MP3 - Making music a threat again

...oder so ähnlich könnte es heißen, wenn man sich die Situation der Musikbranche momentan ansieht. Nur: Es ist nicht die Musik selbst, die zur Bedrohung wird, sondern die Art und Weise, wie die Leute sie sich beschaffen. MP3 und die Möglichkeit, CDs zu kopieren, lassen die großen Plattenfirmen medienwirksam aufheulen. Von gar zweistelligen Milliardenverlusten ist da manchmal die Rede. Ob man wegen ausbleibender Profite der Majors nach jahrelangen Gewinnsteigerungen eine Träne vergießen sollte, ist die eine Frage. Viel interessanter – und leider auch bedrohlicher – sind die Auswirkungen auf kleine Labels, bei denen es eben viel mehr auf jede verkaufte Platte ankommt, damit sie nicht ihren Laden dicht machen müssen. Diese Bedrohung besteht. In Ox Nr. 38 wurde das Thema schon einmal in aller Ausführlichkeit ausgebreitet. In der Zwischenzeit hat sich nun vieles getan. MP3 war damals das Thema der Stunde, obwohl Napster damals noch gar keine Verbreitung gefunden hatte. In der digitalen Welt des Internets sind Monate nun schon riesige zeitliche Dimensionen und so hat sich auch seit damals einiges getan. Was genau ist also der Stand der Dinge?

In den letzten Monaten war es sehr schwer, an Berichten oder Neuigkeiten über die Musiktauschbörse Napster vorbeizukommen. Im Fernsehen gab es Features über den minderjährigen Entwickler der Napster-Software Shawn Fanning, in Zeitungen und Internet die neuesten Meldungen aus der Welt des illegalen Musikklaus, wofür Napster über die Monate zum Synonym wurde. Und das muss nicht wundern. Natürlich gab es immer noch die alten Quellen, um sich MP3s aus dem Netz zu holen, doch keine erwies sich als so einfach wie Napster. Man musste nicht in Chatforen um Zugang auf die Festplatten anderer betteln oder sich mit kaputten Links im WWW herumschlagen. Die Idee von Napster ist so einfach wie genial: Ein einfaches Interface meldet den User beim Zentralserver an und damit zugleich, welche MP3s man auf der eigene Festplatte herumliegen hat. Man gibt ein, was man denn sucht, und so wird der aktuelle Stand von allen angemeldeten Songs auf dem Hauptserver durchforstet. Eine Liste mit allen Treffern wird ausgegeben und mit einem Mausklick beginnt schon der Download von der Festplatte eines Dritten. Nach einigen Minuten – je nach Internetzugang – findet sich dann besagte Datei auf dem eigenen Rechner und man kann in den Genuss von Musik kommen, für die man nur seinen Internetanbieter bezahlt.

Napster hatte das Glück, sich – so wie MP3 als Musikformat – auf allen Ebenen durchzusetzen und wuchs so zum immer verfügbaren Online-Musikarchiv mit dutzenden Millionen registrierter User weltweit. Im Februar 2001 erreichte das seinen Höhepunkt bei 1,5 Millionen gleichzeitig eingeloggten, also das Napster-Programm aktiviert habenden Usern. Trotz aller Überschneidungen was die Titel angeht, kann man sich ungefähr vorstellen, was für ein riesiges Musikarchiv dem einzelnen Napster-User zur Verfügung stand. Stand, genau, denn damit ist es erstmal vorbei. Denn angeführt von Spielverderbern wie den Metal-Schöngeistern von METALLICA begann der Untergang Napsters. Sie wurden von der Plattenindustrie verklagt und mussten auf richterlichen Beschluss hin die meisten der angebotenen Songs sperren. Ein auf dem Zentralrechner installiertes Programm sorgte erstmal dafür, dass rechtlich geschützte Musik nicht mehr heruntergeladen werden kann. Möglichkeiten, den Service weiter benutzen zu können, haben einige gesucht: Zum Beispiel verschlüsselten kleine Programme die Namen der Musikstücke in ein unlogisches Kauderwelsch, damit besagte Stücke nicht mehr mit der Liste gesperrter Songs abgeglichen und daraufhin dann gesperrt werden konnten. Der Andrang auf das Programm war so groß, dass Zugriff auf die Seite tagelang nur mit Glück gelang – so groß war das Interesse an der Möglichkeit, den Sperrmechanismus zu umgehen. Doch die Herren bei Napster sind auch nicht unterbeleuchtet und lassen nun Programme direkt in den Audiodateien nach bekannten Mustern suchen, damit geklärt werden kann, ob sich hinter einigen Namen nicht doch etwas Geschütztes verbirgt.

