PUNK-TRADITIONEN - TEIL 32

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Buttons

Ich habe diesen verstohlenen Blick drauf, wenn ich Menschen aus unserer Szene treffe: Was hängen da für Buttons an der Jacke?

Waren es in der frühen Punkzeit noch bevorzugt diese riesigen, sicher fünf Zentimeter großen 1970er-Jahre-Buttons, schrumpften die Dinger später, heute sind die zwei oder drei Zentimeter großen Buttons – im englischen Sprachraum ist meist von Badges die Rede – verbreiteter, wobei es in letzter Zeit wieder einen Trend zu größeren Buttons gibt. Mein Blick also gilt der Jacke des Gegenübers: Was hängt da am Revers, an der Brust, an der Klappe der Tasche, an der Lederjacke? Der verstohlene Blick wird um so bohrender, je kleiner das Logo und die Schrift sind. Es gilt: Zeig mir deine Buttons und ich weiß, wer du bist. Was genau das Ziel ist. T-Shirts wechselt man mehrmals die Woche, sie sind im Winter unter der Jacke, also wird mit Buttons Flagge gezeigt in Sachen Musikgeschmack. Nur totale Nerds wechseln die je nach Anlass, meist wird hier den drei, vier, fünf ewigen Bandfavoriten Tribut gezollt, und da gilt es, eine repräsentative Auswahl zu treffen, um seinen guten Geschmack zu beweisen. Und ja, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch ein gewisses Heischen um Anerkennung als Motivation dahintersteckt. Und besonders gewitzte Mitmenschen mit „normalem“ Job gönnen sich bisweilen sogar die Extravaganz, am Anzug einen unauffälligen Bandlogobutton zu tragen, wohl wissend, dass auch in ihrem beruflichen Kontext Punksozialisierte unterwegs sind und man sich so untereinander erkennt. Es gab so schon die unwahrscheinlichsten Begegnungen ...

Kaufte man Buttons einst in Plattenläden und auch mal auf Konzerten, waren dies meist offiziell hergestellte Merchandise-Artikel. Punks verfügten quasi nie über eigene Produktionsmittel, Buttonmaschinen waren schwer zu bekommen und teuer. In den letzten 25 Jahren hat sich das massiv verändert, für 200 bis 300 Euro kann man ein Einsteigerset erwerben und sich einen lahmen Arm und zerstochene Fingerkuppen beim DIY-Ansteckermachen holen. Wertschöpfung leichtgemacht: Kostete so ein Button früher 50 Cent, nimmt der Merchmensch heute auch gerne mal 2 oder 3 Euro. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass 1.000 Rohlinge 120 Euro kosten ... Und Buttons sind überall: offizielle und Bootlegs. Logo aus dem Internet geladen, in Druckvorlage gepackt, ausgedruckt, ausgestanzt (gibt Maschinen dafür für kleines Geld) und schon hat man MISFITS, BLACK FLAG, BAD RELIGION und Co. ansteckfertig. Kreativer ist es da, für die eigene Band tätig zu werden, eigene Designs zu entwerfen, DIY auch in gestalterischer Hinsicht als Maxime zu haben. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Nur dem Platz an der Jacke.