PAX BRÄU

Foto© by Wolfram Hanke

Wie das Ox zu Bier wurde

Das Ox feiert dieses Jahr sein 35-jähriges Jubiläum. Anfang 1989 ist die erste Ausgabe erschienen. Das muss natürlich ordentlich begossen werden, am besten mit dem eigenen Bier. Deshalb hat sich die Ox-Redaktion mit Pax Bräu in der bayerischen Rhön zusammengetan und ein eigenes Ox-Bier entwickelt. Brauer Andreas Seufert hat schon einige Erfahrung mit Auftragsbieren. Er hat schon für die Kollegen vom Trust Fanzine ein Black Pils gebraut und auch für die befreundeten Würzburger Bands PHANTOM WINTER und MALM Hopfenkaltgetränke entwickelt. Wenn es ums Brauen geht, kennt seine Kreativität keine Grenzen. Das Pax-Ox-Bier gibt es ab sofort im Pax-Webshop.

Wie hat das alles angefangen mit Pax Bräu? Du hast ja 2007 als Ein-Mann-Brauerei in einem ehemaligen Bauernhof in Oberelsbach in der Rhön angefangen.

Ich habe bei der Würzburger Hofbräu Brauer und Mälzer gelernt und jeder, der seinen Beruf liebt, versucht, das Gelernte auch zu Hause umzusetzen. Deshalb habe ich im Kochtopf hin und wieder mal zwanzig Liter gebraut. Irgendwann hat mir der damalige Organist in Oberelsbach im Landkreis Rhön-Grabfeld, wo mein Onkel wohnt, erzählt, er habe ein Bierrezept aus Mesopotamien aus dem Jahr 1.500 vor Christus entdeckt. Das würde er gerne mit mir nachbrauen. Das haben wir dann im Kuhstall vom Bauernhof meines Onkels gemacht. Dann hat mein Onkel gesagt: Das können wir doch mal wiederholen. So ist die Idee entstanden.

Wie ist dann aus dem Braukessel im Waschzuber eine professionelle Brauerei geworden?
Das ist Schritt für Schritt entstanden. Ich habe immer geschaut, wo ich billig Material herbekomme. Als in Würzburg zum Beispiel eine Metzgerei zugemacht hat, habe ich mir deren Wurstkessel geholt und umfunktioniert. Der wurde immerhin schon mit Gas beheizt, vorher haben wir mit Feuer gearbeitet. Als ich beschlossen habe, die Brauerei gewerblich zu betreiben, hatte ich dann schon einige Jahre Erfahrung. Zuerst habe ich im Nebenerwerb produziert und verkauft, seit 2010 mache ich nur noch Pax Bräu. Damals musste ich mich entscheiden, ob ich aufhöre oder investiere. 80-Stunden-Wochen mit dem Wurstkessel waren auf Dauer nicht machbar.

Was war die Idee von Pax Bräu? Was wolltest du anders machen?
Die Grundidee war eigentlich, dass ich gar kein Bier verkaufen wollte. Das hat am Anfang mein Onkel in meiner Abwesenheit immer heimlich gemacht, haha. Ich habe nie geschaut, was der Markt verlangt oder was gerade sexy ist. Ich habe nur danach geschaut, was ich mag. Was ist mein Ding? Deshalb war meine Hauptbiersorte, die dieses Jahr zwanzigjähriges Jubiläum feiert, ein bernsteinfarbenes, untergäriges Bier mit einem Hauch von Rauch. Damals haben alle zu mir gesagt: Bist du verrückt? Das trinkt kein Mensch! Aber mir war klar: Wenn ich gewerblich Bier herstelle, dann sollte ich nicht genau das machen, was die Brauereien um mich herum auch alle machen. Dann könnte ich mir die ganze Mühe auch sparen, denn die können viel billiger produzieren als ich.