Zusätzlich zu diesen erzwungenen Maßnahmen wurde Napster vom Gütersloher Medienriesen Bertelsmann übernommen, der seit dem versucht, Napster in einen kostenpflichtigen Service umzuwandeln. Zunächst wurde Hank Barry, der Chief Executive von Napster, durch den Bertelsmann-Mann Konrad Hilbers ersetzt. Nebenbei wurde Napster lahmgelegt und harrt nun der Dinge bis zur Wiedereinführung. Der soll dann so aussehen, dass der jeweilige User Geld an Napster zahlen muss, um Zugriff auf alle rechtlich geschützten Musikstücke zu bekommen. Ausgenommen sind davon Bootleg-Aufnahmen und Musik, auf die niemand rechtliche Ansprüche erhebt. Darunter fallen Bands, denen es egal ist, ob und wie oft deren Musik runtergeladen wird, bzw., die dies zu Promo-Zwecken begrüßen, aber auch Oldies und Raritäten, verschollene Musik, die nicht mehr gepresst wird. Zusätzlich wird bei Napster dann unterschieden zwischen Major-Firmen wie z.B. BMG, EMI, Warner und Zomba, denen Napster sich angegliedert hat, und sogenannten Independent-Firmen, worüber bis jetzt nichts Genaueres zu erfahren war, außer, dass das Archiv ca. 100.000 Songs enthalten soll. Es wird also verschiedene Möglichkeiten geben, auf Napster zuzugreifen – eben je nach Interesse. Auch wird ein neues Dateiformat eingeführt, das gewährleisten soll, dass die Files nicht willkürlich verbreitet werden. Auch wenn ein Stück als MP3 angeboten werden sollte, wird es beim Download zum .nap-File umgewandelt. Die Frage ist nur, ob das ganze dann Napster noch so attraktiv macht, wie zuvor.

OK, die Antwort darauf steht fest – es wird eben nicht mehr ganz so komfortabel, sich Musik zu besorgen und Geld kostet es dann oben drein. Der neue Chef Hilbers ist sich aber sicher, dass Napster eine Marke ist, die man nicht so einfach beseitigen kann. Die Zahlen sprechen im Moment allerdings gegen ihn: die Downloads sind laut einem Report von Webnoize um 87 Prozent zurückgegangen. Zwar haben viele noch Napster installiert und loggen sich ein, dies geschieht aber automatisch, wenn das Programm gestartet wird – auch wenn man sich nur die gespeicherte Musik mit dem integrierten Player anhören will. Und welcher amerikanische Student achtet schon darauf, ob man sich beim Abspielen einloggt - zum Herunterladen benutzen die User längst andere Programme.

Längst haben sich viele daran versucht, ein Napster ebenbürtiges oder eben besseres Programm zu schreiben, und das mit zum Teil überraschendem Erfolg. Zunächst schien Gnutella das nächste große Ding zu werden. Dies Programm umgeht den vom juristischen Standpunkt angreifbarsten Punkt Napsters: es müssen nicht alle Computer auf einen zentralen Rechner zugreifen, um sich eine Liste zu besorgen, wer was hat. Die angeschlossenen Computer agieren hierbei als dezentrales Netzwerk und so wird eine Suchnachricht an jeden Computer weitergeschickt, der angeschlossen ist. Dies macht die Chose zwar rechtlich weniger angreifbar und das System auch weniger verletzbar, aber es geht auf Kosten der Geschwindigkeit, da die Suchanfragen den Downloads Bandbreite wegnehmen. Dennoch ist das System sehr erfolgreich; Programme wie BearShare, die auf dieser Gnutella-Technologie aufbauen, erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Doch seit einigen Wochen schwingt sich ein neuer Download-Client zu immer neuen Höhen auf. Das gute Stück nennt sich Morpheus und wurde zum Beispiel innerhalb von nur einer Woche über eine Million mal bei download.com runtergeladen(!). Auch die Zahl der simultan angemeldeten User ist beachtlich: Am 13.Juni – nur sechs Wochen nach Einführung – waren zum Teil 250.000 User zeitgleich online. Zweieinhalb Wochen später sind es bereits über 600.000(!!). Neben anderen Unterschieden und Vorteilen ist das Besondere an den neueren p2p-Technologien (von peer-to-peer, also Direkverbindungen zwischen Gleichberechtigten) die Tatsache, dass nicht nur Musik, sondern im Prinzip jede Art Software getauscht werden kann. Da sieht natürlich nicht nur die Musikindustrie rot, sondern auch große Softwarefirmen oder auch Hollywood, denn Filme werden auch schon fleißig getauscht. Selbst Baupläne für Maschinen werden gehandelt, aber das soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden.

