POTT RIDDIM

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Denken und Skanken

Das Quartett aus Mülheim an der Ruhr legt richtig los. Plötzlich waren sie da mit einer LP auf Sunny Bastards, „Nie mehr arbeiten gehen“, dann gingen sie auf Tour. Da wollen wir genauer wissen, wie dies alles so schnell kam und wie die Band damit umgeht. Worüber sie singen? Bei dem Bandnamen, na logo, über den Ruhrpott und ihr Leben dort.

Wie fing das mit der Band alles an?

Makko: Wir kennen uns quasi schon ewig und machen seit Jahren gemeinsam Musik. Entstanden ist die Band aus einem Singer/Songwriter-Projekt. Wir haben dann recht schnell erkannt, dass wir alle eine gemeinsame Passion haben und auch problemlos zu einem Style gefunden, an dem wir aber auch weiterhin ständig feilen. Außerdem ist Musikmachen das Beste, was man mit Kumpels hier im Ruhrgebiet tun kann. Es kommt keine Langeweile auf und man kann sie überallhin mitnehmen.

Mein erster Gedanke war: Das klingt ja schwer nach El Bosso, dem Mann, der mit Ska auf Deutsch einst begann. Nur Zufall?

Thorsten: Wer ist El Bosso? Wir sind eigentlich hauptsächlich mit Punk und Ska kalifornischer oder amerikanischer Prägung aufgewachsen. SUBLIME, MAD CADDIES und natürlich NOFX oder LESS THAN JAKE, das sind die Bands, die wir heute noch total abfeiern und regelmäßig live sehen wollen.

Als Zweites kamen mir SONDASCHULE in den Sinn – und siehe da, sie haben euch als Support mit auf Tour genommen ...

Makko: Tja, da können wir nur sagen: Eine Stadt, eine Liebe, eine Gang. Dass wir mit den Jungs auf Tour gehen können, ist für uns natürlich ein Riesenglück Wir kennen uns schon ewig, haben immer gemeinsam mit dem Ohr an den Boxen gehangen, zusammen Musik gemacht und gefeiert. Die Jungs kamen dann logischerweise nicht drumherum, sich das anzuhören, was wir so machen. Und nach viel gemeinsamer Arbeit und dem Feilen an den Songs mit ihrem Sänger Costa sind wir zu einem Ergebnis gekommen, auf das wir ziemlich stolz sind. Für andere, die uns bis dahin noch nicht kannten, ging das natürlich alles sehr schnell, für uns steckt da allerdings viel Arbeit drin.

Thorsten: Wir sind auch selbst gerade in der Phase angelangt, wo wir merken, was im letzten halben Jahr so alles passiert ist, das ist schon ziemlich verrückt, aber gleichzeitig auch total geil!

Habt ihr den Titel „Nie mehr arbeiten gehen“ nur gewählt, um euch über Utopien lustig machen?

Makko: Niemals! Das ist viel mehr ein Seitenhieb auf das, was in unserer Gesellschaft als wichtig wahrgenommen wird. Höher, schneller weiter. Leistung bringen, bis man sich kaputt macht.

Wie reagiert das Publikum auf euch?

Makko: Unglaublich, dass jetzt schon so viele Menschen Lust darauf haben, unsere Musik mit uns zu feiern, und vieles offenbar so ähnlich sehen wie wir. Das begeistert uns und treibt uns an!

Thorsten: Wir haben letztens als Support von GET DEAD im Südrock in Essen gespielt und da waren Leute, die unsere Songs mitgesungen haben, das ist schon ein cooles Gefühl.

Was ist euch wichtiger, gute Texte via Musik unters gemeine Volk bringen oder eher umgekehrt?

Makko: Man sollte ganz genau hinhören und dabei das Tanzen nicht vergessen! Textliche Inhalte sind uns bei uns genauso wichtig wie die Musik. Denken und Skanken, haha.

In „Gute Laune ohne Grund“, aber vor allem in „Pottblach“, kommt die Ruhrgebietsmentalität herrlich durch: Auch wenn etwas schiefgeht, egal, wir lachen trotzdem darüber!

Thorsten: Hier ist in den letzten Jahren so gut wie alles schiefgelaufen, Menschen haben ihre Jobs verloren, es werden wieder Nazis gewählt, das macht einen wütend. Aber Humor und Selbstironie sind gute Ventile, um damit klarzukommen, für mich genauso gut, wie seinem Unmut Luft zu machen und aggressive Mucke mit kritischen Lyrics wie PROPAGHANDI oder GOOD RIDDANCE zu hören.

Findet ihr, dass ihr als Punkband aus dem Revier quasi dazu angehalten seid, auf Deutsch zu singen?

Thorsten: Nee, gar nicht, der Ruhrpott ist zwar an vielen Orten grau, aber die Leute, die hier leben, füllen ihn mit Farbe und machen ihn zu dem, was er für uns ist. Hier leben knapp sechs Millionen Menschen und darunter sind viele, die eine andere Sprache sprechen. Es wäre doch supercool, wenn es auch mal eine arabische Punkband aus dem Ruhrpott geben würde, ich wäre Fan. Außerdem haben die KASSIERER ja schon einmal eine Platte auf Englisch gemacht.

Makko: Nein, das Ruhrgebiet ist bunt, vielsprachig und nicht nur musikalisch abwechslungsreich. In unserem Fall ist das einfach nur die einzige Sprache, die ich annähernd gut beherrsche.

Auf eurem Cover sehe ich einen Kohleförderturm zwischen zwei Palmen. Ist das die Mentalität der Menschen im Ruhrgebiet, sie möchten an den Strand, aber schon nach wenigen Tagen fehlt ihnen der Anblick der Fördertürme?

Thorsten: Wer aus dem Ruhrgebiet kommt, kennt sicherlich den Spruch: „Woanders ist auch scheiße!“ Da ist was dran, aber so ein Urlaub unter Palmen hat natürlich auch seinen Reiz! Mit dem Artwork wollen wir eine Brücke schlagen zwischen den alten Industriebauten, die oft als trist gelten, und dem Sommerfeeling, das man an schönen Tagen hier im Pott durchaus auch verspürt, zwar meist nicht am Strand mit einem Cocktail, aber dann wenigstens an einem Baggerloch mit einem Pils in der Hand. Sommer ist auch viel Kopfsache!