Deshalb hast du für Pax Bräu ein besonderes Konzept entwickelt.
Angefangen haben ich sehr bieder und monothematisch. Das lag aber auch an der Ausstattung damals. Ich habe mit Vollbier angefangen, irgendwann gab es zu bestimmten Feiertagen ein Bockbier. Und dann habe ich festgestellt, dass ich Weißbier auch gern trinke. Also sehr stabile deutsche Bierstile. 2009 habe ich dann einen Lehrgang zum Biersommelier besucht und dort hat sich für mich eine neue Welt eröffnet. Dann habe ich entdeckt, was es in England, Belgien oder den USA gibt. Danach hatte ich einfach riesige Lust, solche Sorten selbst auszuprobieren und so umzusetzen, dass sie auch mir selbst gut schmecken. Irgendwann habe ich dann die Kapazität der Brauerei von 300 Liter auf 1.000 Liter pro Sud erweitert und somit war klar, dass ich ganz viele Sorten brauen kann. Dann habe ich mir überlegt, wie ich es hinbekomme, dass ich das ganze Jahr über möglichst viele verschiedene Sorten brauen kann. So ist mir die Idee für den Kalender gekommen. Seitdem habe ich zwei Standard-Biere und rund ums Jahr jeden Monat ein anderes Bier dazu.

Hast du noch einen Überblick über alle Biersorten, die du jemals gebraut hast?
Aktuell bin ich bei 97 Rezepten, die ich gebraut habe. Das Verrückteste war wahrscheinlich das „Red Dead Temptation“ mit Minze, Himbeeren, Rote Bete und Hibiskusblüten. Was auch sehr seltsam war, wider Erwarten aber sehr gut geschmeckt hat, ist unser Bier zum 400-jährigen Bestehen des Reinheitsgebots. Damals hatten wir mit der Lebensmittelüberwachung und Brauerei-Verbänden öfter mal Diskussionen und das war unsere Antwort darauf. Da waren Wacholderbeeren, Kümmel und Salz drin, denn das war nach unseren Recherchen erlaubt. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass diese Gewürze aus der Krautküche funktionieren, aber es war richtig lecker.

Die Zutaten fürs Bierbrauen sind ja streng reglementiert. Siehst du dich als Punk im Brauwesen, der sein Ding abseits aller Regeln durchzieht?
Schon irgendwie, aber abseits aller Regeln würde ich nicht sagen. Ich habe auch meine Schmerzgrenzen. Chemie geht bei mir überhaupt nicht. Wir halten uns an das vorläufige deutsche Biergesetz aus dem Jahr 1993. Ich verwende für meine Biersorten nur Früchte, Gewürze oder Säfte und das so naturnah wie möglich. Ich bin also schon eine Art Bierpunk, aber innerhalb von Grenzen, die ich mir selbst auferlege.

Woher bekommst du deine Inspirationen für neue Bierrezepte?
Meistens entstehen die Ideen, wenn ich irgendwo was probiert oder entdeckt habe. Nicht nur Bier im Ausland, sondern auch Gewürze oder Mahlzeiten. Ich habe zum Beispiel ein Mango Chili Strong Ale gemacht, das beruht auf einer Sonderaktion bei McDonald’s. Die haben kurzzeitig einen Mango-Chili-Dip angeboten und den fand ich super. Ich musste nur ein Bier daraus machen. Das darf ich gar nicht erzählen, haha.

Markenzeichen von Pax Bräu ist nicht nur die große Vielfalt, sondern auch die Literflaschen. Warum gibt’s dein Bier nur in großen Flaschen?
Meine erste Station nach der Lehre war der Landauer Brauhof in der Pfalz, das war eine klassische Gasthaus-Brauerei. Wenn da irgendjemand Bier mit nach Hause nehmen wollte, dann war das in Ein-Liter-Siphons möglich. Die fand ich hübsch, aber auch unheimlich praktisch. Beim Reinigen, Abfüllen und Etikettieren hat man mit diesen Literflaschen die geringste Arbeit. Das ist vielleicht nicht so konsumentenfreundlich, aber sehr effizient für mich.