Bei allen technischen Feinheiten, die man noch ewig auswälzen könnte, steht fest: Die Tage Napsters scheinen gezählt, die User suchen sich ihre Wege, um umsonst an Daten zu kommen. Und diese sind erstmal juristisch weniger angreifbar als deren Vorgänger, denn ohne Zentrale ist dem ganzen nur schwer beizukommen. Selbst bei der sonst so streitfreudigen RIAA (Recording Industry Association of America) hält man sich bedeckt und hofft auf das neue Napster und auf Pressplay – das Schwesterprodukt von Sony und Universal.

Doch wie eingangs erwähnt, sind solche Internetdienste nur eine Bedrohung, die viele Musikfirmen sehen. Noch länger als Programme wie Napster und Co. sind CD-Brenner auf dem Markt. Und was zunächst noch eine teure Anschaffung war, ist heute z.T. weitaus billiger als ein normaler CD-Player. So bekommt man momentan einen 8-Fach-Brenner schon für rund 200 Mark. Auch Rohlinge kosten nicht die Welt – zehn Stück bekommt man schon für zehn Mark. Es ist sogar schon so weit gekommen, dass Rohlinge in Jewelcases genau so viel kosten wie die Hüllen allein – Massenproduktion sei Dank. Das Brennen ist also eine kostengünstige Angelegenheit. Und einfach noch dazu – die mitgelieferten Programme machen das Ganze im wahrsten Sinne zum Kinderspiel.

Nun wurde schon damals im Ox durch Klaus von Plattenmeister darauf aufmerksam gemacht, dass das Kopieren von CDs die nächste große Gefahr für Plattenfirmen sein würde – das Tauschen von gebrannter Musik auf dem Schulhof. Und wie es aussieht, soll er damit wohl recht behalten. Denn den Majors treiben vorerst nicht mehr oben beschriebene Programme den Angstschweiß auf die Stirn, sondern eben kopierte Musik. Kein Wunder, sollte man meinen, denn jetzt, wo sie sich ihrer Sache sicher sind und eigene Musikportale auf Lager haben, kann man sich ja dem nächsten Übel zuwenden. Doch von einer profitgeilen Dämonisierungskampagne gegen das Brennen von CDs zu sprechen, wäre sicher übertrieben. Eine Mitte Juli veröffentlichte Studie der IFPI (International Federation of Phonographic Industry) unterstützt jedoch deren Argumente zunächst deutlich: Neben Statistiken über Musikkopien aus dem Internet sind die Zahlen über das CD-Brennen interessant: Allein für Musikkopien wurden zwischen April 2000 und März 2001 133 Millionen CD-Rohlinge gekauft. Dem Vorjahr gegenüber entspricht das einer Steigerung von 124%. Von den 13,7 Millionen Personen, die Musik brennen, kam jeder auf Rund zehn Stück im Jahr. Von den Brenner-Besitzern gaben 14,6% an, deswegen weniger Platten zu kaufen, 4,3% dagegen mehr.

Daraus zieht Peter Zombik, der Chef der Deutschen Landesgruppe der IFPI, folgenden Schluss: wenn eine umfassende Einzelabrechnung aller kopierten Titel nicht möglich ist (davon kann er ausgehen), sollen Gebühren auf CD-Brenner fällig werden um Texter, Komponisten, Musiker und Tonträgerhersteller abzufinden. Zusätzlich spricht er sich für einen Kopierschutz auf CDs aus. Beim ersten stellt sich die Frage: Wie soll das umgesetzt werden? Das Brennverhalten mitzuschneiden und dann über das Netz zu versenden scheint rechtlich fragwürdig. Eine allgemeine Abgabe auf Brenner und Rohlinge ist schon seit längerem im Gespräch. Wie diese Aussehen soll aber noch nicht, und ob es sie in absehbarer Zeit geben wird auch nicht. Was einen Kopierschutz angeht so sei nur angemerkt, dass es bis jetzt noch keinen gab, der nicht geknackt wurde, egal wie kompliziert er zunächst schien. So lange es eine rege Hackergemeinde gibt, solange werden auch solche Hindernisse ausgehebelt. (Nur am Rande: Sogar die interne Software von DVD-Laufwerken wurde und wird von ihnen überlistet. Man muss sich dann nicht auf einen Regionalcode festlegen. Ein Umbau, wie es nun bei manchen DVD-Playern nötig ist, entfällt so.) Es wird sicher Programme geben, die etwaige Kopiersysteme überlisten. Es fragt sich nur, ob auch alle diese benutzen werden. Die Industrie versucht sich dabei die Trägheit der Masse zu Nutze zu machen und hofft, dass die User einfach dem Aufwand aus dem Weg gehen, der entsteht, wenn man sich noch hier und da Zusatzprogramme aus dem Netz herunterladen muss. Ob sie damit Recht behalten werden, bleibt abzuwarten.

