beschissene Raum ist für die nächsten acht Stunden unser zu Hause, also versuchen wir rauszuholen, was möglich ist, um uns hier halbwegs wohl zu fühlen."

(Das sehe ich ein und wenn ich bedenke, was kurz vor und nach der Show in diesem Räumchen los sein wird, ist Nicks Erklärung mehr als legitim.)

Nick, lass uns gleich auf das Artwork eurer LP-Version des letzten Albums zu sprechen kommen. Wer hatte eigentlich die Idee zu dem doch sehr expliziten Artwork der LP?

Nick: "Das war Joshs und meine Idee. Wir wollten das ursprüngliche Artwork verruchter und dreckiger gestalten. Die CD-Variante war ´r-rated´, die LP sollte nun x-rated werden, wenn nicht gar ´Triple-x-rated´. Ha, Ha, Ha!"

(Josh später zum gleichen Thema: "Unser Anliegen war, Männer und Frauen abzubilden. Es ging uns nicht um schicke Stripperinnen, sondern um das Fleisch an sich. All we wanted was meat, flesh, you know? Da besteht schließlich ein psychologischer Unterschied zwischen der Abbildung von Fleisch oder pornographischer Nacktheit.")

Mit wem habt ihr für eure Videoclips zusammengearbeitet? Da haben wir auf der einen Seite das Real-Video zur ersten Single "The Lost Art Of Keeping A Secret" und auf der anderen Seite das psychedelische Trickvideo zu "Feel Good Hit Of The Summer".

Nick: "Für das letztere Video haben wir mit einem guten Freund zusammengearbeitet, der auch maßgeblich für unsere Webpage verantwortlich ist. Für ersteres zeichnet John Parazzi verantwortlich. Er hat auch ein paar Videos für die EARTHLINGS? gemacht. Er ist ein klasse Kerl, der unsere Musik mag, sie auf sich wirken lässt und unter diesem Einfluss das Video gestaltet. Wir sagten ihm einfach: "Hey, we like what you do, we trust you." Also lag alles in seinen Händen, er hatte freies Spiel."

Warum habt ihr für eure neue EP ausgerechnet "Who´ll be the next in line" von den KINKS gecovert? Das ist nicht gerade ein Song von einer Band, den man von euch erwarten könnte.

Nick: "Gerade deshalb haben wir diesen Song gecovert. Die Leute sollen denken: "What!?!" Auf der Single haben wir ja noch ein Cover "Never Say Never" von ROMEO VOID aus L.A. Wir wollen halt nicht in diese Stonerrock-Ecke gesteckt werden. Wir wollen zeigen, dass wir an anderem interessiert sind und uns überall bedienen wollen und können. Und, wie man sieht, besteht keine Scheu unsererseits dies auch durchzuführen. Auf der anderen Seite hat es ausserdem eine Menge Spaß gemacht, ins Studio zu gehen und ein paar Coversongs einzuspielen. Zumal die KINKS in ihren Anfängen wirklich coolen, garagigen Kram spielten. Der Song ist ausserdem herrlich einfach. This is part one. This is part two. Let´s repeat part one, let´s repeat part two. Song´s over! Ha, Ha, Ha! Eine gute Melodie und ein paar Akkorde, sowas mag ich."

Werden in Zukunft noch mehr Coversongs zu erwarten sein?

Nick: "In der selben Session haben wir noch "Everybody´s gonna be happy", auch von den KINKS, aufgenommen. Aber das wird vorerst noch nicht veröffentlicht."

Wie ich bereits erfahren habe, habt ihr ganz gerne Musik auch auf Tour dabei. Welche Bands/Musiker hörst du im Moment am liebsten?

Nick: "Oh, zuletzt hatte ich R.L. Burnside an, aber ich habe auch Björk, WEEN, Johnny Cash, THE CRAMPS, TURBONEGRO, MINUTEMEN dabei."

Warum gerade Björk?

Nick: "Sie hat eine unglaublich intensive Stimme, eines der besten Instrumente, das ich je gehört habe. Manchmal versuche ich auf ihre Art zu singen, und da mir dies nie gelingt, merke ich jedesmal how bad ass she really is. Sie singt manchmal so genial in verqueren Arrangements, da frage ich mich dann "How did she do that?!?"."

Kommen wir zu eurer Tour. MONSTER MAGNET und ihr seid eigentlich ein feines Gespann, jedoch entwickeln sich eure Stile in entgegengesetzte Richtungen.

Nick: "Die Tour verläuft großartig! Es ist cool, zwei verschiedene Stile des Rock´n´Roll von zwei heavy Bands mit zwei verschiedenen Shows. Wir tanzen nicht soviel herum wie die Jungs von MONSTER MAGNET, sondern bleiben am Mikro und singen. Und selbst wenn ich nicht singen würde, würde ich wohl kaum mit dem Ärschchen wackeln. Wir sind alle gut miteinander befreundet und MONSTER MAGNET haben eine fantastische Live-Show. Ich habe sie jedoch mal anno 1990 im CBGB´s gesehen und was da abging, ist mit ihrer heutigen Performance nicht zu vergleichen. Es war sehr garagig und psychedelisch."

