Punkrock in Costa Rica

Ihre Heimat Costa Rica verheißt Exotisches, dennoch unterscheiden sich MALAS PALABRAS durch nichts von anderen europäischen RAMONES-Core-Bands. Die Musik und die Einstellung könnte es so überall auf der Welt geben. Selbst die politischen Umstände bedürfen keiner lauten sozialen Empörung seitens der Ticos und Ticas. Die Armee wurde 1948 abgeschafft und bis zum Ende des Jahrhunderts beabsichtigt Costa Rica, emissionsneutral zu sein. Nein, die Punkrock-Szene in Costa Rica verheißt genau das, was bereits die RAMONES als „band of brothers“ prototypisch vorlebten: eine Ersatzfamilie. Ich sprach mit Sänger Gabro Pidgin.

Gabro, seit wann gibt es MALAS PALABRAS?

Die Band ist mehr oder weniger mein Projekt, mit häufig wechselnden Mitgliedern. Wir kommen aus San José, spielen Punkrock im RAMONES-Stil mit einem Neunziger-Jahre-Touch und singen in Spanisch. Die Idee für die Band schwirrte mir seit 2009 im Kopf herum, den ersten Auftritt hatten wir Anfang 2013. Ich selbst habe mit der costa-ricanischen Punk-Szene seit frühen Teenagertagen zu tun. Es begann für mich mit der Herausgabe meines Fanzines „Me Retracto De Lo Dicho“, das ich auf Shows verkaufte. So lernte ich viele lokale Punkrocker kennen, die mich herzlich empfingen und die meine zweite Familie werden sollten. Ohne die RAMONES wäre es dazu nie gekommen.

Kannst du einen Überblick über die Szene in Costa Rica geben? Vor welchen Herausforderungen steht ihr?

Die Punkrock-Szene in Costa Rica ist klein. Sie hatte ihren Höhepunkt Mitte des letzten Jahrzehnts, als man bei einem Konzert an einem Sonntag 500 bis 1.000 Zuschauern erwarten konnte. Seitdem hat die Szene aufgrund des Mangels an nachwachsenden guten und neuen Bands und einer gleichzeitig aufblühenden Indierock-Szene, die ihre Wurzeln freilich im Punkrock hat, die Gunst der jüngeren Generation verloren. Das mangelnde öffentliche Interesse ist unsere größte Herausforderung, denn wir glauben, dass die Szene von Grund auf erneuert werden muss, was die Qualität der Musik und die Gemeinschaft von Bands und Publikum angeht. Die gesamte Szene kommt eigentlich nur bei Auftritten großer Bands aus Übersee zusammen.

Welche Musikstile sind in Costa Rica beliebt?

Der gemeine Tico hört Reggaeton, also Tanzmusik, sowie Salsa und Cumbia. Die Mittel- und Oberschicht hört Musik, die in den USA populär ist. Es gibt in unserem kleinen Land eine sehr große Musikszene mit unterschiedlichen Genres wie Heavy Metal, Reggae, Latin, Mainstream-Club-Electronica, Psy-Trance, eine weiter wachsende HipHop-Szene sowie die sich teilweise überschneidende Indierock- und Punkrock-Szene. Jede Punkrock-Band klingt anders, einige hängen gemeinsam ab, andere bleiben unter sich. MALAS PALABRAS streben danach, Kapazitäten wie Auftrittsmöglichkeiten mit unserer gesamten Punkrock- und Indierock-Szene zu teilen. Unsere Subszene besteht aus TICKING TIME BOMB, DIGER, AVE NEGRA, OVERSEAS, LAS ROBERTAS, SEKA, ADAPTADOS, NO RESOLUTION, ALTERCADOS, UFO, CAROUSEL und DESORDEN SINIESTRO aus Palmares. Einmal jährlich spielen wir auf einem anarchistischen Musikfestival in der Bergprovinz Alajuela, weil wir uns einen möglichst breiten Austausch mit jedermann wünschen.

In einer Tour-Dokumentation über euch ist die Rede von einem Kollektiv. Kannst du mir mehr dazu sagen?

Eines der Ziele von unserem Zusammenschluss „It’s Only Punk Rock“ ist es, die lateinamerikanische Szene für einem Kommunikationsaustausch zu vernetzen. Nach unserer „Regeneration Tour México“ haben wir begonnen, Punkrock als eine Lebenseinstellung zu begreifen, und wollten deswegen den gesamten Kontinent bereisen, um Freundschaften mit Menschen zu knüpfen, die ähnlich denken. Wir hatten uns mit den MALEDUKADOS zusammengetan, um sechs Shows in ganz Mexiko zu organisieren sowie eine krönende Hausparty. Unser Kollektiv besteht aus uns, in Mexiko noch aus POSTAL und MEMPHIS BELLE, in Uruguay aus LOS LUNES und in Argentinien aus MENSAKA AND THE RUDOS. Alle veranstalten unter diesem Namen Shows und veröffentlichen Platten. Wir haben eine Blogspot-, eine Bandcamp- und eine Facebook-Seite.