KUMIKAMELI ist Finnisch und steht für „Gummikamel“. Finnisch ist doch einfach, oder? Na ja, es haben sich schon mehr Menschen die schönen Weißen daran ausgebissen. Um Zähne geht es in diesem Fall allerdings nicht, sondern um KUMIKAMELI, eine Band aus Finnland, die auf eine 16-jährige Karriere zurückblicken kann. Zu Beginn eine Humppa-Band ohne Gitarren, wobei man sich die Gitarren bei der Band jetzt nicht mehr wegdenken kann. Jute Musikka, Joppe Vento, Toppo Koponen und Olli-Matti Wahlström geben seit der Scheibe „Kontakt“ (in Finnland unter den Albumtitel „Senssit“ erschienen) Vollgas – Olli-Matti Wahlström ist allerdings erst seit dem 2000er Epos „Nature Sucks“ mit dabei. Bei KUMIKAMELI kreuzt sich Hardcore mit Punk und Metal. Ob das gut geht? Und ob! Ich würde sagen, KUMIKAMELI ist die Punk-Antwort auf PRIMUS. Warum Primus? Wegen der abstrakten Songs, der Spielfreude und den lustig-ironischen Texten. KUMIKAMELI haben es leider noch nicht geschafft, sich aus dem Schatten von ELÄKELÄISET zu lösen. Zwei der vier Herren spielen bzw. sind die Chefs der Humppa-Rentner. Was aber nichts ausmacht, denn KUMIKAMELI hat sonst nichts mit ELÄKELÄISET zu tun. Auf der „Nature Sucks“-Tour 2000 hatten sie aber leider immer mit Humppa-Rufen zu kämpfen. Und die Band wurde sogar als „Die dunkle Seite von ELÄKELÄISET“ angepriesen. Ich unterhielt mich mit Toppo, der in beiden Bands spielt.
Toppo, nervt das nicht, wenn man ständig mit ELÄKELÄISET in Verbindung gebracht wird?
„Das geschieht eigentlich sehr selten. Es passierte in Potsdam vor einigen Monaten beim Monsters of Humppa-Festival, bei dem auch LA SEGA DEL CANTO und ELÄKELÄISET gespielt haben. Zuerst hat es uns gestört, aber wir hielten dagegen, indem wir hässliche Sachen ins Publikum riefen und schneller, lauter und aggressiver spielten. Dann war alles okay. Wenn die Leute Joppe und mich von ELÄKELÄISET kennen, denken sie, dass wir Humppa spielen. Aber wie überraschend dann für sie, wenn sie Songs wie ‚Supermies‘, ‚Kinahmo‘ oder ‚Kusiainen‘ hören. Es war auch schön zu sehen, dass nur sehr wenige Menschen den Konzertplatz verließen, obwohl die Musik von KUMIKAMELI und ELÄKELÄISET so verschieden ist.“
Zurück zum Beginn der Kamele. Da sollte ja noch keine Gitarre in der Band sein. Warum? KUMIKAMELI ohne Gitarre ist doch eigentlich unvorstellbar.
„Als wir 1986 mit KUMIKAMELI starteten – namentlich Petteri an den Keyboards, das ist Lassi Kinnunen von ELEKÄLÄISET, Laiska am Schlagzeug und mir, Toppo, am Bass –, hatten wir alle mit Gitarristen gespielt, und alle wollten Soli spielen. Das ist schrecklich. Wenn du zwei Gitarristen in der Band hast, und beide wollen Soli in jedem Stück spielen, sind das zwei Soli pro Song! Horror! Also begannen wir ohne Gitarristen. Da die Songs dann keine Soli hatten, waren sie sehr kurz. Das führte dazu, dass wir eine Menge Songs bei unseren Shows spielten. In den ersten Jahren waren wir wie ELÄKELÄISET, nur dass wir eigene Stücke mit Schlagzeug, Bass und Keyboard oder Akkordeon spielten. Es denken tatsächlich viele Leute, dass ‚Laulava kinkku‘, unsere Weihnachtssingle von 1989, ein Weihnachtslied von ELÄKELÄISET ist. Als Petteri die Band verließ, fanden wir keinen neuen Keyboarder und ich griff wieder zur Gitarre. Die spielte ich vor KUMIKAMELI bereits zehn Jahre, aber tauschte sie dann gegen einen Bass. Die Musik wurde abgefahrener und aggressiver, denn ich spielte nicht wie ‚richtige‘ Gitarristen. Einige Leute sagen, dass KUMIKAMELI ohne Gitarre besser waren, aber diese Leute sind normalerweise ELÄKELÄISET-Fans ...“
Warum der Weg von Humppa-Musik zum jetzigen Sound?