Mir ist zu Ohren gekommen, dass ihr nur etwa 30 Minuten spielt.

Nick: "Oh, das ist von Show zu Show unterschiedlich. Wir spielen etwa 30-45 Minuten und lassen unser Set meistens in einem Jam ausklingen. Da improvisieren wir alle, Gene macht lauter krasse Sachen am Schlagzeug und wir anderen halten alle viel Augenkontakt."

Wie sehr kümmert es dich, dass die Medien euch als das große neue Rockding proklamieren?

Nick: "Das lasse ich nicht so an mich ran. Das müssen die Kritiker, Journalisten und andere Rockbands unter sich ausmachen. Eigentlich liegt es hauptsächlich an den Leuten, die unsere Platten kaufen. Wir haben damit nichts zu tun. Wir machen die Musik, die uns gefällt und fabrizieren auch nicht bewusst irgendwelche Hits. Wir sind uns immer treu geblieben und haben auch in allen anderen Projekten, an denen wir uns beteiligten, einfach nur versucht gute Musik zu machen."

Lebt ihr eigentlich immer noch in Palm Desert und wenn ja, was macht ihr in dieser heißen Wüstenstadt?

Nick:
"Josh und ich leben in L.A., wir fahren nur zurück in die Wüste um Musik zu machen. Das Schöne an der großen Stadt ist, das man Abends noch weggehen kann. In der Wüste ist um halbzehn Zapfenstreich."

Eine letzte Frage noch, die du wahrscheinlich schon öfter beantworten musstest, Nick, aber wie sind die allgemeinen Resonanzen auf euer letztes Album, hier in Europa und drüben bei euch?

Nick: "Wir haben auf beiden Seiten des Ozeans reichlich positives Feedback bekommen. Wir sind sehr froh und dankbar dafür und entwickeln somit um so mehr Spaß, live aufzutreten."

 

Nick verläßt den Raum und ich bin mit dem 1,96m-Mann Josh Homme alleine, der sich seit den letzten vier Fragen auch im Backstageraum niedergelassen hat. Wir verfallen in ein lockeres Frage-Antwortspiel. Ich frage Josh nach seinem scheinbar französischen Nachnamen und er erzählt, dass es in Norwegen eine kleines Städtchen gibt, das Homme heisst. Da kommt seine Familie und sein Nachname her. Er sei also kein Franzose, sondern zum einen Teil Norweger, zum anderen Schotte (deutet auf seine roten Haare) und zum dritten Teil Deutscher. Josh´s Lieblingsfilm ist übrigens "Blazing Saddles" von und mit Mel Brooks und Richard Pryor. Doch als ich mit "Ein Rabbi im wilden Westen" mit Gene Wilder und Harrison Ford kontere, landen wir bei "Air Force One". Ich schlage den Haken zu Sci-Fi und "Alien" und H.R. Giger, woraufhin Josh Giger für genial, aber seltsam befindet. Ich erfahre, dass Josh Goya mag und spreche ihn auf Frank Kozik an. Dieser hätte einen Vogel, was Josh mit einem Pfiff dokumentiert, wäre aber ebenfalls genial und er vergleicht Koziks künstlerische Herangehensweise mit der Andy Warhols. Kozik wäre herrlich unpolitisch korrekt und er liebe das. Dali; ich lerne: In Saint Petersburg in Florida wäre das beste Dali-Museum in Amerika. Dort könnte man von frühen Skulpturen über Skizzen bis hin zu riesigen Gemälden alles bewundern. Die Frage, ob er viel fernsehe, verneint er. Es wäre nicht so, als würde er es nicht mögen, aber er hat kaum die Gelegenheit fern zu sehen.

Unser Chat wird nun unterbrochen und wir bekommen Besuch von einer Maniküristin. Sie soll Joshs Fingernagel reparieren, da dieser durch das Gitarrespielen bis auf das Nagelbett abgebrochen ist. Meine Aufgabe besteht nun darin, zu dolmetschen und der guten Frau zu erklären, dass Joshs Nagel ruhig Scheiße aussehen darf, Hauptsache der Kunststoffersatz hält so lange wie möglich. Josh erklärt mir, dass er das Problem immer hat. Sobald er ein paar Tage auf Tour ist, spielt sein Fingernagel nicht mehr mit. Tja, das harte Los eines Rockstars!

Das Konzert:
Ich verpasse DIE HAPPY, die den Abend in der Phillipshalle einläuten. Für die Band sicher eine feine Sache bei dieser Tour zu supporten, doch das Quartett um die reizende Sängerin Marta passt nicht wirklich ins Billing.