Typisch sind auch die farbenfrohen Etiketten von Pax Bräu. Wie sind die entstanden?
Viele Brauereien weichen kaum von ihrem Standard-Etikett ab, wechseln höchstens mal die Farbe oder die Bezeichnung. Das hatte ich anfangs auch, aber das war mir zu monoton. Irgendwann bin ich mit meinem alten Kumpel Christian Krank aka Krikra auf die Idee gekommen, für jedes Bier ein eigenes Etikett zu gestalten. Krikra hat damals schon Comicstrips gezeichnet. Ihn kenne ich schon seit der Grundschulzeit in Würzburg, wir haben sogar mal zusammen in einer Punkband namens PROJEKT SCHIMMELBIFF Musik gemacht. Für den Bierkalender 2012 hat er dann drei oder vier Entwürfe geliefert und ab dem Jahr darauf hat er alle Etiketten entworfen. So ist er quasi zu meinem Hauskünstler geworden.

Bier und Musik ist eine Verbindung, die bei dir ganz wichtig ist. So ist auch der Kontakt zu John Wright von NOMEANSNO entstanden, deinem bislang prominentesten Praktikanten.
Die mit mir befreundete Band MALM hat es 2012 geschafft, ins Vorprogramm von NOMEANSNO zu kommen, und eine Show mit denen im Bamberger Morph Club gespielt. Damals war schon bekannt, dass John auch gerne privat für sich Bier braut. Also habe ich ein paar Kästen Pax Bräu eingepackt und bin mitgefahren. Dann habe ich im Backstage mit John zwei Stunden lang über Bier geredet. Und damals hat er sich schon erkundigt, ob es möglich ist, bei mir ein Praktikum zu machen. Ein Jahr später war es dann soweit und im Juni 2013 hat er eine Woche in Oberelsbach mitgearbeitet. Daraus ist auch ein Bier namens Johnny Hanson Punk Rauch entstanden. Das Rezept hat John damals mitgebracht. Das hat eine Brauerei in Kanada und eben wir in der Rhön umgesetzt.

Seitdem hast du immer wieder für Bands oder Fanzines Bier gebraut.
Ich habe inzwischen mehr Bier mit Musikern gebraut, als ich Kollaborationen mit anderen Brauereien hatte, wie es im Craft-Beer-Bereich ja durchaus üblich ist. Das liegt vielleicht daran, dass ich mit Punk und Hardcore sozialisiert wurde. Ich habe selbst in Bands gespielt und unheimlich viele Freunde in dieser Szene. So sind die Biere für PHANTOM WINTER oder MALM entstanden, beides Bands aus Würzburg. Dolf Hermannstädter vom Trust Fanzine war damals der Booker von NOMEANSO, so sind wir zusammengekommen.

Jetzt hast du auch das Bier fürs Ox gemacht. Wie ist die Idee entstanden?
Joachim hat sich irgendwann bei mir gemeldet und ist sogar in die Rhön gekommen, um sich mal meine Brauerei anzuschauen. Im Liquid Brainstorming ist dann die Idee für ein gemeinsames Bier entstanden, haha. Wir haben einfach alle Bierstile, die da waren, durchprobiert und irgendwann stand die Richtung für das Ox-Bier fest. Das Ox-Bier ist ein Pale Ale geworden, das ein bisschen leichter und milder ist als das Pax Bräu-Pale Ale. Außerdem ist es ein Bio-Pale Ale, was ich mit meinem eigenen Pale Ale noch nicht geschafft habe. Deshalb musste ich recherchieren, was der deutsche Bio-Hopfen-Markt so hergibt, damit wir ein facettenreiches Pale Ale hinbekommen, das weit in den Hals hineinragt.

