NONEXISTER

Foto© by Tabea Hueberli

Schweizer Szenegänger

Treffen sich zwei in der Szene bekannte Musiker und machen gemeinsam Musik. So einfach könnte man die Geschichte von NONEXISTER zusammenfassen. Ein wenig mehr steckt aber doch dahinter, wie uns Bandgründer Marco erklärt.

Du und Nik, die Gründer der Band, seid ja sehr umtriebig in der Schweizer Musikszene, in der man sich bestimmt öfter über den Weg läuft. Wie kam es jetzt zu ­NONEXISTER?

Nik und ich kennen uns seit vielen Jahren. Auch wenn wir uns musikalisch nicht in identischen Welten bewegten, so verfolgten und respektierten wir jeweils das, was der andere gerade so machte. Wir sprachen das eine oder andere Mal davon, ein gemeinsames Projekt zu starten. Nik hielt sich zwischenzeitlich noch einige Jahre vor allem in Spanien auf, aber als er wieder in Zürich war, kam die Sache rasch ins Rollen. Wie man sich das so vorstellt, wenn sich zwei befreundete Musiker treffen: ein paar Drinks an der Bar und die Zusammenarbeit ist besiegelt. Bald darauf kam Nik schon zu mir ins Studio und wir legten los.

Auch wenn heute viele Bands Elektronik und Alternative miteinander verbinden, so höre ich bei euch doch die Einflüsse einer anderen Generation durchklingen. Was macht für dich die perfekte Symbiose aus Elektro- und Rockmusik aus?
Für mich waren das nie zwei unterschiedliche Welten. Mir geht es beim Produzieren primär darum, Atmosphären zu schaffen, Klangwelten, in die man eintaucht und die die Message des Songs unterstützen. Es ist ja auch so, dass die Sounds bei uns oft verschmelzen, geradezu ineinander morphen: Etwas klingt wie eine Gitarre, ist aber vielleicht ursprünglich ein alter analoger Synthesizer, dessen Signal ich durch Gitarren-Amps jage. Andererseits sample ich auch oft Gitarren, um sie dann quasi umzuprogrammieren und auf diese Weise einen maschinellen Groove zu erzeugen.

Nik und du kommt als Songwriter ja aus nicht gänzlich unähnlichen, aber dennoch unterschiedlichen Stilrichtungen. Wie war die Erfahrung, mit jemanden zusammenzuarbeiten, der vielleicht andere Einflüsse mitbringt? Inwiefern muss man dann ein besonders offenes Ohr für sein Gegenüber haben, wenn man gemeinsam an Songs arbeitet?
Bereits als wir das erste Mal zusammen im Studio waren, zeigte sich sofort, dass es perfekt passt. Wir hatten gleich einen unglaublich kreativen Austausch und einen immensen Output. Meistens entwerfe ich das Grundgerüst eines Tracks in meinem Studio. Ein Song beginnt zumeist mit einem Sound, einer Atmosphäre, die sich zu einem Loop entwickelt und dann allmählich an Struktur gewinnt. Wenn ich ein Element habe, das mich inspiriert, kommt Nik ins Spiel und wir entwickeln die Layouts zu den eigentlichen Songs. Auch wenn wir musikalisch teilweise unterschiedliche Einflüsse haben – ich mehr im Bereich Elektronik/New Wave/Industrial, Nik eher Punk/Hardcore, so gibt es doch zahlreiche gemeinsame Nenner: Alternative-Metal-Bands wie TOMAHAWK, MELVINS, aber auch so was wie MINISTRY, NINE INCH NAILS. Wenn die Demos fertig sind, kommen die drei anderen Bandmitglieder von NONEXISTER dazu und geben den Songs den letzten Schliff – dieser Schritt findet dann im größeren Aufnahmestudio statt.

Wie ist die Szene in der Schweiz hinsichtlich Musik wie eure? Schaut man da unweigerlich über die Landesgrenzen hinaus, da es jetzt kein großes Land ist, oder gibt es eine Szene, die entsprechend aktiv ist?
In der Schweiz existiert auf jeden Fall eine spannende, aktive Musikkultur – was ja eigentlich in jedem Land der Fall ist, wenn man etwas in die lokale Szene eintaucht. Aber klar, wenn man so eine Musik macht wie wir, kann man sich nicht auf ein Land beschränken, da will und muss man raus in die Welt. Das Schöne ist, dass wir schon jetzt anhand der Streaming-Resultate sehen, dass unser Publikum sehr international ist, die meisten Plays finden nicht in der Schweiz statt, sondern in den USA, UK, Deutschland und Skandinavien.

Auf „Demons“, eurem ersten Album, sind die Themen breit gestreut: Macht als Droge, Isolation, Drogen. Viel Subjektives, Geschichten aus dem eigenen Leben – wie wichtig ist diese Authentizität? Gibt man ab einem bestimmten Punkt nicht zu viel von sich preis?
Die Themen sind breit, ja, aber sie hängen inhaltlich doch auch zusammen und bilden im Gesamten eine Einheit. Das haben wir aber eigentlich erst nach Abschluss des kreativen Prozesses festgestellt, als es darum ging, einen Albumtitel zu finden. „Demons“ umschreibt nun ganz gut, worum es letztlich geht: die inneren Dämonen, wie sie einen persönlich umtreiben, aber auch, wie sie Leid in die Welt bringen können. Wenn nämlich diese Dämonen einzelne Personen dazu treiben, dass diese ihre Macht missbrauchen. Die Auseinandersetzung mit diesen Dämonen ist also auf der einen Seite eine psychologische – der Versuch, die Mechanismen, die hinter solchen Phänomenen stehen, zu verstehen –, auf der anderen Seite aber auch eine sozialkritische. Wie viel man da nun selber von sich preisgibt, das ist jedem selber überlassen. Ich persönlich finde es richtig, dass man sich äußert, wenn man eine Meinung zu einem Thema hat. Und die Texte von Nik sind schlicht und einfach auch richtig gut, weil er etwas zu sagen hat.

NONEXISTER veröffentlichen auf dem gleichnamigen Label: Inwieweit ist DIY für euch prägend gewesen und ist es noch? Was sind die Vor- und Nachteile dieser Herangehensweise?
Wir sind schon beide Kontrollfreaks und ziehen gerne die Fäden. Darum veröffentlichen wir auch auf unserem eigenen Label. Aber es ist natürlich nicht so, dass wir alles alleine machen. Wir haben ein großartiges Team um uns herum, das uns in vielen Bereichen unterstützt. Für uns beide war die DIY-Kultur schon immer wichtig: Ich genieße es, independent zu sein, unabhängig zu produzieren und dann einfach situativ mit talentierten, angenehmen Menschen zusammenzuarbeiten. Und Nik kommt ja aus der Punk-Szene, die ohnehin stark vom DIY-Gedanken geprägt ist. Nachteil dieser Herangehensweise ist natürlich, dass man viel Arbeit, die einem sonst die Record Company abnimmt, selber erbringen muss. Aber alles in allem überwiegen für uns die Vorteile.