MUNCIE GIRLS

Foto

Catchy as the plague

Wenn man sich all die wunderbaren Songs auf dem ersten Album der MUNCIE GIRLS, ein Trio aus Exeter in England, anhört und dann liest, was ihre fabelhafte Sängerin Lande Hekt in diesem Gespräch so erzählte, dann fällt doch vor allem eines auf: die besondere Vielseitigkeit, gedanklich wie musikalisch. Das begegnet einem in diesem schönen, zuweilen aber auch etwas eintönigen Genre Pop-Punk nicht allzu häufig. Dennoch scheint der Spaß hier eine wichtige Rolle zu spielen, neben vielen eindringlichen Worten zu politischen und persönlichen Entwicklungen. Das alles macht die MUNCIE GIRLS zu einer der erfrischendsten Bands dieses Jahres.

Lande, ihr tourt ja sehr viel. Wie habt ihr da noch die Zeit für eure erste Platte „From Caplan To Belsize“ gefunden? Sind die Songs auf Tour entstanden?


Wir touren gar nicht so viel. Wenn man das über das Jahr verteilt betrachtet, hält sich das doch in Grenzen. Die Songs konnten wir deshalb alle zu Hause schreiben. Wir würden aber gerne mehr touren und tun das hoffentlich auch dieses Jahr.

In mehreren Songs geht es darum, nicht wahrgenommen zu werden. Hast du das Gefühl, dass sich das jetzt mit dieser Band ändert, nachdem ihr ja auch bekannter werdet?

Ich habe das eher gemeint in Bezug auf Frauen, die oft überhört werden oder erst gar nicht ermutigt, ihre Gedanken zu äußern. Aber ja, für mich ändert sich etwas durch das Erscheinen der Platte. Mitteilungs-Plattformen wie Interviews hatte ich vorher nicht, wobei ich auch etwas Angst habe, nicht das Richtige zu sagen. Vielleicht denke ich zu viel darüber nach.

Ist es denn ein Ziel gewesen, durch diese Band mehr gehört zu werden?

Nein, das ist ein Bonus. Ich mag es, über die Musik zu kommunizieren und das, was ich zu sagen habe, in Musik zu verpacken. Ehrlich gesagt habe ich darüber vorher nicht nachgedacht. Wir haben die Songs nicht unbedingt für andere geschrieben. Ein paar vielleicht.

Seht ihr die MUNCIE GIRLS in der Tradition von Bands wie BIKINI KILL oder anderen aus der Riot-Grrrl-Szene?

Ich glaube nicht wirklich, dass wir eine dieser Bands sind, aber wir finden sie toll. Ich liebe BIKINI KILL und Riot Grrrls. Aber wir klingen ja nicht wirklich so.

Aber wenn man an Bands wie RVIVR aus Olympia, Washington denkt, seid ihr davon nicht weit entfernt. Und ich würde sie schon zu der Riot Grrrl-Szene der Stadt zählen.

Ich weiß, was du meinst. Wenn es um RVIVR geht, würde ich das vielleicht auch so sehen. Ich könnte das aber über uns nicht sagen. Es wäre cool, uns da zu verorten, aber so ganz passt das nicht. Ich denke, wir stehen für die selben Aussagen wie diese Bands. Aber es ist doch eine andere Szene, in der wir uns bewegen. Wir sind nicht so politisch. Wir haben auf jeden Fall politische Momente, das ist ein Teil der Musik, aber wir sind auch eine Pop-Punk-Band. Als Riot-Grrrl-Band würde ich uns deswegen nicht sehen.

Ihr habt einen Song namens „Nervous“ auf eurer Platte. Wie würdest du diese „nervösen Zeiten“ beschreiben, über die du da singst?

Es geht um diese ganze politische Bedrohung, die in England um sich greift. Der Sozialstaat, die Privatisierung ... Da ist ein richtiges Gefühl von Angst spürbar überall im Land. Der Sinn dieses Songs ist, den Politikern die Angst davor, ob wir in der Zukunft noch das haben werden, was wir zum Leben brauchen, mitzuteilen. Wir machen uns Sorgen darum. Aber diese Leute berührt das überhaupt nicht.

Eure Musik ist sehr melodisch und poppig, die Texte dann doch oft sehr persönlich und politisch. Empfindet ihr das als Gegensatz?

Ich denke schon, aber das entwickelt sich einfach so. Da ist nicht beabsichtigt. Die Musik steht nicht zwingend in Relation zu den Texten. Da denken wir nicht viel drüber nach.

Welche Bands haben eure Musik am meisten beeinflusst?

Wir hören alle ganz verschiedene Sachen. Ich glaube, es gibt keinen direkten Einfluss von bestimmten Bands. Dean steht wirklich sehr auf GREEN DAY, Luke auf BLINK-182 und ich mag SLEATER-KINNEY sehr gern.

Ihr habt in einem Interview mal erzählt, dass ihr sehr gerne Musikvideos macht und da sind ja auch schon einige rausgekommen. Was ist das Spannende daran?

Das ist eine ganz merkwürdige Sache, die man da macht, und das war es immer. Als ich ein Kind war, hatte meine Schwester eine Videokamera und hat damit viel gemacht, und ich fand das immer sehr interessant. Wir können da zeigen, wer wir sein wollen, und es macht sehr viel Spaß.

Der Albumtitel „From Caplan to Belsize“ bezieht sich auf das Buch „Die Glasglocke“ von Sylvia Plath, oder?

Ja, ich mag das Buch wirklich sehr. Ich habe es zweimal durchgelesen, als wir die Platte aufgenommen haben. Als wir überlegen mussten, wie wir sie nennen sollen, habe ich es noch mal gelesen. Ich habe an das Buch gedacht, weil es einen so nachdenklich stimmt.

Ihr bezeichnet euch selbst ja als Punkband und da würde ich auch zustimmen. Aber wir haben ja schon über die sehr poppige Form der Musik gesprochen, die ihr macht. Liegt der Punk hier eher im Inhalt?

Ich würde uns als Punkband bezeichnen, weil wir da alle unsere Wurzeln haben. Außerdem ist die Punk-Szene auch der Grund dafür, dass wir als Band zusammengefunden haben, da haben wir ja angefangen, Shows zu spielen.

Wie steht es generell um die Punk-Szene in Exeter?

Die Szene in Exeter ist, denke ich, etwas Besonderes. Die Leute, die da aktiv sind, waren das auch schon vor Jahren und sind immer noch da. Dadurch, dass es noch die selben Menschen sind, die Konzerte veranstalten, ist zum Beispiel das Cavern ein sehr einzigartiger Laden geworden. Er feiert dieses Jahr sein 25. Jubiläum und da fanden schon so viele tolle Shows statt. In anderen Gegenden von England verändert sich die Szene leider sehr schnell.