PALEFACE SWISS

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Los jetzt

Die Mischung aus Beatdown-Hardcore, NuMetal, Slam-Death und HipHop trifft den Nerv vieler Hörer. PALEFACE SWISS sind längst ein etablierter Extrem-Act, wähnen sich aber erst jetzt mit „Cursed“ am Beginn ihrer Bandkarriere. Die Musiker aus Zürich treiben diese weiterhin in Eigenregie voran.

Ehrlich gesagt, kenne ich MySpace gar nicht“, entgegnet Frontmann Zelli lachend auf die Frage, ob er sich in der Tradition der OG Deathcore-Bands sieht, die ihre Karrieren einst ebenfalls komplett DIY über die damals neu aufgekommenen Social-Media-Kanäle angeschoben haben: „Ich bin zu jung dafür, um dies selbst erlebt oder mitverfolgt zu haben. Alles allein zu verantworten, ist aber auch für uns effektiv. Wir haben keinen Bock, dass uns Leute reinlabern, wie wir unser Zeug zu machen haben. An dem Ganzen wollen wir so viel Spaß wie möglich haben und das auf unsere Art und Weise. Das ist der wesentliche Grund dafür, auch wenn ich schon ein kleiner Kontrollfreak bin. Weil wir uns selbst so sehr pushen, ist jeder noch so ein kleine Schritt nach vorne ein großer Erfolg. Das macht die Fortschritte für uns noch viel besser.“ Imposante Kennzahlen im Millionenbereich etwa auf YouTube und Spotify belegen, dass PALEFACE SWISS wissen, was sie tun: „Ich bin aber weiterhin fest als Klempner angestellt“, erzählt Zelli. „Wenn wir nicht auf Tour sind, gehe ich ganz regulär arbeiten. Was die Band anbelangt, ist das Musikschreiben der kleinste Teil, weil wir es bislang immer einfach so aus dem Ärmel schütteln. Alles andere nimmt dafür unfassbar viel Zeit ein. Mit dem neuen Album und all den Vorbereitungen ist es nun zum ersten Mal so, dass ich mir von der Band bis zur Release-Tour monatlich ein kleines Gehalt auszahlen lasse. Aber nur um die Stunden zu kompensieren, denn ich habe nunmehr drei Nachmittage fix, an denen ich nur für die Band arbeite. Das reicht mittlerweile kaum noch, aber es sind immer noch vor allem wir vier Jungs, die alles selbst machen.“

Der Frontmann weiß, wofür er all dies tut: „Jedes Mal, wenn ich auf einer Baustelle bin, freue ich mich auf unsere nächste Tour. Denn die nächste Tour wird immer eine sein, auf die wir wirklich Bock haben. Wir wollen nie ganz von der Band abhängig sein und können jederzeit zurück. Sollte es ein zweites Corona geben, brauchen wir uns nicht zu sorgen, dass unsere Leben kaputtgehen. Man darf nicht vergessen, dass auch die Band viel Arbeit bedeutet und wir die ganze Zeit an zwei Orten gleichzeitig hustlen. Deshalb ist es so wichtig, uns den Spaß zu bewahren. Haben wir zehn Tourangebote für ein Jahr, suchen wir uns nur die zwei geilsten raus. Die anderen spielen wir halt nicht.“ Apropos Pandemie, für PALEFACE SWISS ging es erst mit dieser Phase richtig los: „Die Corona-Jahre selbst verliefen für uns sehr erfolgreich, weil die Leute Zeit hatten, im Internet herumzuforschen“, bestätigt Gitarrist Yannick. „Da ging es dann ab mit den Zahlen. Glücklicherweise sind die Leute anschließend auch zu unseren Shows gekommen und nicht nur im Schlafzimmer geblieben. Wir können von Glück reden, dass das bei uns wunderbar geklappt hat. Corona war für uns definitiv keine negative Zeit, sondern die wichtigsten Jahre und das Sprungbrett, uns in der Öffentlichkeit zu etablieren. Erst danach fingen wir an zu touren.“
Im Zuge der Veröffentlichung des dritten Alums „Cursed“ steht 2025 eine Headlinertour an, bei der THE ACACIA STRAIN und DESOLATED eröffnen werden: „Ich rechne es denen hoch an, dass sie uns junge Schnösel supporten wollen“, sagt Zelli. „Das ist natürlich voll krass, weil wir glauben, von beiden noch viel lernen zu können.“ Bei der Zusammensetzung des Tourpakets zeigt sich einmal mehr, welcher Respekt den Schweizern entgegengebracht wird. Die konsequente Fokussierung auf die eigenen Vorlieben zahlt sich aus. Die Heterogenität der Einflüsse der vier Musiker hilft ebenfalls: „Was wir tun, finden wir geil“, stellt der Frontmann klar. „Alles andere ist uns schnuppe. Wir haben nicht einmal eine Formel. Wenn wir einen Breakdown in einem Stück haben wollen, hört man ihn auch. Was für unsere Ohren geil klingt, setzen wir um. Deshalb kann uns niemand vorwerfen, etwas zu tun, das der Mainstream verlangt. Ich selbst komme vom NuMetal. Yannick ist ein Thrash-Metal-Typ. Unser Schlagzeuger favorisiert Death Metal und Slam-Zeugs. Und der Tommy, unser Bassist, stammt aus dem Hardcore. Trotzdem hört jeder auch alles wild durcheinander, wobei sich krass vieles überschneidet. Deshalb schließen wir für unsere Songs auch nichts aus. Hat jemand eine gute Idee, versuchen wir sie umzusetzen. Grenzen gibt es keine. Heute schreiben wir einen Heavy-Metal-Song, morgen einen Hardcore-Track und so weiter.“

Ein variabler Eindruck und spannende Kontraste entstehen da ganz von selbst – gespickt mit markanten Parts, die schroff-catchy im Gedächtnis bleiben: „Das entsteht komplett aus dem Bauch heraus“, beschreibt es der Shouter. „Gerade weil wir aus so unterschiedlichen Ecken kommen, müssen wir uns zwangsweise aneinander anpassen, wenn jeder mal den Takt vorgibt. Alles andere ergibt sich von selbst. Abwechslung braucht man schon allein dafür, damit die wirklich aggressiven Teile auch herausstechen. Es war extrem, wie es bei diesem Album geflowt hat. Bisher haben wir unsere Songs noch nie zwei Mal angefasst. Erst jetzt bei ‚Cursed‘ haben wir ein Stück doch noch einmal überarbeitet, weil uns gewisse Ideen nicht losgelassen haben. Aber alles, was wir jemals geschrieben haben, steht auch online. Wir haben nichts Zusätzliches auf unseren Computern.“ Wer sich die Tracks von PALEFACE SWISS in chronologischer Reihenfolge anhört, kann den Wachstumsprozess der Gruppe aus Zürich gut nachvollziehen. Für die Musiker geht es jetzt erst so richtig los: „Für mich fühlt es sich so an, als wäre es das erste Album, das wir jemals herausbringen“, ordnet Zelli abschließend ein. „Jetzt stehen wir erstmals an dem Punkt, wo wir musikalisch und künstlerisch sein wollen. Alles bisher war Selbstfindung und Übungsphase. Wir fühlen, dass dieses Album sehr, sehr wichtig für uns sein wird.“