KISMET

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Was lange währt, war schon mal gut

Gute Musik ist zeitlos. Doch was macht gerade die Musik der fünf Holländer von KISMET so gut? Man spürt die Ehrlichkeit, glaubt Sänger Temy jede Zeile und kramt am Ende noch die alten Helden wieder aus dem CD-Regal. Dass diese Platten manchmal ein wenig weiter hinten stehen und noch nicht in die iTunes-Playlist aufgenommen wurden, ist soweit ja auch nicht schlimm. Es sei denn, man hat seinen CD-Player noch nicht vertickt oder greift einfach komplett auf „Hiatus“ zurück, das genug Potenzial hat, die alten Post-Hardcore- oder Indie-Wasauchimmer-Favoriten wie APPLESEED CAST oder GLORIA RECORD für eine Weile vergessen zu machen. Ein erster Schritt wäre zum Beispiel, sich das Album mal ganz legal umsonst aus dem Internet zu laden. Da Gitarrist Nicolai auch der Chef des bandeigenen Labels ist, hat er bestimmt nichts dagegen. Es war ja schließlich auch seine Idee ...

Wenn es aus Liebe zum Detail schon mal acht Jahre dauert, bis ein Debütalbum fertig ist, dann kann man wohl von einem Brocken sprechen. Ein Brocken, der KISMET aus Holland vom Herzen gefallen ist und in den sie viel hinein gesteckt haben. Manch andere Band existiert nicht mal so lange, wie Temy, Nicolai, Rogier, Timothy und Boudewijn bis zur Veröffentlichung von „Hiatus“ gebraucht haben. Doch hat es ganz bestimmt nicht an der Unfähigkeit der fünf aus der Nähe von Utrecht gelegen. Es ging eher darum, alles perfekt zumachen. Dass das Ergebnis sich sehen lassen kann und sie auf ihren Post-Hardcore-Sound verdammt stolz sein können, freut Gitarrist Nicolai zu hören. „Eigentlich haben wir das Album ,Hiatus‘ genannt, weil unser Sänger Temy nach Kambodscha gehen musste. Ein Hiatus ist ja eine Lücke, und die hätte er ganz sicher hinterlassen, wäre es soweit gekommen. Er sollte das Album noch mit uns zusammen promoten und dann hätten wir uns trennen müssen. Erfreulicherweise ist es am Ende doch anders gekommen. Temy ist noch hier und wir können jetzt zusammen mit KISMET durchstarten.“

Aber warum dauert es acht Jahre, bis das Debüt fertig ist? „Wir wollten alles richtig gut machen. Wir haben bestimmt eine Million Songs geschrieben und sie wieder verworfen. Das Aufnehmen selbst hat eigentlich nicht so lange gedauert, aber die Auswahl der Songs war ein schwerer Prozess.“ Dem Sound der Band merkt man manchmal an, in welchem Zeitraum sie anfing, ihre ersten Songs zu schreiben. Vieles erinnert an die Stimmung, welche man von APPLESEED CAST- oder AT THE DRIVE-IN-Songs kennt. Vielleicht ist es auch gerade der Punkt, dass die Musik von KISMET so ehrlich klingt und wenig aufgesetzt oder einem Trend hinterher eilend. „Wären da nicht die vielen anderen Projekte gewesen, die wir in der Band noch verfolgen, könnten wir heute schon über unser zweites oder gar drittes Album sprechen. Aber da ich zum Beispiel noch das Label Beep! Beep! Back up the Truck betreibe, musste ich zu mancher Zeit auch Prioritäten setzten.“

Mit seinem Label verfolgt Nicolai eine interessante und sehr moderne Philosophie: Alle Alben und EPs, die auf Beep! Beep! Back up the Truck veröffentlicht werden, kann man sich umsonst auf der Internetseite des Labels herunterladen. Dass dabei kein großer Gewinn für die Betreiber des Labels herausspringt, ist Nicolai klar, doch geht es ihm um eine ganz andere Sache: „Wir schauen mit diesem Konzept in die Zukunft. Die Leute, die sich ein Album von zum Beispiel BLACK ATLANTIC oder uns herunterladen, werden so auf uns aufmerksam und kommen vielleicht zu einem unserer Konzerte. Gefällt ihnen das, was sie hören, kaufen sie vielleicht ein Album oder investieren ihr Geld in unser Merch. Natürlich können wir unseren Bands keine Millionen-Deals anbieten, aber wir fungieren als Türöffner und Promoter. Alle Bands auf Beep! Beep! Back up the Truck wissen, woran sie sind, und stehen auch voll hinter der Sache.“

Eigenwillig ist auch die Bandphilosophie die Aufnahmen betreffend: „Wahrscheinlich hört man es nicht, wenn man sich nicht darauf konzentriert, aber wir haben alle Songs auf ,Hiatus‘ analog eingespielt“, erzählt Nicolai. „Jeder, der Musiker ist, kann sich denken, was das für eine Arbeit ist, wenn man nicht einfach Parts am Computer übereinander legen kann, sondern immer wieder von vorne anfangen muss.“ Herausgekommen ist dabei aber auf jeden Fall ein sehr warmer und homogener Sound, der die neun Songs von „Hiatus“ sehr gut auf eine Stufe mit den großen Band aus den späten Neunzigern und den frühen 2000ern stellen kann. „Wir sind natürlich sehr glücklich, wenn uns jemand mit APPLESEED CAST vergleicht. Dennoch wird man auf unserem Debüt viele Sachen finden, die das Album zu etwas Besonderem machen. Für uns ist es das auf jeden Fall.“