DAS PACK, die Hamburger Formation um Frontmann Pensen Paletti, ist zurück. Ende Juli ist das neue Album „Die Kernseife der Medaille“ erschienen. Unverändert mit der bekannt wilden, kruden Mixtur aus Punk, Metal, Ska, Pop und Schlager. Mit reichlich Wortwitz, Tiefgang und auch Ausflügen in Dadaismus-Nonsens. Mit Songs, die teilweise zum Schunkeln und teilweise zum Headbangen einladen und damit durchaus polarisieren können. Mit dem Ergebnis, dass im Ox ein Album auch schon mal verrissen, dafür ein anderes Album total abgefeiert wurde. Pensen Paletti stellte sich entspannt unseren Fragen.
Euer Album „Das Pack“ ist 2010 im Ox verrissen worden. Da war die Rede von „nervendem Comedy-Rock mit gewöhnungsbedürftigem Humor“. Wie tief sitzt dieser Stachel noch?
Das ist ja immer auch die Frage, in welchem Moment und in welcher Stimmung man auf eine Band stößt. Dieser Stachel sitzt natürlich schon irgendwie noch, weil ich auch von meinem persönlichen Geschmack her mit Sachen wie Fun-Metal oder Fun-Rock nichts anfangen kann. Und der Begriff „Comedy-Rock“ ist für mich schon eine Ohrfeige. Wobei ich aber weiß, dass wir keinen Comedy-Rock machen. Grundsätzlich können DAS PACK natürlich schon so aufgefasst werden, aber wenn man sich mit uns ein bisschen intensiver beschäftigt, gibt es schon viel mehr zu entdecken.
DAS PACK sind schon speziell, kein Mainstream, polarisieren. Der eine mag es, der andere nicht. Inwieweit hilft das, mit solcher Kritik umzugehen?
Es ist natürlich schon so, dass DAS PACK keine Band ist zum Nebenher-Hören. Und da weiß ich, dass das auch anstrengend sein kann. Und wenn das auch noch mit Humor verbunden ist und man das nicht so richtig mitbekommt, kann ich mir gut vorstellen, dass das auch ein bisschen nervt. Aber das darf es auch. Das finde ich dann auch nicht schlimm, wenn das die Leute nervt. Natürlich freut man sich, wenn einen alle Leute gut finden, aber hey, lieber ein bisschen nerven, als egal sein.
Du bist quasi die einzige Konstante beim PACK. Für Live-Auftritte benötigst du natürlich Unterstützung. Wie ist DAS PACK aktuell aufgestellt?
DAS PACK besteht aktuell aus Benno am Bass und Albi am Schlagzeug. Die haben auch eine Band zusammen, die heißen DER WAHNSINN. Die beiden spielen Bass und Schlagzeug, ich singe und spiele Gitarre. Das aktuelle Album wiederum haben aber Onkel und Zorro eingespielt. Vor ein paar Jahren haben wir das nach dem Motto „DAS PACK – der Name ist Programm“ als eher fröhliche, offene Beziehung definiert. Und mit den vieren, Albi, Benno, Zorro und Onkel, haben wir jetzt die Möglichkeit, dass wir immer spielen können, auch wenn mal einer von ihnen ausfallen sollte. Wir alle gehen mit dieser ganzen losen Verbindung sehr freundschaftlich und positiv-pragmatisch um.
Warum ist die neue Platte das beste Album, das ihr im Jahr 2022 rausbringen werdet?
Tatsächlich sollte ein neues Album immer super sein, sonst müsste man es ja auch nicht rausbringen. Man sollte also auch davon überzeugt sein. Das bin ich aber auch. Ich finde es sehr rund, es drückt irgendwie so. Wir haben dieses Mal keine Ballade drauf, das war bei DAS PACK früher immer irgendwie wichtig, dass auch ein ernsthafter Text oder ein leises, trauriges Lied mit dabei ist. Und dieses Mal haben wir zehn Songs, sehr kompakt, aber es ballert die ganze Zeit, ist aber auch nicht permanent witzig und hat auch irgendwie keine solchen Strecken, für die man durchgehend in einer speziellen Stimmung sein muss.
Ihr habt mit eurem Stil schon eine gewisse Alleinstellung. Helge Schneider meets MOTÖRHEAD meets DIE ÄRZTE. Schunkeln meets Headbanging. Oder siehst du vergleichbare Seelenverwandte?
Diese Vergleiche lasse ich alle gelten. Ob wir eine Alleinstellung haben, musst du eher für dich entscheiden. Wenn es so sein sollte, dann freut mich das natürlich. Ob es eine Band gibt, die so ist wie wir, das weiß ich gar nicht. Die genannten Namen, MOTÖRHEAD, SLAYER, DIE ÄRZTE, Helge Schneider und wieder zurück, das sind schon Künstler und Musiker, die bei uns ganz tief im Herzen sind. BEATLES und WEEZER natürlich nicht zu vergessen für die Popizität der Band. Und dass wir das irgendwie ernsthaft musikalisch miteinander kombinieren mit unterschiedlichen Parts in den Songs, das könnte dann schon so ein kleines Alleinstellungsmerkmal von uns sein, wenn du das so siehst.
