MEWITHOUTYOU

Foto© by Karo Schäfer

Bawa. Bismallah Ir-Rahman Ir-Rahim

„Nimm es. Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes.“ Wer von einem Interview mit MEWITHOUTYOU die üblichen Promo-Phrasen erwartet, der hat die Alben der US-Band bestenfalls oberflächlich gehört. Es wäre ehrlich gesagt eine Enttäuschung gewesen, wenn sich der eigenwillige Charakter der Band nicht auch in den Antworten wiedergefunden hätte. Somit bestätigt es auch nur die Erwartungen. wenn man sich zum Einstieg mit einem Kurzabriss über den Sufismus beschäftigen muss, um die Begrüßungsworte von Sänger Aaron Weiss verstehen und einordnen zu können. Weiss stellt sich aber keineswegs als schwierig heraus, sondern ist sehr bemüht, die gestellten Fragen aufrichtig und mit Respekt zu beantworten.

Mit „[Untitled]“ habt ihr euch gegen einen Titel im traditionellen Sinne entschieden und doch ist es ja einer. Wolltet ihr dabei mit Konventionen spielen oder steckt eine andere Idee dahinter?

Ich habe dem Album keinen Namen gegeben, weil ich es dieses Mal einfach nicht für nötig erachtet habe, und ich dachte mir, dass wir die Stelle, wo er hingehört, einfach freilassen. Dass wir es dann „[Untitled]“ genannt haben, war nicht meine Idee, es hat mich auch nicht gestört. Aber egal, wie man den Titel nun betrachtet, für mich fühlt es sich offen an. Und ja, damit sind wir auch davon abgewichen, was mittlerweile so etwas wie eine Konvention für uns geworden war.

Jetzt unmittelbar nach der Veröffentlichung von „[Untitled]“ und mit zeitlichem Abstand zum Entstehungsprozess, wie würdest du den Inhalt des Albums zusammenfassen?
Ich kann da nicht für die anderen Jungs sprechen, die das Album mit mir geschrieben und eingespielt haben, aber was meinen Beitrag betrifft, kann ich mit Sicherheit sagen, dass es im Grunde nichts anderes ist als bei jedem unserer anderen Alben auch: Es geht um persönliche Erfahrungen, emotionale Zustände beziehungsweise Schieflagen und all solche Sachen. Auch wenn ich über etwas anderes oder jemand anderen schreibe, handelt es sich ja immer noch um meinen Eindruck davon und nicht um die Dinge selbst.

Im Presseinfo wird „[Untitled]“ als sehr persönliche Platte beschrieben, obwohl das so gar nicht geplant war. Frühere Alben drehten sich dagegen vordergründig oft um Geschichten oder abstraktere Themen.
Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich ein anderer Ansatz war, der die Arbeit beeinflusst hat – eigentlich hat es sich wie immer angefühlt. Was sich allerdings unterschieden hat, war mein Wille, die Erfahrungen, die meinem Schreiben zugrunde lagen, wesentlich genauer zu analysieren und noch mehr Intimes preiszugeben.

Euer Album klingt sehr vielseitig, besonders in Verbindung mit der EP „[untitled]“. War es für euch beim Songwriting und im kreativen Prozess einfacher, ohne konkretes Konzept zu arbeiten?
Wenn überhaupt, war es in der Vergangenheit von Vorteil, eine Art Konzept im Kopf zu haben, weil es mir geholfen hat, meinen Fokus auszurichten sowie einen Rahmen und eine generelle Richtung für meine Arbeit zu haben. Ich glaube aber, dass die Abwesenheit eines Konzepts mir dabei geholfen hat, dass sich das Endprodukt nun wesentlich offener anfühlt und viel mehr Interpretationsspielraum zulässt, was mir wirklich sehr gefällt.
Eigentlich wolltest du ein Album zu schreiben, das die angespannte politische Lage kommentiert, nun dreht es sich aber um persönliche Themen. Wirst du die ursprüngliche Idee eventuell noch in der Zukunft umsetzen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch einmal zu diesem Plan zurückkehre. Egal, wie leidenschaftlich ich politischen Themen auch gegenüberstehe, immer wenn ich versuche, diese Gefühle textlich zu fassen, scheinen sie jegliche Energie und Bedeutung zu verlieren.

Wie denkst du über die aktuelle Situation in den USA – als Amerikaner und als Künstler?
Eigentlich möchte ich mich nicht als Künstler bezeichnen und, auch wenn es natürlich naiv klingen mag, ich möchte mich auch nicht als Amerikaner bezeichnen. Wenn es aber sein muss, gebe ich zu, dass mir die aktuelle Perspektive meines Heimatlandes sehr düster und äußerst gefährlich erscheint. Das ist natürlich sehr verallgemeinernd ausgedrückt, schließlich gibt hier es auch so unzählbar viel Schönes und Gutes, nur fällt es mir manchmal schwer, diese Dinge noch zu erkennen und sie als kraftvoller zu erachten als all das Hässliche, was uns umgibt.

„[Untitled]“ wurde mit einiger geografischer Distanz zwischen den einzelnen Bandmitgliedern geschrieben. Hat diese Arbeitsweise auch Vorteile mit sich gebracht?
Es gab gewiss einige, aber eben auch Nachteile. Bei manchen Songs habe ich mich am Schreibprozess definitiv weniger beteiligt gefühlt, aber andere Stücke sind auch mit allen zusammen entstanden. Allem voran denke ich aber, dass dieser Freiraum und Abstand von allem mich noch tiefer in meine eigene Welt hat eintauchen lassen – mit allen positiven und negativen Seiten.

Ihr seid Teil einer Musikszene, die immer wieder auf den Begriff Emo reduziert wird. Ist es in euren Augen eher positiv oder eher negativ, dass ihr mit bestimmten Bands oder einem bestimmten Stil assoziiert werdet, auch wenn damit eure Kunst kaum ausreichend beschrieben werden kann?
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Effekt sich günstig auswirkt oder nicht, ich empfinde es aber immer als Kompliment, dass uns jemand so viel Aufmerksamkeit schenkt, sich über solche Dinge wie eine Einordnung unseres Stils Gedanken zu machen. Ich glaube, dass es sehr angenehm sein kann, irgendwo dazuzugehören, was eine Musikszene definitiv bieten kann, auch wenn das meist eher künstlich ist. Davon abgesehen ist so ein Label weder etwas, das ich anstrebe noch komplett ablehne.

Glaubst du, dass ihr aufgrund dieser Kategorisierung mehr oder weniger Aufmerksamkeit bekommt?
Das ist wirklich eine sehr gute Frage, auf die ich die Antwort aber leider nicht weiß.