Die MUGWUMPS gehören zweifelsfrei zu den europäischen Aushängeschildern im Genre des poppigen RAMONES-Punkrocks. Erstaunlich ist, dass das österreichische Trio von der ersten Bandprobe im Jahr 2001 bis heute auf eine unveränderte Besetzung mit Gitarrist und Sänger Chris, Bassist Hank und Drummer Andy zurückblicken kann. Während die Band also eine ungewöhnliche Konstanz aufweisen kann, haben sich in den letzten knapp zwanzig Jahren die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere der Musikmarkt doch enorm gewandelt. Über beide Phänomene sprechen wir mit Frontmann Chris anlässlich der Veröffentlichung des neuen Albums „Clown War Four“.
Chris, von der ersten Probe 2001 bis heute hattet ihr keine Änderung in der Besetzung und im Stil. Bedeutet das, ihr seid euch treu geblieben oder ihr habt euch nicht weiterentwickelt?
Wenn jetzt Außenstehende denken, dass wir uns nicht weiterentwickelt haben, dann kann ich das nachvollziehen. Ich habe schon das Gefühl, dass wir Fortschritte gemacht haben, das betrifft etwa das Songwriting oder die musikalischen Fähigkeiten, was nach unseren Anfängen natürlich auch nicht schwierig war. Insgesamt denke ich schon, dass wir uns treu geblieben sind. Es passt einfach mit uns Dreien.
Ihr habt in den letzten Jahren mit einigen Hochkarätern eures Genres die Bühne geteilt. Was hättet ihr gedacht, wenn euch das jemand 2001 prognostiziert hätte?
Das klingt mega strange. Als wir uns gegründet haben, konnten wir uns nicht vorstellen, dass wir überhaupt mal außerhalb von unserem Kuhdorf ein Konzert spielen werden. Und es stimmt tatsächlich, im RAMONES Pop-Punk-Bereich haben wir mit Ausnahme von SCREECHING WEASEL oder den LILLINGTONS eigentlich mit allen Größen gespielt.
Euer erstes Album „Banana Brain“ erschien zunächst auf Vinyl bei Bachelor Records und kam dann noch als CD als erste Veröffentlichung von Monster Zero. Wenn man sieht, welche Bedeutung das Label heute für europäischen Pop-Punk hat, erfüllt euch das mit Stolz?
Das ist echt schräg, zumal Kevin von Monster Zero uns lange nachgelaufen ist und uns echt überreden musste. Ihm hat das Album so gut gefallen, dass er dafür extra ein Label gründen wollte. Und was sich daraus entwickeln würde, hätte er vielleicht am allerwenigsten gedacht. Unsere neue Platte „Clown War Four“ erscheint als LP und CD auch wieder bei ihm und ist dort Katalog-Nr. 74. Da ist echt viel Kontinuität und Konstanz entstanden und durch das Label hat sich für die Pop-Punk-Szene viel getan, etwa der gleichnamige Mailorder, Konzerte und Festivals oder die Vernetzung von Bands aus verschiedenen Ländern, die dann gemeinsam auf Tour gehen.
Ihr seid als Band bemerkenswert beständig. Der Tonträgerverkauf hat sich aber von 2001 bis heute schon enorm gewandelt. Wie seht ihr die Entwicklung über die letzten Jahre?
Wir haben uns eigentlich schon immer fernab von allen kommerziellen Strukturen bewegt, so dass die Auswirkungen im Musikmarkt für uns jetzt nicht sonderlich relevant sind. Wir haben auch heute keine Probleme, unsere Pressungen unters Volk zu bringen, und da sind wir auch mega dankbar für. Hängt vielleicht auch damit zusammen, dass es in dieser RAMONES-Pop-Punk-Ecke eine ganze Menge passionierter und enthusiastischer Musikfans gibt, die immer noch regelmäßig Tonträger kaufen. Aber gewisse Entwicklungen im Musikmarkt sind natürlich nicht zu leugnen. Der physische Tonträger hat schon enorm an Bedeutung verloren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Punk heute noch Bands gibt, die von Plattenverkäufen leben können. Bei meinem letzten BAD RELIGION-Konzert konnte man geschätzt zwanzig verschiedene Bandshirts kaufen, aber nicht einen einzigen Tonträger, weder Vinyl noch CD.
Und wie siehst du die aktuellen Musik-Streamingdienste?