Beim Hören des neuen Albums hatte ich den Eindruck, dass ihr den Dada-Nonsens-Faktor etwas heruntergefahren habt. Nummern wie „Pferdeapfel“ oder „Stöckelschuh“ sucht man vergebens.
Solche Nummern vom neuen Album wie „Lach doch mal“ oder „Mein Schwein pfeift“ sind schon ganz schön irre. Es ist ähnlich beknackt wie „Pferdeapfel“ zu seiner Zeit. „Pferdeapfel“ – wie lange ist das her, zehn Jahre? Da war ich Anfang dreißig, jetzt bin ich Anfang vierzig und singe „Mein Schwein pfeift“. Also für mich hat sich da im Verhältnis nicht so viel getan. Ich habe mich aber jetzt auch nicht bemüht, besonders lustig, besonders beknackt oder besonders ernst zu sein.
Gehst du eigentlich zu Klassentreffen?
Ich war tatsächlich beim zwanzigjährigen Abi-Treffen letztes Jahr. Es waren glücklicherweise nicht so viele da. Und die, die länger geblieben sind, waren die, die auch schon früher immer länger geblieben sind. Ich hatte noch einen Gig und bin dann etwas später gekommen, und die Szenerie, die ich im neuen Song „Ich habe mich nicht so gut ernährt in letzter Zeit“ besinge, also dieses Treffen in der Aula am Stehtisch und alle haben sich noch ein schickes Hemd angezogen, die habe ich dann nicht mehr mitgekriegt, aber beim Zehnjährigen schon. Das war genau wie im Lied beschrieben. Es ist schon abgefahren, wie wenig sich manche Dinge und Charaktere ändern. Ob fünfte Klasse, oder Mitte dreißig, die meisten sind immer noch die gleichen Heinis wie damals.
Und was sind deine schlimmsten Ernährungssünden?
Gestern gab es in Schneverdingen backstage auf dem Grill Krakauer. Aber ansonsten ist man auch schon ein bisschen älter geworden und isst dann hin und wieder auch schon mal einen Apfel, was man früher nicht so gemacht hat. „Ich habe mich nicht so gut ernährt“ ist eigentlich ein Sauflied, was man aber nicht so aussprechen will.
Das Album gibt es auch als spezielles Bundle mit Zugabe, unter anderem mit DAS PACK-Seife und Bambus-Zahnbürste. Wie seid ihr darauf gekommen?
Wenn der Titel „Die Kernseife der Medaille“ schon vorne auf dem Cover steht, dann ist es auch schön, wenn man sich die irgendwie nach Hause holen kann. Und bei der Zahnbürste haben wir uns gefragt, was gibt es sonst noch so zum Sauberschrubben. Und dann kamen wir auf die plastikfreie Zahnbürste, das ist doch alles niedlich. Und wir haben zum ersten Mal in der DAS PACK-Geschichte eine Live-EP mit im Bundle. Wir waren eigentlich immer auch eine Live-Band und haben viele Konzerte gespielt. Das war uns immer wichtig, aber wir haben bisher noch nie Live-Aufnahmen rausgebracht, weder Vinyl, CD oder DVD. Und jetzt gibt es zum ersten Mal Live-Aufnahmen von uns vom letztjährigen Open Flair-Konzert.
Wie sieht es aktuell aus mit Shows?
Über den Sommer haben wir eine Handvoll Festivals, das Release-Konzert gab es am 29. Juli in Hamburg inklusive Veröffentlichungsparty. Und dann gehen wir im Herbst noch mit unseren Freunden von LE FLY auf „Doppelklatsche“-Tour. Die kommen auch mit neuer Platte und deshalb der Titel. Volles Brett, das Leben kehrt zurück.
Seid ihr live nach wie vor die Entertainment-Maschine mit langen Ansagen und Geschichten zwischen den Songs?
Das ist bestimmt nicht zu vermeiden. Aber wir sind kürzlich bei Rock am Ring aufgetreten und da haben wir auch relativ viele Songs gespielt. Wir haben zwar schon ein paar Ansagen gemacht, da wurde aber auch schon ordentlich musiziert. Die Schnauze, die da am Mikrofon steht, ist natürlich immer noch dieselbe, aber grundsätzlich wollen wir ja auch Musik machen. Mit den Jungs macht das aktuell auch sehr, sehr Bock. Ich erinnere mich an Zeiten mit Umbesetzungen, bei denen der Drummer erst mal Schlagzeugspielen lernen musste. Und da habe ich live natürlich sehr viel erzählt, weil man auch noch nicht so viele Songs eingeübt hatte.
Stell dir vor, ihr würdet eine Anfrage bekommen, auf dem Ballermann live zu spielen, würdet ihr das Angebot annehmen?
Nö, ich glaube nicht. Vielleicht würden zwei oder drei Songs da tatsächlich funktionieren. Aber ich glaube, dieses Konzert würden wir als Band nie wieder loswerden. Das würde uns nicht guttun. Es wäre vielleicht für den Moment schön. Aber was dann zurückkäme, wäre es wahrscheinlich nicht wert.
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