Punk Art #24

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PAULINHO TSCHERNIAK

In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer und Cover gestalten. Diesmal sprachen wir mit Paulinho Tscherniak.

Bitte stell dich kurz vor. Wie und wann bist zu zum Punk gekommen?

Ich bin Paulinho Tscherniak und lebe in Sao Leopoldo im Süden Brasiliens. Ich bin 36 Jahre alt und arbeite seit 2002 als Illustrator und Grafiker. Gleichzeitig bin ich auch Sänger und Gitarrist der brasilianischen Punkrock-Band FLANDERS 72. Mein Leben ist eine wilde Mixtur aus Punkrock und Illustrationen. Das sind alles Dinge, die mein Herz höher schlagen lassen.

Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an und wie ging es weiter?
Mein Vater hat auch schon immer als Illustrator gearbeitet. Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, war ich ganz oft nach der Schule mit ihm in der Werbeagentur, für die er gearbeitet hat. Und während er arbeitete, verbrachte ich Stunde um Stunde damit zu zeichnen. Ich habe schon immer Cartoons, Comics und Videospiele geliebt. Als ich 18 wurde, begann ich, in einer Werbeagentur als Grafiker zu arbeiten. Zu dieser Zeit fing ich dann auch an, Gitarre zu spielen. Ich kann schon sagen, dass ich den perfekten Ausblick hatte, wie mein Leben aussieht, wenn ich genau das mache, was mir Spaß macht. Ich habe zehn Jahre lang in Werbeagenturen gearbeitet, dann habe ich mich zu Hause selbständig gemacht. Das war die beste Entscheidung meines Lebens.

Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe oder digital am Rechner?
Heute arbeite ich mit iPad Pro, also mit Tablet und Pencil. Das ist fast das identische Gefühl, wie mit einem richtigen Stift oder Pinsel auf Papier zu zeichnen. Natürlich habe ich schon damit begonnen, auf die traditionelle Art und Weise zu zeichnen, aber die Arbeit heute mit dem Tablet ist einfach perfekt, weil ich mit einem Gerät quasi alle möglichen Arten an Pinseln, Tinten, Farben und Papieren einsetzen kann. Manchmal kommt auch noch mein Rechner mit Maus zum Einsatz, wenn bei einer Zeichnung stärker vektorisiert werden muss.

Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?
Ich habe mir vieles selbst beigebracht. Mein Vater konnte mir aber auch oft zahlreiche gute Tipps geben. Als Teenager habe ich mal einen Comic-Kurs besucht, das war echt hilfreich. Ich lerne immer noch Tag für Tag dazu und probiere beim Zeichnen neue Stile und neue Wege aus, um andere Ergebnisse zu erzielen. Ich liebe meine Arbeit.

Hast du künstlerische Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?
Nein, künstlerische Vorbilder habe ich nicht. Aber ich versuche immer wieder, beim Zeichnen neue Wege zu gehen und damit mein Repertoire auszuweiten. Als Stil liebe ich auf alle Fälle Comics und alte Cartoons.

Gibt es deine Kunst auch zu kaufen und falls ja, in welcher Form – Originale oder Drucke? Und was muss man dafür ausgeben?
Ja, ich verkaufe auch Drucke über Instagram. Und auch über RedBubble.com kann man Werke von mir erstehen. Drucke gibt es für ungefähr 15 Euro. Wer Interesse hat, kann sich gerne über Instagram bei mir melden.

Arbeitest du auch im Auftrag?
Ja, damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Während der Pandemie habe ich angefangen, im größeren Stil Albumcover, T-Shirts, Poster und noch einiges mehr zu gestalten. Das macht mir wirklich großen Spaß. Punkrock und Illustrationen sind mein Leben und ich bin für diese Arbeit wirklich dankbar. Auftragsarbeiten mit Beziehung zum Punk übernehme ich immer total gerne, ich bin erreichbar unter tscherniak@gmail.com oder auf Instagram unter @paulinhof72.

Welcher Auftrag hat dir bisher am meisten Spaß gemacht? Und welcher war der schwerste? Hattest du schon Aufträge, die du abgelehnt hast?
Im letzten Jahr habe ich einen Joey Ramone-Cartoon gezeichnet und ihn auf Instagram gepostet. Joeys Bruder Mickey Leigh war total angetan von dem Cartoon und hat mich daraufhin eingeladen, das Poster für den Joey Ramone Birthday Bash 2020 zu zeichnen. Das war für mich als riesigen RAMONES-Fan natürlich großartig. Ich kann schon sagen, dass damit ein kleiner Traum wahr geworden ist. Vor kurzem habe ich noch das Cover für eine neue Picture Disc von den QUEERS gezeichnet. Die Frage nach meinem härtesten Auftrag ist schwierig. Gerade die schweren Aufgaben reizen mich und diese Herausforderung bringt schon auch jede Menge Spaß mit sich. Bisher habe ich lediglich Aufträge von Politikern abgelehnt. Ich mag Politiker nicht, besonders die in Brasilien. Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen.

Wie sieht es mit Ausstellungen aus? Hattest du schon welche oder sind welche in Planung oder Vorbereitung?
Das ist etwas, das ich demnächst angehen will. Ich würde lieber heute als morgen eine Ausstellung organisieren. Klasse wäre es, wenn man diese Ausstellungen mit Punkrock verknüpfen könnte. Das wäre schon sehr cool, eine Ausstellung beispielsweise mit einem Konzert meiner Band FLANDERS 72 zu kombinieren.

Was gibt dir deine Kunst emotional?
Ich liebe Kunst. Ich bin wirklich dankbar, dass ich eine Arbeit habe, die mich so erfüllt. Als die Pandemie begann, habe ich einige Kunden verloren, die nicht aus dem Punkbereich kommen. Das waren Kunden, die in der Krise pleite gegangen sind. Ich hatte befürchtet, dass die Situation für mich wirtschaftlich ganz hart wird. Aber ganz plötzlich erhielt ich Aufträge für die Gestaltung von Covern für einige Punkrock-Bands, die ich richtig mag. Das ist echt verrückt. Wenn ich nicht als Grafiker tätig wäre, würde ich wahrscheinlich als Hobby zeichnen und müsste mein Geld mit einem regulären Job verdienen. Ich glaube, dass ich die perfekte Wahl getroffen habe.