PUNK DU ARSCH!

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Alttestamentarischer Asi-Punk

In Hamburg kennt man inzwischen Szene-bedingt die T-Shirts der Band PUNK DU ARSCH wesentlich besser als deren Musik. Das liegt bei dem plakativen Slogan, den sich die vier Herren da als Bandnamen ausgedacht haben, auf der Hand. T-Shirt und Aufkleber damit bedruckt und Hamburg zugekleistert. Keine Klowand, auf der man nicht „Punk du Arsch!“ lesen kann. Kein Konzert in der Hansestadt, bei dem nicht mindestens einer im Publikum ein entsprechendes Shirt trägt. Doch die Herren machen auch noch Musik und nicht nur in Mode. Bei ihren Auftritten in und um Hamburg herum konnte sich der gemeine Pöbel bereits häufiger davon überzeugen, dass PUNK DU ARSCH nicht bloß eine dicke Lippe riskieren, sondern echt sind und hinter dem stehen, was sie so abliefern. Und da wird dann weder musikalisch noch textlich ein Blatt vor den Mund genommen. Ganz egal, mit wem man es sich dadurch verscherzt. Anbiedern und nach dem Mund reden hat für die Band rein gar nichts mit Punk zu tun ... Und das kann man nun auch auf ihrem ersten Album „Volume 1“ hören, das via Pest & Cholera Records das Licht der Welt erblickte. Ich traf mich mit der Band – Schul Ze (Gesang), El Urban (Bass), Frank.i.l.l. (Gitarre) und Crissie Long Dong (Schlagzeug) – in einem lauschigen Hamburger Biergarten bei Bier und Wodka.

Wie kamt ihr nur auf so einen plakativen Bandnamen?

Schul Ze: Hansi, ein alter Freund von uns und eine Hamburger Punkrock-Institution, legte einmal im Skorbut auf, als ein langhaariger Hippie ihn fragte, was er da eigentlich für komische Musik spielen würde. Da antwortete er: „Punk, du Arsch!“ Und so war der Name geboren, Ganz unspektakulär.

Frank.i.l.l: Ich wurde nur gefragt, ob ich nicht in einer Band mitspielen will, die PUNK DU ARSCH! heißen und in Richtung Asi-Punkband gehen soll. Da konnte ich was mit anfangen.

Crissie Long Dong: Tauchte der Name nicht bereits im Alten Testament auf, wo es in der Genesis doch heißt: Und es werde PUNK DU ARSCH!?

Die Band ist ja noch recht frisch, die Musiker selbst aber bereits alte Hasen. Wie habt ihr zusammen gefunden und was habt ihr vorher so gemacht?

Schul Ze: Ich habe schon immer laute, intolerante und anstrengende Musik gemacht, als ich in einer sehr großen, bekannten Band gesungen habe. Dafür möchte ich an dieser Stelle aber nicht noch mehr Werbung machen.

El Urban: Ich habe erst letztlich wieder meine Andrea-Berg-Nummer gefahren. Das mache ich aber eher für mich im stillen Kämmerlein.

Frank.i.l.l.: Ich habe wohl schon in fast allen großen, bedeutenden Punkbands gespielt, meistens allerdings nur auf dem Plattenteller. Mit ein paar Bier dazu war ich auch ziemlich gut. Ganz früher habe ich auch mal in echt bei den BRAINEATERS mitgemacht.

Crissie Long Dong: Ich war Background-Tänzer in El Urbans Andrea-Berg-Coverband. Doch da fühlte ich mich irgendwann nicht mehr ausgefüllt, weil ich auch mal an ein Instrument heran wollte. Ach ja, bei TOKIO HOTEL musste ich auch immer den kleinen Bruder spielen.

Man munkelt ja in Hamburg, dass mehr Leute euere T-Shirts kennen als eure Musik ...

El Urban: Das ist richtig und wichtig. Von daher auch kein Wunder.

Schul Ze: Eben. Wir haben ja auch gerade erst unsere Platte rausgebracht. Vorher konnte uns auch noch keiner zu Hause hören. Die T-Shirts aber schon anziehen.

El Urban: Es war schon eine SEX PISTOLS-mäßige Vermarktungskampagne. Establish the name. Reichtum ist keine Schande.

Was macht für euch Punk im Jahr 2013 noch aus?

Schul Ze: Hahaha ...

Frank.i.l.l.: Bestimmt nicht, sich die Arme tätowieren zu lassen, ein Band-Shirt überzuziehen und cool sein zu wollen.

In welcher Tradition seht ihr die Band?

Schul Ze: In erster Linie back to the roots. Auf die ganze metaphorische Scheiße bei diesen Jammer-Punkbands hatten wir von Anfang an keinen Bock. Einfach das machen, wovon man groß und stark geworden ist.