Die Show der QUEENS ist überraschend professionell. Man weiss, im Gegensatz zum Bizarre-Festival ´98, wie man den Zuschauer packt und erst am Ende wieder loslässt. Es scheint, als gelänge es, das hypnotische Moment der Club-Shows auf die große Bühne zu retten. Wunderbarerweise steigt man mit dem "Feel Good Hit Of The Summer" ein. Neben älteren Songs, wie "Avon" und vieles vom neuen Werk, kommt der Zuschauer auch in den Genuß der B-Seite "Ode to Clarrisa", ein hittiger, bluesiger Rocker. Mit "I think I lost my headache" kommt es zu einem furiosen Abschluss. Furios, weil Josh einen wahren Marathonlauf an Schrägheiten auf der Gitarre vollführt. Trotz der etwa 45 Minuten Spielzeit ist mir der Auftritt doch arg zu kurz und ich habe einige Songs ("Autopilot"!) schmerzlich vermisst.

Nun heißt es Bühne frei für die momentanen Könige des Poserrock: MONSTER MAGNET. Die Band gibt fast hauptsächlich Material der letzten beiden Alben "Powertrip" und "God Says No" zum besten. Das bedeutet leider viel Rock, wenig Atmosphäre. Natürlich ist die Show fein, mit brennender (in eine Schutzhülle verpackter) Gitarre, Stripperinnen, die bei der letzten Zugabe "Spacelord" ihr Stelldichein geben und den Magnetisten uniform in schwarzes Leder gewandet. Doch von Psychedelica, für die MONSTER MAGNET einstmalig ein Inbegriff waren, ist nicht mehr viel zu spüren.

Nach der Show herrscht im Backstagebereich reges Treiben. Eine große Meute von Freunden beider Bands, die Presse, VIVA II und einige andere tummeln sich in den engen Gängen und Räumchen. Unter anderem stoße ich auf zwei Mitglieder der holländischen Rocker BEAVER, über deren Besuch sich besonders Josh zu freuen scheint. Auch Thomas D nebst Andi Y ist im Haus und ich lasse mir sagen, dass er mit Dave Wyndorf über deren Kollaboration diskutiert. Angeblich wären die beiden sogar schon aktiv gewesen. Nun ja, lassen wir uns überraschen, was dabei herauskommen mag.

In den Katakomben ist die Party weiterhin im Gange und der Backstageraum der QUEENS ist das Epizentrum des lustigen Treibens. Hier treffe ich unter anderem Ed Mundell , seines Zeichens Gitarrist von MONSTER MAGNET, an und frage ihn, ob es möglich ist, irgendwann sein Soloprojekt ATOMIC BITCHWAX auf deutschen Bühnen zu erleben. Wie nicht anders zu erwarten, erklärt er mir, dass dies von seinem Zeitplan her natürlich sehr schwer wäre, aber er habe durchaus große Lust dazu und wird schauen, wie sich die Dinge ergeben.

Auch mit Hutch, dem fünften Bandmitglied der QUEENS, unterhalte ich mich. Er ist verantwortlich für die optische Bühnenpräsenz und den Sound der Show. Doch fast noch wichtiger ist seine Position als guter Geist der Band. Der Vierzigjährige mit den grauen Indianerzöpfen und dem Cowboyhut ist blendend gelaunt und weiss freundlich und unterhaltsam zu berichten. Als ich Nick absolut sturzbetrunken durch die Räumlichkeiten wanken sehe, frage ich Hutch, ob mit Nick alles in Ordnung sei. Hutch erklärt mir, dass Nicks Situation zwar traurig, aber für ihn auch normal ist. Nick wüsste halt nicht Maß zu halten und saufe bis er umkippt oder einschläft. Soviel zum Rock´n´Roll Lifestyle....

Auch mit dem normalerweise eher schweigsamen Brendon McNichol führe ich ein Pläuschchen. Er kommt aus New York und ist ebenfalls Mitglied bei den MASTERS OF REALITY. Auf dieser Tour ersetzt er Dave Catching von den EARTHLINGS? und fügt die exotischen Elemente zum Sound der QUEENS bei. Soll heißen, er bedient die Lap Steel Guitar, die Keyboards und die zweite Gitarre. Ich spreche ihn auf sein böse rotes Auge an und Brendon gibt eine Anekdote zum gestrigen Abend zum besten: Da habe er im Hotel gesessen und sich mit einem Streichholzbriefchen eine Zigarette anzünden wollen. Das brennende Köpfchen brach jedoch ab und flog ihm direkt ins Auge. Er dachte, er erblinde, aber am Ende war das Ganze doch nur halb so wild. Mit dieser guten Nachricht beschließe ich meinen Bericht von der Rockfront und laßt uns alle hoffen, dass Nick sich nicht zu Tode säuft und wir in Zukunft mit weiteren feinen Alben der Band gesegnet werden.