Alle Mitglieder von PKN haben eine Sache gemeinsam: Sie lieben simplen, rohen Punkrock und mir fällt aus dem Stegreif keine Band ein, die diesen Sound momentan besser und authentischer spielen kann. Besonders großartig sind die Texte der Finnen, die sich frei von jeder Poserscheiße auf das Leben der Jungs beziehen, die alle mit einem Handicap leben. Nun schickte Finnland PKN zum Eurovision Song Contest nach Wien, leider schied die Band in der Vorrunde aus. Meine Fragen beantwortete die Band mit Hilfe von Kalle, der PKN bei Koordination und Planung unterstützend begleitet.
Wie ist die Band entstanden? Wie habt ihr euch kennen gelernt?
Kalle: Wir haben Ende 2008 begonnen. Pertti, Gitarre, und Kari, Gesang, kennen sich bereits seit den Neunziger Jahren. Sie hatten zusammen schon so eine Art Band. Pertti und Kari und dazu noch ein Drummer. Sami, Bass, und Kari haben sich in der Wohngemeinschaft kennen gelernt, in der sie beide wohnen. Seit 2004 gibt es bei uns einen Musik-Workshop, speziell für Erwachsene mit Lernbehinderungen, die in dem Bereich Musik beziehungsweise Kultur arbeiten wollen. Dort haben sich Sami und Pertti getroffen. 2005 stieß dann noch Schlagzeuger Toni dazu. Daraus wurde dann nach und nach PERTTI KURIKAN NIMIPÄIVÄT.
War gleich klar, dass ihr Punk machen wollt?
Kalle: Als PKN sich gründeten, war gleich klar, dass es sich um eine Punkrock-Band handeln würde. Das liegt vor allem an Pertti und seiner Liebe zu Punkrock. Er hört Punk ja schon seit den späten Siebzigern.
Wo wir bei Einflüssen wären: Gibt es spezielle Bands, die für PKN wichtig sind?
Pertti: Meine Lieblingsbands sind: KOLLAA KESTÄÄ, RATSIA, VAAVI, KARANTEENI, YPÖ-VIIS, HURRIGANES, SENSUURI, Pelle Miljoona, EPPU NORMAALI und viele, viele mehr. Ich mag alle mögliche Musik, aber das sind meine klaren Favoriten.
In dem Film „The Punk Syndrome“ von 2012, der euer Tourleben behandelt, wird gesagt, ihr wäret die „letzte finnische Punkband“. Ist Punk in Finnland kein großes Thema mehr? Gibt es Strukturen, die es euch ermöglichen, Gigs zu spielen?
Kalle: Wir erinnern uns nicht, dass wir selbst behauptet hätten, dass PKN „die letzte Punkrock-Band“ wären. In Finnland ist Punkrock auf jeden Fall am Leben und es läuft gut. Punk war nie weg! PKN spielen normalerweise in Clubs oder Bars. Im Sommer auch hin und wieder auf kleinen oder auch größeren Festivals.
Wie seid ihr insgesamt mit der Doku zufrieden?
Sami: Sehr zufrieden! Wir sind sehr glücklich damit.
Wie muss man sich den kreativen Prozess bei euch vorstellen?
Kalle: Also, ich schreibe nichts für PKN, falls du das meinst. Pertti bastelt ein Riff oder auch zwei. Dann verinnerliche ich das, was Pertti gespielt hat, und zeige es den anderen Jungs. Dann probt die Band das ein und Kari singt dazu. Parallel schreibe ich so viel ich kann mit, damit es notiert ist und wieder abgerufen werden kann. Manchmal benutzt die Band auch Texte von Pertti, zum Beispiel aus seinem Tagebuch. Es war aber auch schon so, dass Songs erst mal ohne Gesang beziehungsweise Text aufgenommen wurden, und Kari dann nachträglich darauf das gesungen hat, was ihm dazu einfiel.
Yrjö Heinonen, ein finnischer Professor für Cultural Studies, hat gesagt: „Die Finnen sind immer sehr sensibel, wenn es um ihr internationales Image geht. PKNs Teilnahme am Contest wird verschiedene Emotionen auslösen. Wenn PKN gewinnen, werden sehr viele Finnen stolz auf sie sein. Falls aber nicht, werden sie sagen, dass es ein beschämender Fehler gewesen wäre, PKN dorthin zu schicken und dass dadurch das Image des Landes beschädigt wäre.“
Sami: Also, für uns ist die Teilnahme eine große Sache und eine große Freude! Erinnert ihr euch noch an LORDI? Als LORDI für Finnland zum Eurovision Song Contest geschickt wurden, waren da auch jede Menge Leute, die darüber empört oder wütend waren. Die gleichen Sprüche: Dass es eine Schande wäre. Manche wollten sogar nach Schweden ziehen aus Scham! Aber dann haben LORDI gewonnen ...
The Guardian gegenüber hast du, Sami, im Vorfeld des Eurovision Song Contests gesagt, dass ihr nicht wollt, dass die Leute für eure Teilnahme stimmen, weil sie „Mitleid“ mit euch haben, und dass ihr nicht anders als „normale“ Menschen seid. Glaubst du, es kommt häufiger vor, dass die Band falsch verstanden wird und Leute nur Sympathie zeigen, weil ihr „Handicaps“ habt?
Sami: Das ist natürlich möglich, dass es solche Leute gibt. So was spürbar erlebt haben wir aber bislang tatsächlich nicht. Ich denke viel eher und fühle auch, dass die Leute uns mögen, weil wir sehr ehrlich in dem sind, was wir machen.
Mike Virus von EVACUATE, früher bei CHEAP SEX und THE VIRUS, wird bald eine LP von PKN auf seinem Label rausbringen, wenn ich richtig informiert bin. Jetzt, da ihr so viel mediale Aufmerksamkeit genießt, klopfen vielleicht auch schon die Majorlabels an?
Kalle: Mike möchte eine Compilation machen, entweder eine ganze LP oder eine EP. Es wird so eine Art „Empfehlung“ sein für die USA. Und natürlich ist das eine großartige Sache und wir sind voll dabei! Wir haben die Songs dafür noch nicht ausgewählt, das ist keine leichte Sache. Mikes Label ist natürlich kein großes. Und nein, es sind bis jetzt keine großen Firmen hinter uns her. Ich denke, Mike wusste gar nicht, dass wir beim Eurovision Song Contest mitmachen, nach so einer Band hat der bestimmt nicht gesucht. Er ist bestimmt nur wegen seiner Liebe zur Musik dabei. Vielleicht hätte er uns gar nicht kontaktiert, wenn er von dem ganzen Drumherum gewusst hätte, haha! Nur Spaß, es ist absolut großartig, die Chance zu haben, über ihn in den USA eine Platte zu veröffentlichen. Wir finden es super, dass viele Labels Tonträger von uns rausbringen. Überall in der Welt!
Seit klar ist, dass ihr Finnland in Wien vertreten werdet, kam da je der Gedanke auf: „Wow, das ist alles zu viel auf einmal“?
Kalle: Die Band lässt sich absolut nicht stressen. Es ist einfach nur ein Gig wie jeder andere auch.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #120 Juni/Juli 2015 und Henning v. Bassi