Bei all den Zahlen, die angeführt werden, fällt dabei fast unter den Tisch, dass der Absatz nur um 2,2% gesunken ist. Bei der Panikmache hätte man mehr erwarten können. Und jetzt kommt etwas Mathematik ins Spiel: Von den 13,7 Mio. Leuten die hierzulande Brennen, sind es nur rund 10%, die deswegen weniger Platten kaufen (rechnet man die gegen, die mehr kaufen), also rund 1,4 Mio Menschen, die dort gebrandmarkt werden. 4,1 Mio User haben sich der Studie nach Musik aus dem Netz gezogen (durchschnittlich 77 Stücke). Und diese Millionen von Menschen sind nun dafür verantwortlich, dass der Umsatz um 2,2% sinkt. Das scheint, gelinde gesagt, sehr, sehr verkürzt dargestellt. Denn dass mit diesem 2,2% Rückgang noch immer nicht der Umsatz-Rekordstand von 1997 unterboten wurde, dem ein mindestens sechsjähriges Wachstum von ca. 24% (von 1991 bis 1997) vorausging, soll wenigstens an dieser Stelle nicht unterschlagen werden. Ich will damit nicht sagen, dass neue Technologien überhaupt nicht am Umsatzrückgang in der Statistik der Majors beteiligt sind, sondern dass die Art, wie damit umgegangen wird, etwas überzogen wird. Denen geht es nicht schlecht, nur müssen sie sich nach den fetten Jahren, die sie vor allem Anfang der 1990er genießen konnten, auch gefallen lassen, dass es ein paar Jahre nicht so oberglänzend läuft. Die Endzeitstimmung ist einfach unangemessen.

Womit wir auch schon dort wären, wo es speziell für uns Freunde der Alternativkultur interessant wird. Wie bereits erwähnt sind die Auswirkungen auf den Umsatz der Majors die eine Sache, viel wichtiger ist die einzelne verkaufte Platte für das kleine Indielabel, das immer viel knapper kalkulieren muss, um überhaupt rentabel arbeiten zu können. Eine kleine Ox-Umfrage unter einigen Labeln sollte da etwas Licht in die Sache bringen. Denn bisher waren es immer nur die Majors, die in dieser Sache zu Wort kamen.

Es gibt einige wenige Stimmen, die sich von dem ganzen MP3- und Brenn-Hype unbeeindruckt zeigen. So wie zuletzt Man´s Ruin´s own Kozik, so diesmal Darren Walters, Co-Chef von Jade Tree. Er sieht das Ganze sehr gelassen, vergleicht das Brennen immer noch mit dem Kopieren von Kassetten und sieht auch keine Auswirkungen auf die Verkäufe: „Ich denken, dass die Leute, die sich unsere Musik anhören, lieber die Musiker und die Labels unterstützen würden, als sich einfach eine CD zu brennen oder einen Song runterzuladen.“

Mit dieser Ansicht, steht er allerdings allein auf weiter Flur. Alle anderen, die geantwortet haben, sehen das Ganze viel skeptischer: „Die Zuschauerzahlen sind bei unseren Labelbands stetig wachsend, aber die CD-Verkäufe rückläufig. Das Publikum kennt aber die Songs - daraus schließe ich, dass die CDs kopiert werden, bzw. aus dem Internet runter geladen werden“, meint zum Beispiel Ralf von Vitaminepillen und bestätigt damit den allgemeinen Trend: Denn alle anderen Labels meldeten rückläufige Verkaufszahlen, was CDs angeht. Dabei gehen die Meinungen auseinander, was jetzt mehr dafür zu verantworten ist. Denn einige sehen sich in der Zukunft mit einer Situation konfrontiert, in der alles jederzeit verfügbar sein wird und sehen so Napster nur als Vorläufer für das, was noch kommt. Andere wieder machen einzig das Brennen von CDs für die Misere verantwortlich. Dazu Arne von Vielklang: „Wie schon gesagt, es [das Brennen von CDs] wird meiner Meinung nach nicht zur neuen Bedrohung, es war [schon immer] die einzige. Selbst die weniger begabten Computer-User können mit einem Brenner schnell mal ihre Lieblinge kopieren. Ich kenne aber niemand in meinem Bekanntenkreis, der wirklich intensiv MP3s runterlädt, einen Player hat und keine CDs mehr hört. Dagegen kenne ich (zu) viele, die sich regelmäßig alles brennen...“