„Ich verstehe die Frage nicht ganz, aber ich antworte mal irgendwas ... Als KUMIKAMELI starteten, spielten wir an allen möglichen Orten wie z.B. in Zirkuszelten, auf Kinderbühnen bei Festivals, an Straßenecken etc. Es sah so aus, als ob wir für immer an diesen Orten spielen müssten. Wir waren deswegen nicht gerade begeistert. Als nach dem zweiten Album Petteri die Band verließ, und ich begann Gitarre zu spielen, war klar, dass wir uns auch musikalisch veränderten. Laiska, Joppe and ich spielten auf zwei Alben als Trio. Als wir 1993 neue Songs schrieben, hatten wir gemerkt, dass wir einen anderen, weiteren Gitarristen benötigten. Prinssi bzw. Petteri Terävä kam zu KUMIKAMELI. Danach ging unser Drummer und Laiska, seinen Nachfolger, schmissen wir raus, seinen Platz übernahm Ema, Kristin Voutilainen, der Schlagzeuger von ELÄKELÄISET ... Im Sommer 1994 starteten wir dann das Sideproject ELÄKELÄISET. Es war eines der vielen Sideprojekte von KUMIKAMELI und auch das letzte. Über zehn Jahre! Wir hatten Sideprojekte wie PAPILLONS, bei dem wir ‚Knast-Songs‘ im Gefangenendress gespielt haben und in Käfigen saßen, oder TANSSIVA URSUS & REVENNEET KESKOSET und GAY DANCE MANIACS ... Lange Antwort auf eine Frage, die ich nicht verstanden habe.“
Auf eurer „Nature Sucks“-Platte gibt es einen Song namens „Tuokaa minulle Hectorin pää“, was sich angeblich mit „Bring me the head of Klaus Meine“ übersetzen lässt. Was habt ihr gegen den Sänger der SCORPIONS?
„Nein, nein, wir lieben die SCORPIONS! Eigentlich geht es dabei um einen alternden, pathetischen, poetischen Scheiß-Typen, der sehr beliebt bei alten Frauen ist. Er versuchte, ELÄKELÄISET wegen dem Stück ‚Rocking in a free world‘ Ärger zu machen. Er ist ein fetter, hässlicher und bärtiger Typ wie Demis Roussos. In dem Lied wollten wir seinen Kopf für eine Vogelscheuche benutzen, um die Raspberry-Büsche zu schützen und Wäsche zu reinigen.“
Eure neue Scheibe heißt „Kinahmo“. Was bedeutet das?
„Kinahmo ist ein kleines Dorf in der Nähe von Joensuu im Osten Finnlands. Es ist unser eigenes Synonym für die ultimativen Hinterwäldler und Inzest-Geburten in diesem Universum. Die Leute von Kinahmo fanden es nicht sehr nett, dass wir diesen Albumtitel gewählt haben. Letzten Sommer hatten wir Kinahmo mal zum Spaß besucht, aber da gab es nichts außer einem grünen Poster an einem Telefonmast, auf dem stand: ‚Jesus hört Sie sogar hier!‘ Traurig, aber wahr.“
Für die, die nicht Finnisch können, kannst du ein paar Stücke in Worte fassen?
„Normalerweise machen wir uns auf äußerst bittere und sarkastische Weise über ernste Dinge lustig wie persönliche Beziehungen in ‚Pervo‘, oder wir vergleichen in ‚Kusianen aka Pissant‘ ein Volk mit kleinen Insekten. Oder es geht um Dinge, die Leute mit sich machen, um die Natur, UFOs, Religion, geistige Probleme, Gewalttätigkeit in all seinen verschiedenen, ‚wunderschönen‘ Formen, bestimmte Personen oder gebrochene politische Versprechen. Einige Leute denken deshalb, wir würden Menschen hassen, denn wir schreiben hässliche Dinge über sie, aber sie sind im Unrecht. Wir hassen nur das, was einige angestellt haben oder gerade anstellen.“
Welche von euren insgesamt elf Alben sind die wichtigsten für KUMIKAMELI?
„Da gibt es einige sehr wichtige Platten wie unser erstes Album. Oder das dritte, ‚Marsin Sankarit‘, unser erstes Album mit Gitarre und einem richtigen Produzenten. Das fünfte, ‚Ufojen Lunaat‘, das erste Album mit zwei Gitarren. Und auch ‚Senssit‘ – das erste Album, das auch in Deutschland erschien, die deutsche Version hieß ‚Kontakt‘ – eine wirklich durchgeknallte Platte. Der Sound war zwar nicht so gut, aber es war eine wichtige Erfahrung für uns. Unser aktuelles Album ‚Kinahmo‘ ist allerdings mein persönlicher Favorit. Ein einfach nur wütendes, schnelles und exzellentes Album.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #58 Februar/März 2005 und Ox
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