Punknet - Gen Z entdeckt Subkultur

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Diesmal: Eine neue Pop-Punk-Welle

Als ich mit 13 alternative Musik entdeckt habe, hießen die großen Pop-Punk-Bands NECK DEEP, BLINK-182 und ALL TIME LOW. Wer mit dieser Aussage schon ein Problem hat, für den wird es schwer zu verkraften sein, dass im Jahr 2021 ein TikTok-Star das „Pop Punk Revival“, wie es das Paper Magazine nannte, anführen soll.

Corona und Lockdown haben mit Sicherheit den einen oder anderen ein wenig durchdrehen lassen. Die jüngere Generation hat sich TikTok zur Hauptbeschäftigung gemacht – jeden Tag gibt es neue sinnlose Clips zu entdecken, am beliebtesten sind vor allem die Tanzvideos. So wird einer ganz neuen Generation Musik vorgestellt, denn wenn gerade ein:e große:r TikToker:in einen häufig eher merkwürdigen Tanz zu einem Sound erfindet, geht der Song gerne mal viral und landet unerwartet in den Charts (zuletzt war die Musik der Kinderserie „The Backyardigans“ voll im Trend). Viele große TikToker:innen machen sich das zunutze und schlagen einfach selbst eine Musikkarriere ein – nicht zuletzt die TikTokerin Bella Poarch, die mit ihrem Song „Build a bitch“ über 113 Millionen Streams auf Spotify sammeln konnte und somit offenbar den Nerv der Zeit traf.

Aber auch Lilhuddy ist auf der Bildfläche der Musikmachenden aufgetaucht. Er ist nicht nur bekannt dafür, die E-Boy-Ästhetik (ein Thema für ein andermal) popularisiert zu haben und somit eine neue Generation des Emo anzuführen, sondern auch für seine Rolle im „Pop Punk Revival“ des neuen Jahrzehnts. Denn laut dem Paper Magazine ist er eine wichtige Figur in eben diesem Revival des Pop-Punk, was auch immer das bedeuten mag. War Pop-Punk jemals weg? Ihr fragt euch, was eine Internet-Berühmtheit in gestreiften Langarmshirt mit Pop-Punk zu tun hat? Lilhuddy hat seine Berühmtheit auf TikTok genutzt, sich von Machine Gun Kelly, Yungblud und Co. inspirieren lassen und mit „21st century vampire“ seinen eigenen Song gemacht. Und der ist – zugegebenermaßen – wirklich nicht schlecht und bewegt sich im Mainstream-Pop-Punk. Von hier ist es allerdings auch nicht mehr weit bis BLINK-182, NEW FOUND GLORY, GOOD CHARLOTTE und Co.

Gesagt, getan und der Song wird ein Hit auf TikTok. Über 13 Millionen Streams auf Spotify, und auf TikTok wurde der Song in über 27.000 Videos genutzt. Gar kein schlechter Anfang also für einen TikTok-Star, der vor allem durch das TikTok-Collective Hype House und seine Beziehung zu TikTok-Star Charli D’Amelio Bekanntheit erlangte. Viele von euch werden jetzt trotzdem sagen, dass das Ganze ja überhaupt nichts mit Pop-Punk, geschweige denn mit Punk und sowieso nichts mit Subkultur zu tun hat. Der größte Beweis für Lilhuddys Pop-Punk-Existenz ist allerdings, dass BLINK-182-Drummer Travis Barker mittlerweile auch auf den Rising Star aufmerksam geworden ist und eine Collab mit Barker scheint im Jahr 2021 ein Gütesiegel dafür zu sein, dass man Teil der Pop-Punk-Community ist.

Bei seiner zweiten Single „The eulogy of you and me“ bekommt Lilhuddy nämlich Unterstützung von Barker – der half beim Schreiben und Produzieren der Single. Das ist schon ein krasser Aufstieg für einen TikTok-Star. Von der Tanzvideos verbreitenden-Plattform mit zum Teil fraglichen Inhalten zu Songs mit Travis Barker schaffte es bisher nur er. Das ist aber nicht der einzige Beweis für die Wichtigkeit von Lilhuddy im Pop-Punk. Auch wenn viele weiter daran festhalten, dass früher alles besser war und Pop-Punk spätestens mit BLINK-182 gestorben ist, entdeckt gerade eine ganz neue Generation diese Musik für sich – und das auf moderne Art und Weise. Heutzutage gibt es kein MTV und auch kein VIVA, wo man stundenlang vor dem Fernseher verbringt und den neuesten Scheiß präsentiert bekommt. Man muss sich seine musikalische Sozialisation anders beschaffen – und zwar durch TikTok. Zum zweiten Mal (kennt ihr noch MySpace?) schafft es eine Plattform, den Fokus auf Musik zu legen und so seine Creators zu Stars zu machen.

Die meisten werden jetzt wahrscheinlich immer noch denken, dass Lilhuddy nur ein weiterer belangloser Künstler ist, der ja gar keinen richtigen Pop-Punk macht und sowieso ist neu immer scheiße. Man muss ihn und seine Musik nicht mögen, aber man kann nicht abstreiten, dass er für viele der Gen Z sicherlich ein Einstieg in die alternative Musik ist und durch ihn Bands der Punk-Szene deutlich zugänglicher werden. Die moderne Einstiegsdroge in den Punk sozusagen.