Wie man darauf reagieren soll, scheint unter Labelbetreibern klar: Die Gebühr auf Rohlinge und Brenner wird kommen, egal wie kritisch man der GEMA gegenübersteht. Dazu wieder Arne von Vielklang: „Ich bin tatsächlich für GEMA-Gebühr auf Rohlinge, und auch Kopierschutzmaßnahmen werden definitiv kommen, auch wenn diese immer wieder umgangen werden, aber dann gibt es einen neuen Schutz und wieder einen neuen Umweg und wieder einen neuen Schutz... das nervt auf Dauer auch, und so ist das Kaufen der CD dann der einfachere Weg... evtl. die einzige Chance, etwas zu retten.“ Das mag sich zunächst sehr pessimistisch anhören, doch so wie die Sorge um das eigene Geschäft unter den Befragten geäußert wird, besteht von einigen Ausnahmen abgesehen wirklich Grund zur Besorgnis. Zwar werden Konzerte zum Teil besser besucht (s.o.), aber eben doch de facto weniger Platten verkauft. Und Platten meint hier nur CDs, weil eben nur die kopiert werden. (Natürlich besteht auch die Möglichkeit, Vinyl auf CD zu brennen, aber das macht kaum einer.) Außerdem ist auch unter Punkrock etc.-Releases der Anteil an CDs einfach bedeutend höher. Dem versucht man zwar mit guter Aufmachung der CDs, interessanten Stoff-, Falt-, Klapp- usw. Covern entgegenzuwirken, aber der Trend ist bereits da. Auch die Zugabe von Bonusmaterial in Form von Videos, Photos etc. auf den CDs, die das Kopieren verkomplizieren, sind bei den neueren Brennprogrammen kein wirkliches Problem. Auch ein Kopierschutz, der jetzt schon bei einigen CDs zum Einsatz kommt, versagt bei Programmen wie CloneCD seinen Dienst. Dieses Programm, das inzwischen bei vielen Computerzeitschriften auf CD beiliegt, kopiert eine CD so wie sie ist und schert sich nicht um den Kopierschutz – der wird im Zweifelsfall einfach mitgebrannt.

Die digitalen Entwicklungen sind Herausforderungen, denen sich alle in der Musikbranche stellen müssen, damit es in Zukunft nicht so aussieht, wie es John von Deep Elm schwarz malt: „Die relativ geringe Anzahl an Platten, die Indielabels verkaufen müssen, um sich zu halten, könnte ganz einfach halbiert werden... oder noch schlimmer. Wir merken schon, wie es sich [das Brennen von CDs und Downloads] auch auf unsere Verkaufszahlen niederschlägt. Wir glauben, dass diese Art von Diebstahl das Ende für viele Indie-Labels bedeuten wird (und vielleicht sogar für Deep Elm).“

So widersinnig es sich anhört – Punkrock hin, Indie her – es ist einfach Business, Business, das von Umsätzen lebt. Vielleicht müssen sich auch kleine Labels irgendwann von der geliebten Vorstellung verabschieden, Platten zu pressen. Denn vielleicht wird sich ja in entfernter Zukunft digitaler Vertrieb durchsetzen, für den man bezahlen muss. Bis auf weiteres muss ein Weg gefunden werden, wie mit digitalen Kopien umgegangen werden muss. Und das heißt nicht nur, dass sich die einzelnen Labels Gedanken machen müssen, wie sie darauf reagieren sollen. Auch wir, die Fans, sollten uns klar machen, dass wir mit jedem Download dem kleinen Indie anteilig mehr Umsatz nehmen als der Plattenindustrie. Und weil wir hier nicht „Plattenindustrie“ betreiben, eben Musik nicht als reine Ware betrachten, die nur dazu da ist, um Profite einzufahren, sollten wir uns selber genau überlegen, was wir tun, wenn wir weiter so gedankenlos downloaden. Oder sind wir doch reine Konsumenten? Wenn wir „unsere“ Musik weiter hören wollen, sollte uns doch daran gelegen sein, die Labels und Bands eben nicht um ihre Existenz zu bringen. Denn für die meisten scheint es egal zu sein, wie sehr sie den Labels durch ihr Handeln schaden.

Natürlich ist das auch nur ein Teilaspekt der ganzen Problematik, aber eines steht fest: Das Problem der Labels kann ganz schnell auch zu unserem werden, wenn die tollen Platten überhaupt ausbleiben.