Crissie Long Dong: Nihilismus. Oder vielmehr wachrütteln, ohne dabei gleich irgendwelche halbgaren Lösungen mitzuliefern.

Wer ist schlimmer: P.c.-Kasper oder unpolitische Ignoranten?

Schul Ze: Das kommt immer auf den Umgang mit seinem eigenen Umfeld an. Ignorieren geht eigentlich gar nicht. Natürlich muss sich jeder mit der Scheiße auseinandersetzen, die einen umgibt. Da muss man ja auch täglich durch, ob in Form der totalen Verweigerung oder des kleinsten Übels. Jeder von uns. Aber meine eigene Einstellung anderen aufzwingen zu wollen, geht gar nicht. Ich kann mich doch nicht hinstellen und sagen, mach das so oder so, das ist schön und das ist nicht so schön. Take it or leave it. Wenn einem etwas nicht passt, kann man auch gehen.

Frank.i.l.l.: Um auf deine Frage zurückzukommen, der P.c.-Kasper ist schlimmer. Der andere fällt mir wenigstens nicht übel auf.

El Urban: Für alles und jeden Verständnis zu haben, ist auch eine Form von Gleichgültigkeit. Leben und leben lassen, dazu bedarf es eines gesunden Mittelweges.

Missionieren wollt ihr die Leute also mit euern Texten und der Musik nicht?

Schul Ze: Missionieren auf keinen Fall. Eher befreien.

El Urban: Die Frage ist doch: Werden wir gegrillt oder werden wir nicht gegrillt?

Wo trifft man einen waschechten Dalai-Lama-Hooligan?

Frank.i.l.l.: In Miramar.

Schul Ze: Das lief letztlich erst im Fernsehen. Die prügelnden Mönche von Miramar. Der Buddhismus ist nämlich gar nicht so p.c., wie alle immer glauben.

El Urban: Für mich ist der Buddhismus auch nicht die rechte Wange hinhalten.

Schul Ze: Urban war 25 Jahre in Tibet, um für diesen Song zu recherchieren.

Frank.i.l.l.: Und ich bin deswegen vor 22 Jahren extra Vegetarier geworden.

Crissie Long Dong: Und ich grinse. Das ist mein Beitrag.

Habt ihr keine Angst, es euch mit zu vielen Leuten, auch aus der eigenen Szene, aufgrund euerer provokanten Texte zu verscherzen?

El Urban: Also Frank.i.l.l. will nur noch innerhalb der Grenzen von 1989 spielen.

Schul Ze: Punk war doch immer schon Provokation. Damit haben wir angefangen: mit provozieren. Wir haben Punk gemacht, um uns von diesen ganzen Zwängen zu befreien. Leider ist die heutige Szene so viel von Leuten durchsetzt, die meinen, es besser zu wissen. Das ist wie so ein Kleingartenverein, der der Szene erzählen will, was gut und was schlecht ist. Jeder soll sich seine eigene Meinung bilden. Gerade dafür ist Punk doch entstanden.

El Urban: Und so wie man sich seine eigene Meinung bilden kann, sollte man dem anderen auch die seine zugestehen. Wenn jemand Enten oder Eulen sammeln will, dann soll er das tun. Deswegen ist er ja noch nicht spießig.

Euer Trommler tritt stets maskiert auf. Hast du Angst davor, als Privatperson mit dem Rest der Band in Verbindung gebracht zu werden?

Crissie Long Dong: Das liegt daran, dass ich ja weiterhin noch als Background-Sänger in der Andrea-Berg-Coverband und als TOKIO HOTEL-Bruder auftrete. Alleine dadurch bin ich vertraglich dazu gezwungen, nicht öffentlich in anderen Bands zu spielen.

Schul Ze: Aber nun hast du dich aber doch öffentlich geoutet. Wenn El Urban jetzt noch zugibt, dass er eigentlich Harald Juhnke ist ...

Ihr habt euer Debütalbum ausschließlich im CD-Format veröffentlicht. Meint ihr nicht, dass sich die CD inzwischen als Medium erledigt hat?

El Urban: Doch, hat sie. Vinyl war für uns aber nicht bezahlbar. Das ist ja in der Herstellung viel teurer. Daher hat uns die Plattenfirma zur CD gezwungen.

Schul Ze: Und wir waren ja froh, dass wir überhaupt eine gefunden hatten.

Noch ein paar Worte zum Album?

El Urban: Penis. So sollte das nächste Album heißen.

Frank.i.l.l.: Ich bin immer noch der Meinung, das nächste Album sollte Schmorkohl heißen.