Ich bin Musikfan, ich kaufe extrem viel Musik und ein physischer Tonträger stellt für mich immer noch einen großen Wert da. Wenn ich da an meine Jugend zurückdenke, da war es schwer, an Platten heranzukommen. Ich habe blind Sachen bei Mailordern geordert, ohne sie vorher zu kennen. Da war dann zwar auch schon manchmal ein Griff ins Klo dabei, aber auch mancher Glücksgriff, bei dem du einfach nur gedacht hast: wow! So was vermisse ich irgendwie total. Heute kannst du jederzeit sofort alle möglichen Songs erstehen. Ich hatte früher nur ein spärliches Taschengeld und ich musste mit dem Zug ein paar Orte weiterfahren, um dort bei der Bank Geld in US-Dollar zu wechseln, die habe ich dann in ein Kuvert gesteckt und zum Beispiel an Lookout! in die USA geschickt, in der Hoffnung, dass das funktioniert. Manchmal sind Platten gekommen, manchmal aber auch nicht. Heute eigentlich unvorstellbar.
Ist es mittlerweile für junge neue Bands leichter oder schwieriger, so richtig durchzustarten?
Es war wahrscheinlich noch nie so leicht und so preiswert wie jetzt, als Band Songs aufzunehmen. Ich kann über riesige Kanäle meine Musik gratis streuen und eine große Masse an Menschen erreichen. Das machen aber viele und da stellt sich die Frage, wie ich mich von den anderen abhebe. Es ist dann nach wie vor eine Qualitätsfrage. Andererseits empfinde ich es heute schwieriger, Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Die Booker sind über die Jahre auch älter geworden und das Interesse, kleine Nachwuchsbands zu buchen, ist teilweise doch sehr gering. Aber junge Bands, die wirklich gut sind, werden trotzdem ihren Weg gehen.
Ihr seid im beschaulichen Zillertal aufgewachsen. War das auch ein Ansporn, eine Band zu gründen und mal „rauszukommen“?
Soweit haben wir gar nicht gedacht. Aber das Aufwachsen im Zillertal mit seinem religiös-konservativem Hintergrund und der gefühlten Enge durch die Berge ohne Weitsicht und ohne offenes Weltbild hatte durchaus einen prägenden Charakter. Wir haben schon bewusst eine Gegenkultur entwickelt. Wir waren eher so rebellische Naturen und Anfang der Neunziger war Punkrock von der Präsenz noch was anderes. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, da war das Risiko im Zillertal schon recht hoch, dass du ordentlich auf die Fresse kriegst, wenn du als 14-Jähriger mit bunten Haaren und Nietengürtel vor die Tür gegangen bist.
Außenstehende werfen der Pop-Punk-Szene immer mal wieder vor, sie würde oberflächliche Liedchen abfeiern und wäre unpolitisch. Ist es eigentlich noch zeitgemäß, in Zeiten von Trump, Brexit und Rechtspopulismus Songs über Girlfriends und Aliens zu spielen?
Gerade in Österreich, so traurig wie das jetzt klingt, wären wir froh, wenn es nur Rechtspopulismus wäre. Wir haben Rechtsextreme in der Regierung und das ist alles andere als lustig. Ich finde, dass es am menschlichen Handeln nichts gibt, das per se unpolitisch ist. Und speziell wenn ich auf die Bühne gehe, das Mikro nehme und meine Texte herausböllere, dann muss mir bewusst sein, dass ich damit eine Öffentlichkeit erreiche. Inwieweit das subversive Element der Musik ausschließlich im Inhalt der Texte zu finden ist, da bin ich mir nicht sicher. Wir als Band bewegen uns zu 99% in einem Kontext von Gleichgesinnten. Und da gehe ich davon aus, dass gewisse Grundhaltungen stimmen. Deshalb ist es wichtig, dass du dich Tag für Tag der Scheiße, die momentan passiert, konsequent entgegenstellst und das auch in deinem Alltag lebst und nicht nur auf der Bühne vor Gleichgesinnten stehst und dort deine Phrasen drischst. Wir als Band sind ganz klar antifaschistisch, gegen Homophobie und Sexismus und die ganze Scheiße und wir werden immer dafür eintreten. Rassistische Sachen sind mir im gesamten Punk noch nicht untergekommen, aber es gibt schon Sparten im Punk, wo es auch mal sexistische oder schwulenfeindliche Texte gibt. Und das ist total zu verurteilen. Was würde uns 2018 sonst von irgendwelchen Proleten auf einem Feuerwehrfest unterscheiden, wenn wir es nicht schaffen zu sagen, dass wir so eine Scheiße nicht wollen? Allein durch die DIY-Kultur, dass man bewusst alternative Strukturen schafft, um auf Tour zu gehen und mit Menschen zu kommunizieren, das ist auch in einer gewissen Form politisch. Und die Haltung, die dahintersteht, ist für mich ganz klar. Auch wenn es solche kommerziellen Sachen wie GREEN DAY gegeben hat, sehe ich Pop-Punk dennoch immer in einem gegenkulturellen Kontext. Insgesamt ist es aber wichtiger, da zu sein und etwas zu tun, wenn es notwendig ist, als in einem besetzten Haus aufzutreten und zu sagen, dass man gegen Nazis ist.
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