Das Ganze ist eine Herzensangelegenheit für dich, glaube ich. Reich wirst du mit diesem Projekt sicher nicht, oder?
Bestimmt nicht. Wir haben jetzt auch erst mal 2.000 Liter gebraut in der ersten Auflage. Mal schauen, wie gut das geht. Das Ox lese ich schon seit vielen Jahren. Insofern hat mich diese Kollaboration besonders gefreut, weil ich eine persönliche Beziehung zum Heft habe.

Bei euch auf dem Brauereihof gibt es regelmäßig Events, bei denen Bands auftreten. Da spielt dein Geschmack auch eine Rolle, oder?
MALM haben zum Beispiel den Brauprozess akustisch begleitet. Für das 25-jährige Bandjubiläum habe ich ein MALM-Pils gebraut und dabei hat die Band dann ein Konzert hier in der Scheune gespielt. Das war ziemlich DIY und ziemlich spontan. Dann machen wir immer wieder Hoffeste, bei denen Bands spielen, die uns selbst gut gefallen. 2017 haben wir zum Beispiel unser zehnjähriges Jubiläum mit BLACKSMOKER, CAPTAIN DUFF, THE INSTANT VOODOO KIT oder LOS PISTOLEROS gefeiert.

Der Merch von Pax Bräu sieht aus wie von einer Heavy-Metal-Band. Vorne die Motive von Krikra und hinten das Logo der Brauerei mit dem Motto „Lasst uns Schwerter zu Zapfhähnen schmieden“.
Der Spruch stand natürlich auch Pate für den Brauereinamen Pax Bräu. Und der Look von den Klamotten ist komplett auf dem Mist von Krikra gewachsen. Es war naheliegend, wenn wir schon so ein aufwändiges, schönes Artwork haben, dass wir auch mehr daraus machen. Das erste Motiv, das es als Shirt gab, war das Märzenbier mit dem Monster am Pflug. Das kommt auch immer noch sehr gut an. Krikra sondiert immer wieder, welche Motive sich auf einem klassischen schwarzen Rocker-Shirt gut eignen. Ich gehe selbst regelmäßig auf Festivals, da hat es mich dann schon gefreut, wenn ich zum Beispiel beim Wacken Festival Leute mit Pax Bräu-Shirts herumlaufen sehe. Eigentlich unglaublich für so eine kleinere Brauerei im Herzen der Rhön.

Wie viele Mitarbeiter hast du inzwischen?
Neben mir gibt es noch zwei feste Mitarbeiter, einen Gesellen und einen Lehrling. Dazu habe ich noch acht bis zehn geringfügig Beschäftigte, die beim Abfüllen helfen oder sich um den Bierverkauf am Wochenende kümmern.

Verkauft wird Pax Bräu direkt über die Brauerei und in ausgewählten Supermärkten in der Region Unterfranken. Man kann aber auch ein Abo abschließen, wie funktioniert das?
Wir bringen jedes Jahr einen Bierkalender heraus. Das ist ein achtseitiger Flyer, in dem unser komplettes Portfolio des Jahres abgebildet ist, und dann kann man sich das Bier auch liefern lassen. Da bekommt man jeden Monat das jeweilige Spezialbier aus dem Kalender zugeschickt. Wahlweise zwei, sechs oder sogar 24 Flaschen. Anfangs war ich sehr skeptisch, ob das überhaupt funktioniert, aber inzwischen hatten wir in Spitzenzeiten bis zu neunzig Abonnenten in ganz Deutschland.

Bist du schon mal an einer Idee gescheitert?
Ich würde gerne ein blaues oder ein grünes Bier brauen, und zwar ohne künstliche Farbstoffe. Das ist mir bislang nicht gelungen. Da gibt es Algen, die ich ausprobieren könnte. Und es gibt eine Hefe-Art, die dafür sorgt, dass das Bier ein bisschen wie Wackelpudding wird. Das stelle ich mir sehr lustig vor, haha. Wenn man das Bier aus der Flasche schütteln muss. Daran habe ich mich aber noch nicht herangetraut.